Frühere Mitarbeiter üben massive Kritik an Leiterin des Seniorenheims Bethel

Moosach · Die Fronten sind verhärtet

Gabriele Zwicklbauer und Heinz-Jürgen Paul bemängeln die Situation im Seniorenzentrum Bethel München.	Foto: ko

Gabriele Zwicklbauer und Heinz-Jürgen Paul bemängeln die Situation im Seniorenzentrum Bethel München. Foto: ko

Moosach · Hinter den Kulissen des Bethel-Seniorenzentrums Moosach brodelt es. Wie groß der Topf ist, der überzukochen droht, ist unklar. Die eine Seite spricht von mehreren ehemaligen Mitarbeitern und Personen, die bestimmte Vorfälle bestätigen könnten, die andere Seite sagt, das seien »nur ein paar Leute«. Im Zentrum der Kritik steht der Führungsstil von Hauptgeschäftsführerin Helene Sleiers.

Sie ist für den reibungslosen Ablauf im Seniorenzentrum verantwortlich. In den Bereichen Verwaltung und Pflege gibt es offenkundig keine Probleme. Nur hinsichtlich der Führung von Mitarbeitern melden sich Stimmen, die heftig Kritik an Sleiers üben.

Moosacher äußern sich zum Thema

Von »Angst und Mobbing« ist da die Rede, in der Folge verbunden mit Kündigungen seitens einiger Arbeitnehmer. Anderen Mitarbeitern wiederum sei vonseiten der Hauptgeschäftsführerin gekündigt worden. Dieser für Angehörige einiger Bewohner auffällig häufige Personalwechsel hat weitere Konsequenzen.

Fast jedes Mal, wenn Gabriele Zwicklbauer ihre Mutter besucht, ist ein neuer Pfleger zuständig. So kommt es der Tochter zumindest vor. Denn mittlerweile würde das Personal so häufig wechseln, »dass ich mir nicht mehr den Namen der Mitarbeiter merken kann«. Drei ehemalige Mitarbeiter des Seniorenzentrums an der Hugo-Troendle-Straße machen den Führungsstil von Helene Sleiers dafür verantwortlich und erheben die bereits genannten Vorwürfe. Gabriele Zwicklbauer, die beiden früheren Mitarbeiter Heinz-Jürgen Paul und Silvia Kren sowie eine dritte Person, die im Pflegeheim tätig war und ihren Namen nicht nennen möchte, bemängeln zum Beispiel »unbeherrschte Wutausbrüche« von Sleiers den Angestellten gegenüber. Um diesem Druck standzuhalten, würden Mitarbeiter Tabletten nehmen, sich psychisch betreuen lassen oder kündigen, sagt Paul.

Nun hat er Post von Helene Sleiers’ Anwalt bekommen, in dem dieser rechtliche Schritte wegen übler Nachrede ankündigt. Eine beigefügte Unterlassungserklärung hat Paul jedoch nicht unterschrieben. »Weil ich mit meinem Anliegen nicht allein bin. Schließlich gibt es Leute, die die Missstände bestätigen können.«

Wie Silvia Kren, die vier Jahre bei Bethel als Überleitungsfachkraft unter anderem für die Aufnahmen, Erstgespräche und Sterbebegleitung zuständig war. Gut ein Jahr hat Kren unter Helene Sleiers gearbeitet, dann kam die Kündigung – nachdem zunächst Krens Arbeitszeit verkürzt wurde und sie Aufgaben habe erledigen müssen, die nicht zu ihrem Tätigkeitsfeld gehörten. Kren habe daraufhin das klärende Gespräch mit Sleiers gesucht. »Wenn sie es nicht schaffen, können sie gehen«, sei die Aussage der Geschäftsführerin laut Kren gewesen. Sleiers wiederum beschreibt den Vorgang anders: Kren habe sich Verfehlungen schuldig gemacht, die eine Kündigung unumgänglich gemacht hätten. Beschwerdebriefe der drei ehemaligen Mitarbeiter und weiterer Betroffener an den Bethel-Vorstand in Berlin hätten nicht gefruchtet. Der Moosacher Anzeiger hat in Berlin nachgefragt und mit Dr. Katja Lehmann-Giannotti,

