Windkraftanlagen nur mit angrenzenden Gemeinden realisierbar

Haar · Drei potentielle Orte

Haar · Das Thema Windenergienutzung beflügelt Bürgermeister, Lokalpolitiker und Verantwortliche der Verwaltungen in den Kommunen im Nordosten Münchens. Allseits schwärmt man geradezu davon, den Strombedarf der Bewohner künftig in Eigenregie per Windräder zu decken.

Fünf Gemeinden – neben Haar, Putzbrunn, Grasbrunn, Feldkirchen und Vaterstetten – haben jede für sich ein und dasselbe Planungsbüro mit Gutachten für etwaige Standorte beauftragt. Die erste Expertise lag jetzt den Haarer Bürgervertretern vor. Bei der Präsentation wurde klar: Im Alleingang können Windkraftanlagen (WKA) nicht realisiert werden. »Die Basis ist: Wir müssen mit unseren Nachbarn sprechen, alles abgleichen und uns abstimmen. Es geht nur gemeinsam«, konstatierte Rathaus-Chef Helmut Dworzak. Grenzüberschreitend planen – das ist die Zauberformel für eine allseits akzeptierte Lösung. Bereits im Herbst, nachdem alle fünf Untersuchungen von den Lokalpolitikern gecheckt worden sind, könnten die ersten Gespräche stattfinden.

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Bei der von Björn Schiffmann erläuterten Analyse wurden die vier Aspekte Siedlungen/ Denkmalschutz, Infrastruktur, Natur/Landschaft sowie Wasserwirtschaft erfasst, auf Folien übertragen und übereinandergelegt, so dass sich ausgegrenzt die Areale ergaben, auf denen Windräder aufgestellt werden könnten. Neben drei Miniflächen – laut Gutachter jeweils »nur für ein Windrad geeignet, also sicherlich aus Wirtschaftlichkeitsgründen zu klein« – bietet sich »für maximal drei Windräder« im Nordosten ein Streifen an. Dieser verläuft entlang der Gemeindegrenzen von Vaterstetten und Feldkirchen.

Hier ergibt sich bereits das erste große Problem. Feldkirchens Bürgermeister Werner van der Weck, wie Dworzak Sozialdemokrat, und bei der Haarer Tagung anwesend: »Der im Gutachten genannte Standort ist für Haar logisch, für Feldkirchen aber nicht akzeptabel. Der engt uns in unserer Entwicklung ein. Wir sind gegen diesen Standort«. Mit diesem klaren Statements war Dworzak sichtlich verdutzt, betonte aber: »Wir wollen mit im Boot sitzen, wir müssen schauen, wo und wie wir uns beteiligen, sind für Diskussion stets offen«. In einem Nebensatz fiel der Begriff »externer Standort«, also WKAs außerhalb der fünf Ortsgebiete. Sicherlich eine Alternative, doch ob sich solch ein Areal finden lässt, ist wohl mehr als fraglich, zumal die Stromzuleitungen nicht zuletzt aus Kostengründen kaum umsetzbar sind. Zu den Umständen ein Zwischenrufer aus den Ratsreihen: »Oh je, vom Winde verweht«.

Wie sich der Wind im Lauf der Zeit gedreht hat, das ­verdeutlichen vergangene Aussagen. SPD-Fraktionschef Alfons Meindl meinte im Mai 2010: »Von dem 100.000-Euro-Gutachten sollte man Abstand nehmen, die Windkraftanlage sollte man zum gegenwärtigen Zeitpunkt eher vergessen«. Und CSU-Fraktionschef Thomas Reichel: »Das 100.000-Euro-Gutachten dürfte nicht die Aussagen bringen, die es Geld wert sind.« B90/Grüne-Chef Mike Seckinger hingegen: »Man sollte die Tür nicht schon jetzt zu machen«. Vor zwei Monaten hatte Meindl dann gerechnet und geprüft, das Ergebnis bewirkte seinerzeit strahlende Mienen bei den anderen Plenumsmitgliedern: »Ein Windrad erzeugt jährlich den Strom für rund 5.000 Haushalte. Vier Räder – und in Haar wäre der gesamte private Bedarf abgedeckt. Und das bei Investitionskosten von etwa 15 Millionen Euro«. Und heute? Reichel zeigte sich »überrascht, wie wenig Standortflächen übrig bleiben«. SPD-Mann Alexander Zill »freut sich, dass Windenergienutzung in Haar möglich ist«. Und Werner Kozlik von B90/Grüne »ist positiv überrascht, dass es mehrere Standortmöglichkeiten gibt«.

Ob diskutierter Laut- und Windstärke über Ort sowie Wirtschaftlichkeit – laut Dworzak »arbeiten Windräder dank neuer Technologien auch in unseren Zonen profitabel« – steht vor der »Nagelprobe Standort« eine Menge Detailarbeit an. Ein Versuchsballon muss, so das Gemeindeoberhaupt, etwa ein Jahr lang über Haar den Wind messen. Denn: »Die Studie enthält keine Angaben über Wirtschaftlichkeit, Betriebsform und Finanzierung einer Anlage oder eines Anlageparks, befasst sich ausschließlich mit der Standortfrage«, betonten unisono Schiffmann und Dworzak.

Schlußendlich gilt es auch die Bürger zu berücksichtigen und zu befragen. Trotz einer von 500 Metern (gesetzliche Vorschrift) auf 800 Meter ausgeweiteten Schutzzone um Wohnsiedlungen, erwartet man »Proteste der Anwohner«. Zill befürchtet gar »Konfliktpotenziale«. Angesichts der Höhe von etwa 140 Metern eines Windrades und des Durchmessers eines Rotorblatts von knapp 100 Metern ist sicherlich mit Widerstand zu rechnen. Und der »grobe Ablaufplan« – Entwicklung (zwei bis drei Jahre), Errichtung (sechs bis zwölf Monate), Betrieb der Anlage (20 bis 30 Jahre) – dürfte dazu beitragen. Doch zunächst heißt es, wie Dworzak klar stellte: »Warten auf das Ergebnis der Gutachten für die anderen Gemeinden, dann sehen wir weiter«.

ikb

Artikel vom 21.07.2011
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