Feldkirchens Gemeinderäte setzen im Haushalt 2011 Prioritäten

Feldkirchen · Kein Wunschkonzert

Das Jugendstil-Juwel alte Aussegnungshalle wollen einige Gemeinderäte  »stehen lassen, bis es zusammenfällt«. Votum: Sanierung verschoben.	Foto: cs

Das Jugendstil-Juwel alte Aussegnungshalle wollen einige Gemeinderäte »stehen lassen, bis es zusammenfällt«. Votum: Sanierung verschoben. Foto: cs

Feldkirchen · Als Streichorchester sollte sich der Gemeinderat in einer Arbeitssitzung zum Haushalt 2011 betätigen. »Das Geld reicht nicht für alle Investitionen«, hatte Bürgermeister Werner van der Weck (SPD) einleitend gewarnt.

Deshalb hatte er anders als in früheren Jahren den Gemeinderat noch vor den eigentlichen Haushaltsberatungen eingeladen, gemeinsam die Prioritäten für das kommende Jahr festzulegen. Einige der 21 Damen und Herren am Ratstisch wähnten sich jedoch anscheinend eher in einem Wunschkonzert. Da standen der Kellerausbau im Kindergarten Arche Noah für die Unterbringung von drei behinderten Feldkirchner Kindern für 446.000 Euro plötzlich ebenso auf dem vorweihnachtlichen Wunschzettel wie eine zweite Wärmebildkamera für die Feuerwehr im Wert von 17.000 Euro oder die Wiederherstellung des durch die Geothermie-Arbeiten arg ramponierten Straßenbildes für rund eine halbe Million Euro.

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Bis Bürgermeister van der Weck schließlich der Kragen platzte: »Wir sind angetreten, den Kreditrahmen herunterzufahren, und ich höre in jedem dritten Antrag, wo wir draufsatteln sollen«, mahnte er das Kollegium zum Maßhalten. Im Verwaltungshaushalt hat Feldkirchen in diesem Jahr einen Überschuss in Höhe von zwei Millionen Euro erwirtschaftet und als Einnahmen aus der Gewerbesteuer kann Kämmerin Waltraud Reichel für 2011 mit gutem Gewissen neun statt bisher 7,5 Millionen Euro ansetzen. Dennoch muss ein Kreditrahmen von knapp fünf Millionen Euro eingeplant werden, um alle geplanten Ausgaben bezahlen zu können.

Der Verwaltungshaushalt 2011 wird rund 18,5 Millionen Euro, der Vermögenshaushalt 7,5 Millionen Euro umfassen. Das sind rund 19 beziehungsweise 35 Prozent mehr als im Vorjahr. Die Gemeinde gibt im kommenden Jahr rund 5,8 Millionen Euro für Baumaßnahmen aus. Dabei schlagen vor allem der Neubau und die Sanierung der Volksschule mit 3,1 Millionen Euro zu Buche. Für das neue Krippenhaus sind noch Rechnungen in Höhe von 370.000 Euro offen. Der Abbruch des alten Lagerhauses soll etwas über eine halbe Million Euro kosten. 380.000 Euro muss Feldkirchen zur energetischen Sanierung des Gymnasiums Kirchheim beitragen. Eine neue Einnahmequelle in Höhe von 39.000 Euro stellen die Entgelte für die Einsätze der Feuerwehr dar. 92 Bescheide in Höhe zwischen 21 und 1.668 Euro sind in diesem Jahr verschickt worden, informierte Geschäftsleiter Jürgen Schäpe. Es sei kein einziger Widerspruch eingegangen, auch wenn noch nicht alle Empfänger die geforderte Summe überwiesen hätten.

Anfang 2011 ist das Sparschwein der Gemeinde vollkommen leer. Nach und nach muss nach Einschätzung der Kämmerin ein Kredit bis zur Höhe von knapp fünf Millionen Euro aufgenommen werden. Jeder Feldkirchner wäre dann statistisch gesehen mit 800 Euro verschuldet. »Die Gemeinde muss deshalb in allen Bereichen ihre Ausgaben und Investitionen überdenken«, mahnt die Kämmerei. Dabei müsse auch über die freiwilligen Leistungen in Höhe von 800.000 Euro und über den Verkauf von nicht benötigten Grundstücken nachgedacht werden.

Dass Sparen schmerzhaft sein kann und keiner seine Lieblingskinder opfern will, stellte sich bei der langen und lebhaften Diskussion in der Arbeitssitzung heraus. So konnte sich Werner Schamberger trotz eines leidenschaftlichen Appells nicht mit seiner Forderung nach einer schnellen Sanierung der alten Aussegnungshalle durchsetzen. Nicht nur SPD-Gemeinderätin Verena Claudi wollte das alte Gebäude »stehen lassen, bis es zusammenfällt«. Die dafür vorgesehenen Planungskosten für den Umbau in ein Kolumbarium für Urnenbestattungen in Höhe von 95.000 Euro wurden knapp mit elf zu zehn Stimmen auf das Jahr 2012 verschoben, obwohl auch in Feldkirchen die Nachfrage nach dieser Art der Bestattung steigt. Eine längere Debatte entzündete sich am Wert der Gemeindepartnerschaften mit Rietschen und Bisignano. 20.000 Euro sind für eine Maibaumaufstellung bei den süditalienischen Freunden vorgesehen. »Wollen wir uns das leisten?«, fragte CSU-Gemeinderat Reinhard Mulzer. »Wenn wir das streichen, ist das ist ein sehr massiver Einschnitt in die Partnerschaften«, gab Bürgermeister van der Weck zu bedenken. Gegen fünf Stimmen aus der CSU wurde die Investition in die völkerverbindende Freundschaft am Ende doch gerettet.

Trotz Meinungsverschiedenheiten in Details begrüßten alle Fraktionen das Zahlenwerk. »Wir können mit diesem Haushalt in sehr weiten Teilen leben«, sagte UWV-Fraktionssprecher Erhard Màgori. Die Beratungen seien sehr erfreulich verlaufen, stellte sein Kollege Werner Schamberger von der CSU fest und auch SPD-Fraktionschef Thorsten Guhlke meinte: »Dem kann man im Großen und Ganzen zustimmen.« Claudia Schmohl

Artikel vom 07.12.2010
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