Die gute, alte Zeit

München · Zum 200. Geburtstag: Erinnerungen an den Prinzregenten

Das Reiterstandbild des Prinzregenten Luitpold vor dem Bayerischen Nationalmuseum. Bild re.: Prinzregent Luitpold von Bayern war ein "Herrscher ohne Krone" - aber dennoch, oder gerade deswegen, beim Volk beliebt. F: bs / gem

Das Reiterstandbild des Prinzregenten Luitpold vor dem Bayerischen Nationalmuseum. Bild re.: Prinzregent Luitpold von Bayern war ein "Herrscher ohne Krone" - aber dennoch, oder gerade deswegen, beim Volk beliebt. F: bs / gem

München · Die Prinzregentenstraße, das Prinzregententheater, der Luitpoldpark: Zahlreiche Orte in München tragen den Namen des Wittelsbachers Luitpold, der als Prinzregent in die Geschichte eingegangen ist. Auch die Prinzregententorte ist allseits bekannt und beliebt. Doch wer war der Mann, der vor 200 Jahren geboren wurde?

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Luitpold Karl Joseph Wilhelm Ludwig von Bayern war ein "Herrscher ohne Krone". So heißt die Biographie, die der Aschheimer Historiker Stefan März zum 200. Geburtstag des Prinzregenten veröffentlicht hat. Detailliert, mit vielen Hintergrundinformationen und so mancher Anekdote geschmückt, fasst das Büchlein Leben und Wirken Luitpolds zusammen – und gibt nebenbei einen Abriss der bayerischen Geschichte im 19. und frühen 20. Jahrhundert.

Der Titel des Buchs besagt, dass Luitpold, obwohl er von 1886 bis 1912, also über ein Vierteljahrhundert, mächtigster Mann im Königreich Bayern war, "nur" als Stellvertreter handelte: Er regierte für seinen psychisch kranken Neffen, König Otto I., sowie zuvor kurz anstelle Ludwigs II., der wenige Tage nach seiner Entmündigung im Starnberger See ertrank. Der erst mit 65 Jahren in höchste Verantwortung aufgestiegene Prinz schaffte es, die bayerische Monarchie, deren Ansehen unter dem exzentrischen Ludwig II. gelitten hatte, in die Moderne zu führen - und erfreute sich selbst ungeahnter Beliebtheit: Zahlreiche Straßen, Plätze, Brücken, Parks und Denkmäler im Königreich wurden Luitpold schon zu Lebzeiten gewidmet, auch die Prinzregententorte, deren acht dünne Biskuitböden der Zahl der damaligen bayerischen Regierungsbezirke entsprechen.

"Der Kontakt mit der Bevölkerung war Luitpold enorm wichtig", erklärt Stefan März. "Es darf allerdings bezweifelt werden, dass er damit eine gezielte Imagekampagne im Sinn hatte." Seine Popularität zeige sich auch in einer großen Zahl an Anekdoten, die von direkten Begegnungen der "einfachen Leute" mit dem Herrscher zeugen, meint der Autor. Einmal war Luitpold zur Jagd im Spessart und kam in ein Wirtshaus, in dessen Gaststube er nur den Wirt und dessen kleine Tochter antraf. "Wir haben ein Bild, das sieht genauso aus wie du!", meinte das Mädchen und zeigte Luitpold sein Porträt in einer Illustrierten. Als der Gast das Lokal verließ, zog er einen Stift aus der Tasche und schrieb unter das Bild: "Das bin ich."

Ein populärer Stellvertreter des Königs

"Luitpold nahm so manche Auswüchse des Personenkults mit Humor und sagte auch mal "Nein", wenn es ihm zu viel wurde", erläutert März. Den Wunsch des Münchner Stadtrats, ihm zum 90. Geburtstag am Nationalmuseum ein Denkmal errichten zu dürfen, erwiderte er mit der Bitte, damit bis nach seinem Tod zu warten – er könne sonst dort nicht mehr vorbeigehen. Heute ist das Reiterstandbild in der Prinzregentenstraße die wohl bekannteste Darstellung Luitpolds.

