Theresienwiese: Wie den »Spielplatz der Stadt« nutzen?

Zentrum · »Weltweit einmalig«

Wolfgang Czisch (l.) und Alexander Miklosy fordern mehr nichtkommerzielle Nutzung für die Theresienwiese.	Fotos: Sylvie-Sophie Schindler

Wolfgang Czisch (l.) und Alexander Miklosy fordern mehr nichtkommerzielle Nutzung für die Theresienwiese. Fotos: Sylvie-Sophie Schindler

Zentrum · Wer an die Theresienwiese denkt, denkt als Erstes an das Oktoberfest, keine Frage. 16 Tage Bier-Gaudi – doch was dann?

Auf dem 42-Hektar-Areal im Herzen der Stadt toben sich längst auch andere Großveranstalter aus, ­unter anderem finden Zirkusveranstaltungen, das Winter-Tollwood, das Landwirtschafts- und das Frühlingsfest statt.

Zu viel des Guten? »Die Übernutzung des Ortes als Veranstaltungsort jeglicher Art hat mittlerweile das Nutzungsgleichgewicht empfindlich gestört«, sagt Wolfgang Czisch, Vorsitzender des Programmausschusses Münchner Forum. Doch die Theresienwiese sei kein Industriegelände, das auf seine kommerzielle Nutzung warte und ansonsten brach liege. Um ins Bewusstsein zu bringen, dass man diese innerstädtische Freifläche auch noch anders nutzen kann und sollte, hat sich das Münchner Forum mit den Bezirksausschüssen Isarvorstadt-Ludwigsvorstadt (BA 2), Schwanthalerhöhe (BA 8) und Sendling (BA 6) zusammengetan. In einem gemeinsamen Antrag fordern die Gremien, das Gleichgewicht zwischen kommerzieller und nichtkommerzieller Nutzung der Theresienwiese wiederherzustellen. Die Theresienwiese sei auch ein Ort für Erholung und Freizeit, für Spiel und Sport, so Ernst Dill von der Sendlinger SPD. Dieser »einmalige Riesen-Spielplatz der Stadt« müsse erhalten und erlebbar bleiben.

Dem schließt sich auch Alexander Miklosy, Vorsitzender des BA Isarvorstadt-Ludwigsvorstadt an. »Wir haben hier eine wunderbare Freifläche, wie sie meines Wissens in einer ­Millionenstadt weltweit einmalig ist«, so der Stadtteil-Politiker. »Doch jenseits der Festivitäten wird die Theresienwiese sträflich vernachlässigt. Das darf einfach nicht sein.« Ob die Stadt stolz ist auf diesen Platz, bezweifelt er. »Viele Touristenbusse fahren in der Zeit außerhalb der Wiesn extra nicht vorbei, weil die Theresienwiese dann so greislig ist«, meint Miklosy und verweist unter anderem auf die vielen Glas- und Müllcontainer, Poller und Schaltkästen. Ludwig Wörner, BA-Chef der Schwanthalerhöhe, ergänzt: »Bei dieser respektlosen Behandlung müsste man die Bavaria eigentlich umdrehen.«

Nun sollen mehrere Maßnahmen in Gang gebracht werden, ein entsprechendes Schriftstück enthält mehr als zwanzig Forderungen, die sich mit der nichtkommerziellen Nutzung der Theresienwiese befassen. Wenn über alle Punkte abgestimmt ist, wird der Antrag voraussichtlich im März an die Stadtverwaltung gehen. »Das Rathaus ist über alle Referate hinweg verpflichtet, neben der merkantilen Nutzung gleichrangig die Nutzung der Theresienwiese mit dem Bavariapark als Frei- und Erholungsfläche zum Ziel der Stadtplanung zu setzen«, so Czisch. Zu den zentralen Forderungen der ­Lokalpolitiker gehören die ganzjährige Freihaltung der südlichen Theresienwiese und ein Nein zu zusätzlichen Veranstaltungen. »Die Stadtplanung muss hierfür neue, andere Räume ausweisen«, fordert Miklosy. Wesentlich sei auch, die Auf- und Abbauzeiten für alle Kommerzveranstaltungen in Zukunft zu verkürzen.

Längere Wege bei Auf- und Abbau

Denn in jüngster Vergangenheit gab es genau die gegenteilige Entwicklung. Bestes Beispiel: Beim Aufbau des Oktoberfestes 2011 wurde das Betreten der Fläche vom 18. Juli bis 16. Oktober untersagt. Die Überquerung sei damit gravierend eingeschränkt gewesen, sagt Mi­klosy. »Besonders Schulkinder waren von dieser Regelung betroffen, die Länge der Schulwege verdreifacht sich in dieser Zeit.«

Das Gelände soll außerdem durch verschiedene Einrichtungen wie ein Fitnessparcours und eine im Südwesten angelegte Skateranlage, für die sich der BA Isarvorstadt-Ludwigsvorstadt stark macht, attraktiver gemacht werden. Letztere scheint bald realisierbar. »In Sachen Machbarkeit und Finanzierbarkeit tut sich viel«, sagt Miklosy, der die Theresienwiese auch als Chance sieht, Jugendlichen in der Stadt mehr Raum zu geben. Und da Erholungsorte auch mit viel Grün assoziiert werden, soll, so eine weitere Forderung, Schluss gemacht werden mit einer weiteren Versiegelung der Theresienwiese. Auch nachts soll der Charme des Geländes spürbar sein, mit einem gesonderten Lichtkonzept soll die »ruhige Eigenart des Raumes« betont werden.

Damit die Theresienwiese als Freifläche erhalten bleibt, wurde im 19. Jahrhundert ausdrücklich ein Bauverbot ausgesprochen. Von hoher historischer Bedeutung sei die Theresienwiese inklusive Bavaria und Ruhmeshalle, so Czisch, nicht nur eine Münchner Angelegenheit, sondern sie repräsentiere Gesamtbayern. »Das Ensemble ist vergleichbar mit der Ludwig- oder der Maximilianstraße«, erklärt er. Nur eine auf Vergnügen ausgerichtete Nutzung ignoriere die große städtebauliche und historische Bedeutung. »Mit etwas gutem Willen lässt sich die Theresienwiese zu dem entwickeln, für was sie geplant war, nämlich vor allem zu einem Anziehungspunkt für Menschen, die hier leben«, resümiert Miklosy. Sylvie-Sophie Schindler

Artikel vom 21.02.2012
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