Münchner Jugendliche wollen ernstgenommen werden

München · Nicht über uns! Mit uns!

Vor der Umsetzung findet die Debatte statt, und die wurde zum Teil leidenschaftlich geführt, wenngleich die Fachforen in ihrer Dauer verkürzt werden mussten. Foto: ms

Vor der Umsetzung findet die Debatte statt, und die wurde zum Teil leidenschaftlich geführt, wenngleich die Fachforen in ihrer Dauer verkürzt werden mussten. Foto: ms

Ohne Engagement der Menschen in einer Gesellschaft kann eine Demokratie nicht existieren. Doch demokratische Bürger fallen nicht einfach vom Himmel, Mitbestimmung muss erst erlernt werden, und das am besten so früh wie möglich. Im Rahmen des Jahres der Partizipation veranstaltete das Stadtjugendamt in Kooperation mit dem Arbeitskreis (AK) Kinder- und Jugendbeteiligung deshalb am Dienstag, 16. März, einen Fachtag zur Partizipation von Kindern und Jugendlichen.

Das Ziel: Durch Vorträge und Diskussionsrunden Anregungen zu finden, wie eine Verankerung von Partizipation in Verwaltung, Politik und den Kinder- und Jugendeinrichtungen gelingen kann. Denn zwar ermöglichen bereits viele Einrichtungen Mitbestimmung, meint Marion Schäfer vom AK. „Man muss es aber schaffen, von punktuellen Highlights hin zu einer kontinuierlichen Beteiligung zu kommen.“

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Die Chancen dafür stehen für München auch gar nicht mal so schlecht, sagte Waldemar Stange, Professor für Bildungsforschung an der Universität Lüneburg in seinem Beitrag. Seiner Ansicht nach passiere hier bereits viel. „Es hapert aber an der strukturellen Verankerung“, so Stange. Besonders gefragt seien daher die Schulen, denn lokale Partizipationspolitik könne nur in Kooperation mit den Bildungsstätten umgesetzt werden. Dass es genau hier jede Menge Verbesserungspotenzial gibt, zeigte sich anschließend im Fachforum „Kindergarten und Schule“. Denn während in Krippen und Kindergärten Partizipation durch Morgenkreise oder Kinderkonferenzen gelebt werde, verliere die Beteiligung der Kinder in der Schule an Bedeutung. Schuld daran seien nach Meinung der Anwesenden zu volle Stundenpläne, die für Partizipation keinen Freiraum lassen, aber auch, dass viele Lehrer nicht dazu ausgebildet seien, Schülerbeteiligung zu fördern.

Im Vergleich zu den Schulen passiere in den Münchner Kinder- und Jugendeinrichtungen „schon recht viel“, waren sich die Teilnehmer des Forums für Kinder- und Jugendeinrichtungen einig. Hausversammlung, projektbezogene Abstimmungen, Nachrichten-Wunschbox oder Girls- und Boys-Talk, diese Formen der Mitsprache pflegen sie bereits, berichteten die Vertreter aus Au, Schwabing, Moosach und dem Münchner Norden. Doch viele Kinder müssten erst lernen, dass nicht alles ein „Wunschkonzert“ sei, so die Sozialpädagogen. Denn es gebe „langweilige Details“ wie Rahmenbedingungen und Kosten zu beachten. Karin Feige, Leiterin des „Mooskito“, findet daher: „Wir müssen die Mitbestimmung aufpeppen.“ Sie wünscht sich eine Art „Deutschland sucht den Super-Mitbestimmer“, um die Jugendlichen für das für so manchen trockene, aber zukunftsweisende Thema zu gewinnen.

Auch im Fachforum Politik kam man zu dem Schluss, dass bereits viel getan wird. So wurde von erfolgreichen Jugendsprechstunden und Aktionen wie dem Kinder-Aktions-Koffer im Hasenbergl berichtet. Dennoch gebe es Spielraum für Verbesserungen. Anne Hirschmann, vom Bezirksausschuss Aubing/Lochhausen/Langwied beklagte, dass die Kinder und Jugendlichen oft erst viel zu spät in Planungen einbezogen werden. Das müsse geändert werden. Die Grüne Stadträtin Gülseren Demirel (Grüne) plädierte gar dafür, dass die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen in das Stadtentwicklungskonzept „Perspektive München“ aufgenommen wird, welche Perspektiven für die wirtschaftliche, soziale, räumliche und regionale Entwicklung der Stadt aufzeigt.

Das Fachforum Vereine und Initiativen war vergleichsweise dünn besetzt. Nur acht Teilnehmer hatten sich zusammengefunden, unter anderem das städtische Kulturreferat, das Programm „Soziale Stadt“ und der Kreisjugendring. Vereinsvertreter suchte man vergebens, weshalb das Thema Partizipation in den Vereinen nicht zur Sprache kam. Stattdessen standen auch hier die Schulen im Fokus, die bei Partizipationsinitiativen kooperieren könnten. Kritisch merkte man jedoch an, dass dabei die Kooperationspartner in dem Projekt oft durch die Schulen degradiert würden. Umgekehrt würden die Schulen zwar gerne mit schulfremden Einrichtungen zusammenarbeiten, seien da allerdings oft eingeschränkt. Die Anwesenden übten jedoch auch Selbstkritik. So würden sie die falschen Mittel einsetzen, um ihre Zielgruppe zu erreichen. Sie formulierten daher die an sich selbst gerichtete Forderung, „Profis ins Internet zu schicken“, um die Jugendlichen in Netzwerken und Foren zu erreichen. So oder so: Schüler wollen ernstgenommen werden, ihr Engagement müsse einen Effekt auch für sie selbst haben, weil das Interesse sonst schnell nachlässt. Das gilt übergreifend, nicht nur für Vereine und Initiativen.

Von Sara Austen

Artikel vom 18.03.2010
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