Vorstandsmitglied des Diakoniewerkes Bethel e.V., Produktdirektorin und zuständig für die Pressearbeit, gesprochen. Mit internen Revisionen würden seitens des Vorstandes in Sachen Wirtschaft und Finanzen und Medizin und Pflege die 17 Betriebe, die unter dem Dach des gemeinnützigen Vereines Bethel beheimatet sind, geprüft, sagte Lehmann-Giannotti am Telefon. Auch Vorwürfe wie die von den ehemaligen Mitarbeitern werden laut dem Vorstandsmitglied sehr ernst genommen. Trotzdem seien die Bethel-Einrichtungen jeweils eigenständig agierende, gemeinnützige Gesellschaften, »auch im Beschwerdemanagement«. Somit trage Helene Sleiers die Schlussverantwortung. »Nach unserer Struktur hat Frau Sleiers das Sagen.« Der Vorstand habe Sleiers als Hauptgeschäftsführerin für den Standort München gezielt ausgesucht: »Als jemanden mit wirtschaftlichem Sachverstand und der fachlich und inhaltlich topp ist«, sagt Lehmann-Giannotti. Belegen würden dies auch die Pflegeberichte, in denen seit dem Beginn von Sleiers’ Tätigkeit für Bethel »null Beschwerden« vorkämen. »Ich persönlich stehe hundertprozentig hinter Helene Sleiers und das tut der Vorstand auch«, sagt Katja Lehmann-Giannotti. Die Münchner Geschäftsführerin sei eine energische und durchsetzungsstarke Frau, die sich laut des Vorstandsmitglieds »in dieser Sache überhaupt nichts hat zu Schulden kommen lassen«.

Helene Sleiers selbst sagte auf Anfrage des Moosacher Anzeigers, dass den Mitarbeitern, die sich nun öffentlich beschweren, ein Betrieb mit über 100 Mitarbeitern entgegenstehe. »Diese Gewichtung geht also nicht auf.« Viele Pflegeeinrichtungen hätten mit Personalwechsel zu kämpfen, das sei in diesem Arbeitsbereich ganz normal. Speziell Heinz-Jürgen Pauls »Stimmungsmache gegen Bethel München« liegt laut Sleiers daran, dass der frühere Hausmeister nicht übernommen worden sei. »Herr Paul gräbt sich mit seinem Vorgehen seine eigene Grube.« Bei den Angehörigen der betreuten Personen habe die Pflegeeinrichtung »einen total guten Ruf«.

Daran zweifelt letztlich auch niemand. Es ist der Führungsstil von Helene Sleiers, der kritisiert wird. In Moosach sind es bislang ehemalige Mitarbeiter, die auf die Barrikaden gehen. Auch im schwäbischen Trossingen hätten sich Angestellte an die Öffentlichkeit gewandt, wie Redakteur Eric Zerm von der Schwäbischen Zeitung erklärt. Zum Hintergrund: In Trossingen betreibt der Diakonieverein Bethel ein weiteres Seniorenzentrum unter der Leitung von Hauptgeschäftsführerin Helene Sleiers. Ebenfalls in Trossingen ist das Dr. Karl-Hohner-Seniorenheim ansässig, wo Helene Sleiers vor rund drei Jahren als Leiterin tätig war. Auch dort hatte es massive Unzufriedenheit mit ihrem Führungsstil gegeben.

Dazu sagt Lehmann-Gianotti: »Frau Sleiers hat vor ihrer Einstellung bei uns davon berichtet. Wir haben uns aus vollem Herzen für sie entschieden.« Zum Hohner-Heim gebe es nach wie vor gute Beziehungen.

Das bestätigt Ewald Graf, Sprecher der Stiftung St. Franziskus Heiligenbronn, wenn auch zurückhaltend: »Wir achten auf gute Nachbarschaft.« Die Stiftung ist Träger des Hohner-Heims. Über die Gründe, warum Helene Sleiers seinerzeit das Hohner-Heim verlassen hat, möchte er nichts sagen, nur so viel: »Wir haben uns damals einvernehmlich getrennt, für die Stiftung ist das Kapitel damit abgeschlossen.«

Eine Veränderung der Situation in Moosach ist nicht in Sicht. Alle Beteiligten stehen zu ihren Positionen. Ob sich der Konflikt durch einen Dialog lösen lässt, ist fraglich; die Fronten sind verhärtet. In diesem Fall ist es eine Frage der Zeit, bis der Topf tatsächlich überkocht. Und wer sich dann daran verbrennt.

Kirsten Ossoinig / Carsten Clever-Rott

Artikel vom 20.10.2009
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