Bürger könnten geplante Windräder in Vaterstetten betreiben

Vaterstetten · Windige Geldanlage

Zwei Standorte im Gemeindegebiet Vaterstetten eignen sich bestens für Windkraftanlagen: westl. der A99 und nördl. der A94.	Grafik: Energiewende Vaterstetten

Zwei Standorte im Gemeindegebiet Vaterstetten eignen sich bestens für Windkraftanlagen: westl. der A99 und nördl. der A94. Grafik: Energiewende Vaterstetten

München/Vaterstetten · Eine Windkraftanlage im Gemeindegebiet Vaterstetten? Auf der Homepage der »Energiewende Vaterstetten« besteht seit Neuestem die Möglichkeit bei einer Online-Umfrage zu dem Thema teilzunehmen.

Nähere Infos unter www.energiewende-vaterstetten.de.

Im Anschluss an den Abschlussbericht der Organisation zum Thema »Strom und Wärme für Vaterstetten – Möglichkeiten und Empfehlungen« bieten die Experten nach der ausführlichen Information dem Bürger die Möglichkeit zur Meinungsäußerung. Denn das Thema ist hochaktuell. Vor zehn Jahren war die Windenergie in der Großgemeinde ein äußerst sensibles Thema: Auf dem Neufarner Berg sollte ein Windrad gebaut werden. Das Vorhaben wurde aber in einem heftigen politischen Prozess abgeschmettert. Die Bürger wehrten sich, befürchteten Lärm und Schattenwurf und mokierten sich außerdem über das hässliche Aussehen einer Windanlage im ländlichen Gebiet.

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Doch im Gemeinderat macht man sich verstärkt Gedanken über alternative Energien, denn Vaterstetten ist dem Europäischen Konvent der Bü̈rgermeister zur Erreichung der EU-Klimaziele beigetreten. Ziel der Gemeinde ist es demnach, ihren derzeitigen Energieverbrauch um mindestens 20 Prozent zu senken. So sieht man das Thema Windräder heute ganz anders: In der diesjährigen Parsdorfer Bürgerversammlung wurde die Aussicht auf ein Vaterstettener Windrad nicht kontrovers diskutiert. Windkraft ist »in«, nicht nur in Deutschland, sondern weltweit. Auch der Vaterstettener Bürgermeister Robert Niedergesäß hat sich für Windkraft ausgesprochen. Im Gemeinderat wird mehr das »Wie« als das »Ob« diskutiert. Das Landratsamt Ebersberg finanziert Gutachten und unterstützt so den Planungsprozess. Die Zeit und die ­zunehmenden technischen Entwicklungen ließen die Ängste der Anwohner schwinden. Beruhigend wirkt auch, dass die Planung derartiger Windräder großen Auflagen unterliegt.

Der Arbeitskreis Energiewende konstatiert für Vaterstetten, dass Windanlagen heutzutage zuverlässig laufen und sich auch rentieren: Der Wirkungsgrad von Windkraftanlagen habe sich im letzten Jahrzehnt versechsfacht. Dass der Wind auch in Vaterstetten weht, zeigt sich bereits aus jahrelangen Messungen am alten Riemer Flugplatz und im Ebersberger Forst. Der Wind ließe sich laut verschiedener Gutachten im Landkreis Ebersberg vortrefflich nutzen. Die Stromausbeute überträfe sogar den so genannten »Referenzwert«, ein anlagenspezifisches Gütekriterium. Ein Gutachten weist 19 geeignete Standorte zur »Ernte« von Windenergie im Landkreis aus. Sie liegen auf einer Anhöhe, eine eiszeitliche Moräne, die sich durch den Landkreis zieht.

Etwa zehn Windkraftanlagen könnten dort arbeiten. Neun davon könnten dabei auf dem Gemeindegebiet von Vaterstetten platziert werden, wobei zwei Kriterien die Qualität des jeweiligen Standorts bestimmen. Erstens: Je weiter oben im Gelände ein Windrad steht, desto höher ist auch der Energieertrag. Zweitens: Der Abstand zur nächstgelegenen Wohnbebauung bestimmt das Konfliktpotential mit der Bevölkerung. Das bedeutet, je näher eine Windanlage am besiedelten Gebiet steht, desto umstrittener sind üblicherweise Windanlagen. Deshalb müsste für jeden in Frage kommenden Standort in der Gemeinde zuerst ein Windgutachten angefertigt werden. Bestens geeignet seien Standorte am Rand von Vaterstetten, zum Beispiel westlich der A 99 oder nördlich der A 94 zwischen Parsdorf und Grub. Dort strömt der Wind ungehindert über die Schotterebene, vor allem ab einer Höhe von 100 Metern.

Partner im Boot

In der Julisitzung hatte der Gemeinderat darüber zu beschließen, ein Bauleitverfahren mit dem Ziel durchzuführen, im Flächennutzungsplan Bereiche für die Nutzung der Windenergie – so genannte Konzentrationsflächen – auszuweisen. Der Arbeitskreis Energiewende soll dabei als wichtiger kompetenter Partner miteinbezogen werden.

Offenbar ist man sich tatsächlich einig, die Windkraft in der Großgemeinde Wirklichkeit werden zu lassen. Auch die Standorte scheinen geklärt. Bleibt noch das Argument der Ästhetik. Manche sehen in einer Windkraftanlage ein elegantes Symbol für Fortschritt, weit schöner als Hochspannungsleitungen, Öltanks und Kraftwerke. Der Arbeitskreis Energiewende sieht jedoch in Vaterstetten keine Notwendigkeit, das Ortsbild mit Windrädern zu »verspargeln«. Die Experten unterstützen aber gute Standorte in und um Vaterstetten, an denen sich ihrer Meinung nach zwei bis drei Windräder ins Ortsbild einfügen würden.

Finanzierung noch unklar

Einzig die Finanzierung ist noch nicht geklärt. »Bürgeranlagen« sind hier das Stichwort. Ortsansässige Bürger finanzieren und betreiben ihre Anlagen z. B. als Kommanditisten einer GmbH oder Mitglieder einer Genossenschaft. Deren Akzeptanz ist in der Bevölkerung fast nie ein Problem, da es im Vorfeld von den investitionswilligen Bürgern selbst geplant wird. Der Beweis in Vaterstetten findet sich bereits auf dem Dach der Schule in Parsdorf. Dort wurde im vergangenen Jahr eine Photovoltaikanlage als Bürgeranlage in Betrieb genommen.

Für den Standort Parsdorf-Grub will das Landratsamt nun eine einjährige Windmessung in zirka 100 Meter Höhe vornehmen. Deren Ziel ist es, das unternehmerische Risiko für den Bau einer Windanlage zu minimieren. Die Finanzierung der dafür anfallenden Kosten (zirka 90.000 Euro) ist jedoch ungeklärt. Und die Meinungen gehen auseinander, ob die verfügbare Modellrechnung eine teure Messung und damit eine einjährige Verzögerung des Projekts rechtfertigen. In Garching wollen die Stadtwerke München eine Windanlage betreiben, vielleicht lohnt sich dies auch für Vaterstetten. Nachdem sich die Voraussetzungen für eine Windanlage in der Großgemeinde geklärt haben hofft die »Energiewende« auch auf risikobereite private Unternehmer. Ederer

Artikel vom 21.09.2010
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