Ein Münchner sagt seine Meinung

Da schau her! Albrecht Ackerland über Beteiligung

Haben Sie auch eine Traumwelt? Eine, in der fortwährend Frühling ist, aber Schnee in den Bergen liegt, und die Badessen warm genug zum Baden sind. Eine Welt, in der keiner gleicher als der andere ist, jeder tun und lassen kann, was er will und dabei keinem anderen schadet. Eine Welt, in der jeder Tag soviel Zeit enthält, dass man zum Lesen kommt, zum Fernsehen, zum Sport, zum Verweilen, zum Schlafen, zum Biertrinken und zum Arbeiten.

Eine Welt, in der jeder eine Arbeit hat, sie gerne macht, obwohl er sie finanziell gar nicht nötig hätte. Eine Welt in der fünf Maß Bier kein Kopfweh machen und sowieso nicht gesundheitsschädlich sind. Eine Welt, in der Kinder genauso dazugehören.

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Dem letztgenannten Traum versucht der Münchner Kreisjugendring derzeit zu ein wenig Wirklichkeit zu verhelfen: Zum großen Partizipationstag wurde geladen, es sollte um mehr Mitsprache von Kindern und Jugendlichen in Politik, Vereinen, Leben gehen – um echte Teilnahme also. Dumm nur, dass der Termin auf einen Vormittag gelegt wurde, an dem jeder brave und auch weniger brave Jugendliche in der Schule sitzt.

Wahrscheinlich haben sich die Kreisjugendringler gedacht: Wir sind ja vom Fach, bei der Jugend kennen wir uns aus, jetzt verhandeln wir mal, wie wir das machen mit der Gleichberechtigung und danach überlegen wir uns, was die Jugend interessiert, was sie ärgert, wo sie gerne mitmischen würden. Danach schreiben wir das alles zusammen, die Presse hat was zum Jubeln, und einen Flyer bringen wir auch noch heraus. Darauf steht dann vielleicht: „Mach doch mal mit!“ Und peppig sieht er auch aus. Zumindest so, wie sich ein 48-jähriger Sozialpädagoge „Pep“ vorstellt, vielleicht sogar mit ein bisserl Graffiti mit dabei. Und in einem Jahr wundern wir uns dann, dass keiner mitmacht, immer nur die gleichen drei Hanseln im offenen Kreisjugendring-Café rumhocken. Aber die Jugend, mei die Jugend, für nichts interessiert sie sich.

Dabei stinkt der Fisch vom Kopf – sei's die Oma, die ihren Enkel ständig bremst („Das ist doch noch nichts für dich!“), sei's bei den Parteien und Vereinen, wo genau so die Luft rausgenommen wird, wenn auf einmal ein frischer Wind aufzukommen droht, weil die Sesselschoasser Angst um ihre Sessel haben. Und bei den Sozialpädagogen ist es auch nicht anders, bei allem Fortschritt klebt tief drin doch immer noch die Autorität („Wir haben das ja schließlich studiert!“)

Dabei wär der erste Schritt in Richtung Traumwelt doch ganz einfach: Lasst die Menschen einfach machen. Und zwar ohne, dass dabei ein Oberer doch noch in den Sessel schoasst.

Artikel vom 18.03.2010
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