Ismaning startet Geothermieprojekt mit erster Bohrung

Ismaning · Reise ins Erdinnere

Pfarrer Markus Brunner, Pfarrer Werner Blechschmidt und Bürgermeister Michael Sedlmair (v.l.) beim symbolischen ersten Meißelschlag.	Foto: ikb

Pfarrer Markus Brunner, Pfarrer Werner Blechschmidt und Bürgermeister Michael Sedlmair (v.l.) beim symbolischen ersten Meißelschlag. Foto: ikb

Ismaning · Mit einem traditionellen bergmännischen Ritual, dem symbolischen Meißelschlag, und einem herzhaften »Glückauf« gab Bürgermeister Michael Sedlmair jetzt auf der Anlage an der Mayerbacherstraße das Startzeichen für das 72 Millionen Euro teure Ismaninger Jahrhundertprojekt Geothermie.

Zentimeter um Zentimeter schraubt sich nun der Bohrmeißel vom Bohrturm aus in die Erde und »strebt seinem Ziel in rund 2.500 Meter Tiefe entgegen«, erläuterte schmunzelnd der Gemeindechef. Schon Mitte Juni sollen, wenn alles planmäßig verläuft, pro Sekunde etwa 70 Liter heißes Wasser »mit hoffentlich über 80 Grad Temperatur aus der Tiefe der Erde sprudeln«. Die zweite »Quelle« dürfte wohl im September angezapft sein, im kommenden Winter sollen die ersten Kunden ein wohliges Zuhause dank der Erdwärme haben.

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»Wir erleben heute einen denkwürdigen Tag, wir feiern den Beginn der spannenden Reise in das Innere der Erde, genauer gesagt zu den Thermalwasservorkommen, die wir mit zwei Tiefenbohrungen erschließen wollen«, so Sedlmair. Den »Segen von oben« für das »ehrgeizigste Projekt in der Geschichte Ismanings, einem Meilenstein«, gaben der katholische Geistliche Markus Brunner und Pfarrer Werner Blechschmidt, der in jüngster Zeit vor Ort »eine Art Goldgräberstimmung« ausgemacht habe und mit einem Seitenblick auf den 36 Meter in den Himmel ragenden Bohrturm meinte: »Der bringt was Verborgenes ans Licht«. Und Brunner sagte: »Wir öffnen keinen Höllenschlund, wir leisten aus heutiger Sicht einen Schöpfungsbeitrag«.

Vielerorts steckt die Energiewende noch in den Kinderschuhen, in Ismaning ist sie heute schon angekommen. Die Grundlage dafür legten die Bürgervertreter im Jahr 2005, in dem sich die Kommune die »Bergbaurechte für den Claim Ismaning« sicherte. »In einigen Jahren werden wir und vor allem unsere Kinder die Früchte dieser Unternehmung ernten«, prognostizierte der Rathaus-Chef. Am 17. März vergangenen Jahres fasste der Gemeinderat den Geothermie-Grundsatzbeschluss, sechs Monate später folgten die ersten Messungen, die Wärmeversorgung Ismaning (WVI) wurde gegründet, im Januar folgte nach einer europaweiten Ausschreibung der Auftrag an eine Firma für die Bohrarbeiten.

Angesichts von mehr als 60 Millionen Euro, die Ismaning selbst für den »Schritt in die Zukunft« aufbringen muss, gab es auch Skeptiker, die sich letztendlich aber doch geschlossen hinter das Projekt gestellt hatten. Sedlmair blickt optimistisch nach vorn: »Mit der Fernwärme werden nach den vorliegenden Prognosen die weit überwiegende Zahl der Gebäude – Wohnungen, Gewerbebetriebe und kommunale Einrichtungen – beheizt werden können.« »Erdwärme ist nach Anlaufjahren eine ökonomisch rentierliche Investition, nicht zuletzt auch eine finanzielle Entlastung für die Verbraucher. Wir investieren in eine sichere und nachhaltige Energieversorgung für die kommenden Generationen«, gab sich der Bürgermeister überzeugt. Für die geleistete Basisarbeit lobte er seinen Hauptamtschef und in Personunion WVI-Geschäftsführer Andreas Hobmeier.

Die finanzielle Energiezukunft beginnt laut Experten in etwa acht bis zehn Jahren, dann wirft das gigantische Projekt Erträge ab. Bis es soweit ist, gibt es viele für die Bürger zu ertragende Baustellen, Kilometer um Kilometer müssen Rohre verlegt werden, wird in Ismaning Kapital »verheizt«. 2012 sind im auf 100 Millionen Euro zusammengestrichenen Haushalt 14 Millionen Euro eingeplant, die Ersparnisse werden fast aufgezehrt, zehn Millionen Euro Schulden müssen aufgenommen werden. Zu hart trifft dieser vorübergehende Einschnitt Ismaning aber wohl nicht. Denn die Gemeinde muss nicht darben, sie hat Steuerpotenz, rangiert bayernweit auf Rang 17 bei der Steuerkraft pro Person. ikb

Artikel vom 17.04.2012
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