Strengere Auswahlkriterien für Künstlermeile gefordert

Schwabing · Kunst oder Schund?

Rund um den »walking man« wird bald wieder Kunst verkauft. Petra Piloty, Mitglied im BA 12, wünscht sich eine Jury, die das Kunstniveau der Ausstellungsstücke prüft.	Fotos: ko

Rund um den »walking man« wird bald wieder Kunst verkauft. Petra Piloty, Mitglied im BA 12, wünscht sich eine Jury, die das Kunstniveau der Ausstellungsstücke prüft. Fotos: ko

Schwabing · Es wird wärmer, und mit dem beginnenden Frühling verkaufen Künstler auch wieder ihre Werke auf der Leopoldstraße. Für Petra Piloty (SPD), Mitglied im Bezirksausschuss (BA) 12, Schwabing-Freimann, und dort Vorsitzende des Unterausschusses Stadtplanung und Architektur, ist das kein Anlass zur Freude. Denn sie sieht durch die ihrer Ansicht nach dort ausgestellten »minderwertigen Kunstwerke aus Massenproduktion« Schwabings Ruf als Künstlerviertel geschädigt.

Piloty beantragte daher schon im November im BA-Gremium, eine Jury aus Vertretern der Bezirksinspektion Nord, die die Ausstellungserlaubnis vergeben, BA-Mitgliedern und Kunstsachverständigen zu bilden. Als Begründung gibt die SPD-Politikerin an, dass »das Personal der Bezirksinspektion in der Regel nicht über die ausreichende Qualifikation zur Beurteilung der Qualität von Bewerbern und deren Werken verfügt«. Denn Kunstsachverstand sei nicht angeboren, sondern werde in einem langjährigen Bildungs- und Ausbildungsprozess entwickelt.

Eine »mangelnde Qualifikation der Bezirksinspektion« zur künstlerischen Beurteilung der Qualität der Ausstellungsgegenstände wird vom Kreisverwaltungsreferat (KVR), zu dem die Bezirksinspektion gehört, auch gar nicht bestritten. So sagt KVR-Pressesprecher Dr. Klaus Kirchmann, dass es bisher allerdings nicht das Ziel gewesen sei, an der Leopoldstraße in Sachen ausgestellte Kunst ein bestimmtes Niveau zu etablieren. Stattdessen solle gerade auch unbekannten oder Hobbykünstlern eine Chance gegeben werden, sich zu präsentieren. »Das Spektrum der angebotenen Arbeiten ist daher naturgemäß so verschieden und umfangreich, wie die Geschmäcker der potenziellen Käufer.« Künstler mit so genannter hochwertiger Kunst nutzen laut Kirchmann andere Plattformen der Darstellung ihrer Arbeiten, zum Beispiel Galerien.

Die Bezirksinspektion Nord betrachte die Entwicklung der Künstlermeile trotzdem kritisch, sagt der Pressereferent. Vor allem im Hinblick auf Schmuckverkauf. Grundsätzlich sei Schmuck zwar vom Verkauf ausgeschlossen, dennoch habe das Kulturreferat in der Vergangenheit selbst hergestellte Schmuckunikate positiv beurteilt, so dass hierfür von der Bezirksinspektion eine Erlaubnis erteilt wurde.

Klaus Kirchmann findet es »durchaus denkbar und angebracht« eine solche Jury einzusetzen. So könne man ein bestimmtes künstlerisches Niveau an der Künstlermeile schaffen. Allerdings stelle sich dann die Frage nach der praktischen Durchführbarkeit und Finanzierbarkeit: »Stichwort: Haushaltskonsolidierung, außerdem müssten Bürger zwei Instanzen für den Erhalt der Erlaubnis durchlaufen.« Und das widerspräche dem Gebot der »kurzen Wege«, der »Bürgerorientierung« und der »Entbürokratisierung«. Laut Jenny Kozarevic, Pressesprecherin beim Kulturreferat, wäre es einem eigenen Marktveranstalter »unbenommen, eine Jury mit Kunstsachverständigen einzuberufen, um sich inhaltlich beraten zu lassen«. Zwar gebe es für den Schwabinger Markt derzeit kein solches Modell. Sollte das BA-Gremium einen Veranstalter gewinnen oder gar selbst als Ausrichter auftreten, könnten dann inhaltlich-künstlerische Kriterien vorgegeben werden. »Allerdings liegt dann auch die gesamte Organisation, Abwicklung und Verantwortung in Händen des Veranstalters, der dann die Genehmigungsverfahren für die Gesamtveranstaltung übernimmt«, sagt Kozarevic.

Bis Ende März haben sich 20 Künstler angemeldet, davon fünf zum ersten Mal. Die Erlaubnis, an der Leopoldstraße auszustellen, kann über die ganze Saison von Ende März bis Ende Oktober hinweg erteilt werden. Daher ist kein Rückschluss auf die Gesamtnachfrage möglich. 2008 wurden 77, im Folgejahr 72 Erlaubnisse erteilt. Rund 360 Aussteller beteiligen sich seit 2001 an der Künstlermeile, wobei einige einmalig, andere mehr oder weniger regelmäßig und andere jährlich teilnehmen. Zugelassen werden eigenhändig hergestellte Arbeiten wie Gemälde, Grafiken und Skulpturen. Modeschmuck, Gebrauchsgegenstände sowie gewerblich gefertigte Massenware werden nicht zugelassen. Die Erlaubnis kann auch nicht erteilt werden, wenn gewerbsmäßig mit Kunstgegenständen gehandelt wird. K. Ossoinig

Artikel vom 13.04.2010
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