Ismaninger leiden unter Arbeiten für Geothermie-Versorgung

Ismaning · Wanderbaustelle

Wo geht’s lang? Nicht nur Ortsfremde haben ein Problem mit dem durch die Baustellen verursachten Schilderwald. 	Foto: cs

Wo geht’s lang? Nicht nur Ortsfremde haben ein Problem mit dem durch die Baustellen verursachten Schilderwald. Foto: cs

Ismaning · Die Geothermie ist ein Segen. Doch ehe das heiße Wasser aus der Tiefe umweltfreundlich in den Heizungen zirkulieren kann, müssen die Straßen für den Leitungsbau aufgerissen werden. Ein Fluch für Autofahrer und Anlieger.

»Ismaning ist verkehrstechnisch die reinste Katastrophe. Da braucht sogar die Umleitung für die Umleitung eine Umleitung«, schreibt ein Ismaninger Verkehrsteilnehmer auf der Facebook-Seite des Landkreis-Anzeigers. Nein, ein Vergnügen ist es zurzeit wahrlich nicht, durch die Gemeinde im Münchner Nordosten zu kurven. Der Ort – ein einziger Schilderwald: Umleitungen, Einbahnstraßen, Verbote, Hinweise auf Baustellen, rote Balken, rangierende Baufahrzeuge, genervte Autofahrer, die an den engen Durchfahrten hinter Radlern herschleichen müssen und die jeden Passanten, der sich auf der Straße blicken lässt, verzweifelt nach dem Weg fragen. Denn in diesem Chaos versagt das beste Navi. Ismaning ist zurzeit eine Wanderbaustelle. »Dann wird mal innerhalb eines Vormittags die Verkehrsführung geändert, um das Ganze noch etwas mehr zu verwirren«, vermutet der genervte Facebook-Schreiber.

Weitere Artikel zum Thema

Als »Wahnsinn« und »an der Grenze dessen, was der Ort verträgt« bezeichnet auch der Geschäftsführer der Wärmeversorgung Ismaning (WVI), Andreas Hobmeier, das innerörtliche Geschehen. Aber das Ismaninger Geothermie-Projekt sei ehrgeizig. Unter dem Motto »Bohren – Finden – Liefern« sollen in nur sechs Monaten acht Kilometer Fernwärmeleitung unter die Erde gebracht werden, damit die ersten 280 Gebäude möglichst bald mit der umweltfreundlichen Wärme versorgt werden können. Ende September, spätestens Anfang Oktober, sei der Spuk fürs Erste vorüber, verspricht Hobmeier. Man habe die Baufirmen getriezt, den ambitionierten Zeitplan einzuhalten. Nicht zuletzt, weil Absperrungen eher akzeptiert werden, wenn dahinter schwitzende Bauarbeiter sichtlich bemüht sind, das Werk so schnell wie möglich zu einem guten Ende zu bringen.

Belastungsprobe für die Ladenbetreiber

Die Klagen der Ismaninger hätten sich angesichts der Unannehmlichkeiten bislang in Grenzen gehalten. »Ich habe mehr Beschwerden erwartet«, gesteht Hobmeier. Die Einheimischen würden mittlerweile ihre Wege durch den Umleitungs-Dschungel finden. Schwieriger ist es für Ortsfremde. Das liegt für den Hauptamtsleiter im Ismaninger Rathaus an einem grundsätzlichen Missverständnis: »Umleitungsschilder führen nur um das Hindernis herum.« Wie es danach weitergeht, das müsse der Verkehrsteilnehmer dann selbst herausfinden. »Wir kennen ja sein eigentliches Ziel nicht.« Trotzdem werde bei der Beschilderung oft zuviel des Guten getan. »Da geht der Blick aufs Wesentliche schnell verloren.«

Aufgestellt werden die Schilder von der Baufirma, für die verkehrsrechtlichen Anordnungen allerdings ist die Gemeinde – in Absprache mit Polizei und Feuerwehr – zuständig. »Geschäfte und Parkplätze müssen einigermaßen erreichbar bleiben«, sei dabei oberstes Gebot, »natürlich im Einklang mit einem sinnvollen Bauablauf«. Dennoch stellen die Arbeiten für die Ladenbetreiber eine harte Belastungsprobe dar. Zu einem Protest der Gewerbetreibenden wie in Feldkirchen ist es allerdings in Ismaning nicht gekommen. Vielleicht »weil wir die Menschen ernst nehmen«, wie Hobmeier vermutet. Einem Hausbesitzer beispielsweise, der in dieser Zeit eine Fassadensanierung plante, habe man die notwendigen Parkplätze vor seinem Anwesen frei gehalten.

Gleichzeitig bemühte man sich in Ismaning um größtmögliche Information. In den Ortsnachrichten und auf der Homepage der WVI konnte man sich über bevorstehenden Ärger informieren. Zum Beispiel, dass sich die Pressungen unter dem Gleißenbach und dem Seebach ungewöhnlich lange verzögert hätten, weil die wasserrechtlichen Genehmigungen auf sich warten ließen. Auch kurzfristige Behinderungen werden angekündigt. »Was soll man mehr tun?«, fragt Hobmeier.

Schließlich geschehe das alles keineswegs, um die Ismaninger zu ärgern oder um möglichst viel Geld zu verdienen. Es gehe um die umweltfreundliche und unabhängige Energieversorgung für die Zukunft. Deshalb wird auch in den kommenden Jahren in Ismanings Untergrund gewühlt. Die Planungsbüros bereiten, abhängig von der Nachfrage, bereits die nächsten Bauabschnitte vor, die dann ab Herbst vom Gemeinderat festgelegt und beschlossen werden. Das Schlimmste haben die Ismaninger in dieser Hinsicht allerdings in einigen Wochen überstanden. »2012 ist schon ein extremes Jahr«, so Andreas Hobmeier. Die Unannehmlichkeiten seien schnell vergessen und die Einrichtung bald nicht mehr wegzudenken. »So wenig wie heute Wasserleitungen oder Kanalisation.« Claudia Schmohl

Artikel vom 04.09.2012
Auf Facebook teilen / empfehlen Whatsapp

Weiterlesen





Wochenanzeiger München
 
Kleinanzeigen München
 
Zeitungen online lesen
z. B. Samstagsblatt, Münchener Nord-Rundschau, Schwabinger-Seiten, Südost-Kurier, Moosacher Anzeiger, TSV 1860, ...