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Veröffentlicht am 18.06.2025 09:35

Bücher machen Lust auf die eigene Heimat - und auf die der Anderen


Johannes Beetz
Johannes Beetz
Chefredakteur
seit 1999 bei der Gruppe der Münchner Wochenanzeiger
Mitarbeit im Arbeitskreis Redaktion des Bundesverbands kostenloser Wochenzeitungen (BVDA)
Gewinner des Dietrich-Oppenberg-Medienpreises 2017 (Stiftung Lesen)
Eine Liebeserklärung an Reutlingen im Bücherschrank der Maxvorstadt. (Foto: job)
Eine Liebeserklärung an Reutlingen im Bücherschrank der Maxvorstadt. (Foto: job)
Eine Liebeserklärung an Reutlingen im Bücherschrank der Maxvorstadt. (Foto: job)
Eine Liebeserklärung an Reutlingen im Bücherschrank der Maxvorstadt. (Foto: job)
Eine Liebeserklärung an Reutlingen im Bücherschrank der Maxvorstadt. (Foto: job)

„In einer fortschrittsfrohen Stadt,
die starken Menschenzuwachs hat,
ergeben sich oft unbequeme,
doch äußerst dringliche Probleme.”

Es klingt fast nach München, was „Dr. Frosch” reimt. Er meint jedoch das schwäbische Städtchen Reutlingen. Wie bei uns einst Blasius, der Spaziergänger, beobachtet er seine Stadt seit Jahrzehnten, schaut ihr in die Gassen und ab und zu auf die Finger. So entstand sein kleiner Gedichtband „Reutlingen aus der Frosch-Perspektive”.

Poesiealbum

„Reutlingen kannst du nicht mögen. Nur lieben.” Mit diesem Slogan wirbt die Stadt seit einem Jahr für sich. Dr. Frosch weiß längst, wie das mit der Liebe ist und besingt seine Wahlheimat in 57 Liebeserklärungen.
Er macht sich seinen Reim auf vieles, was so oder so ähnlich auch an der Isar immer wieder von Belang ist: auf Hochhäuser, auf Stadtratswahlen, aufs Wildbieseln oder auf allgegenwärtige Straßenbauarbeiten:
„Ärgernis, nimm deinen Lauf:
jetzt reißt man die Straße auf,
unser schönes Trottoir,
das so glatt und sauber war!
Aufgerissnes Straßenpflaster!
Nichts ist frommem Sinn verhasster.”

Menschendinge

Wenn sich ein Text reimt und sein Rhythmus stimmt, dann hat man ein Gedicht. Wenn es zwischen den Zeilen immer wieder neue Bilder im Kopf entstehen lässt, ist es ein gutes Gedicht. Und wenn es sich dann noch liest, als wäre das alles ganz leicht aus dem Ärmel zu schütteln, beginnt es, ein sehr, sehr gutes Gedicht zu werden. Ziemlich gut macht's Dr. Frosch (der natürlich nicht wirklich so heißt, aber mal einer war).

Mit wenigen schnellen Strichen skizziert er zum Beispiel „Pubertät”:
„Zwei Burschen, grad im Umbruchsalter,
nicht mehr ganz Raupe, noch nicht Falter,
gehn durch die Stadt, höchst souverän,
um irgendetwas zu erspähn ...”

In Wilhelm-Busch-Manier findet er zu jeder Gelegenheit einen Vers - oft pointiert, nie hämisch. Dr. Frosch mag Menschen und ihre Eigenheiten. Lyrik ist eben viel mehr als AABB oder ABAB.

Bücher machen Lust auf die eigene Heimat - und auf die der Anderen.

Die anderen drei

Wir stellen vier Bücher vor, die wir im Bücherschrank Maxvorstadt gefunden haben. Das sind die anderen drei aus unserem Quartett:

  • Für Archäologen:
    Heinz W. Kämmer: „Die Compact-Disc: Funktion und Technik der CD-Musikwiedergabe”. Ein Fundstück datiert auf 1987, als es sogar noch Plattenspieler und Walkman gab.

  • Für Spione:
    Johannes Mario Simmel: „Lieb Vaterland magst ruhig sein”. Agenten- und Fluchttunnelabenteuer aus dem Kalten Krieg in Berlin, bei uns von 1965 bis 1967 über 20 Wochen lang das meistverkaufte Buch.

  • Für Tüftler:
    Bridget Jones: „Polnische Küche. Über 90 typische Rezepte”. Ein Nachmachkochbuch, das u.a. weiß, was Quark in Polen von Quark in Deutschland oder in der Schweiz unterscheidet.

Wo steht er?

Der Bücherschrank Maxvorstadt steht auf dem Rudi-Hierl-Platz. Das ist die kleine Grünanlage, an der Dachauer und Schleißheimer Straße aufeinandertreffen.
Bis Oktober steht hier auch einer der drei kompostierbaren SUVs von Folke Köbberling.

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