Die wachsende Metropole München habe dem Prinzregenten sehr am Herzen gelegen – im Gegensatz zu König Ludwig II., dem die Stadt regelrecht verhasst war, betont Stefan März: "Wenngleich sich Luitpold in seiner offiziellen Funktion allen bayerischen Städten und Regionen gegenüber gleichermaßen verpflichtet fühlte, so könnte man ihn in privater Hinsicht als typischen Münchner bezeichnen." Das Palais Luitpold, sein langjähriger Familienwohnsitz, lag direkt am Odeonsplatz. Fast täglich besuchte Luitpold auch während seiner Amtszeit den Englischen Garten, machte seine Einkäufe persönlich in Münchner Geschäften oder auf dem Viktualienmarkt. Bei vielen Künstlern ging er ohnehin ein und aus, der Besuch auf dem Oktoberfest durfte ebenfalls nicht fehlen. Der Kunstsinn des Prinzregenten bescherte München eine Reihe von prominenten Bauwerken, wie das Bayerische Nationalmuseum, das Hofbräuhaus, den Friedensengel, das Prinzregententheater oder das Müllersche Volksbad.

All das war keineswegs absehbar gewesen, als Prinz Luitpold am 12. März 1821 in der Würzburger Residenz das Licht der Welt erblickte. Schließlich war er der drittgeborene Sohn von König Ludwig I., Thronfolger war Luitpolds ältester Bruder Maximilian. Der zweite Bruder, Otto, sollte später König von Griechenland werden (und der Gemeinde Ottobrunn ihren Namen geben). Eine pikante Fußnote ist, dass Lola Montez – die skandalumwitterte Geliebte Ludwigs I. – nur gut einen Monat älter war als Luitpold. Jene Lola Montez war daran beteiligt, wenn auch nicht dafür verantwortlich, dass Ludwig I. nach Unruhen im März 1848 abdankte. Nachfolger wurde sein ältester Sohn, Maximilian II. Der neue Monarch delegierte viele Pflichten an seinen zehn Jahre jüngeren Bruder Luitpold. Parallel legte der Prinz eine glänzende Militärkarriere hin: Mit nur 40 Jahren stieg er in eine der obersten Rangstufen der Generalität auf.

Ein Jahr voller Schicksalsschläge sollte 1864 werden. Zunächst verstarb am 10. März Maximilian II. mit nur 53 Jahren an einer Blutvergiftung, Luitpold ging der Tod seines Bruders sehr nahe. Luitpolds erst 18-jähriger Neffe Ludwig II. wurde neuer König von Bayern. Wenige Wochen später starb Luitpolds Schwester Hildegard. Damit nicht genug, musste der Prinz Ende April den Tod seiner Ehefrau Auguste betrauern, die an einer Lungentuberkulose litt. Mit der in Florenz geborenen Erzherzogin von Österreich hatte Luitpold vier Kinder, darunter den späteren König Ludwig III. Tochter Therese, die nie heiratete, führte fortan den Haushalts ihres Vaters.

Während der Regierungszeit Ludwigs II. nahm Luitpold viele repräsentative Aufgaben in der Hauptstadt wahr. Der exzentrische König entfremdete sich von seiner Familie, widmete sich dem Bau seiner Schlösser und scheute das Tagesgeschäft. Als Ludwig am 9. Juni 1886 entmündigt wurde, übernahm sein Onkel – nicht ohne Bedenken – als "des Königreichs Bayern Verweser“ die Staatsgeschäfte. Der nach Ludwigs Tod legitime König, sein kleiner Bruder Otto, war seit seiner Jugend psychisch krank, galt als regierungsunfähig und blieb bis zu seinem Tod jahrzehntelang im Schloss Fürstenried interniert.

Luitpold, der "Herrscher ohne Krone", starb am 12. Dezember 1912 im hohen Alter von 91 Jahren. Bestattet ist er in der Familiengruft der Wittelsbacher in der Theatinerkirche. Was bleibt, ist die Erinnerung an die "gute, alte Zeit", zu der die Periode des Prinzregenten oft verklärt wird. Bedenkt man die Popularität des Herrschers, die kulturelle Blüte Bayerns und die Wahrung des Friedens in dieser Epoche, sicher nicht zu Unrecht. Benjamin Schuldt

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Artikel vom 26.03.2021
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