Pfarrer aus der Au, Haidhausen und Ramersdorf über Bräuche rund um Ostern

Wenn Orgeln wegfliegen

 Pfarrer Zierl von der Mariahilfkirche zelebriert den Palmsonntag, der die Karwoche einläutet.	Foto: Privat

Pfarrer Zierl von der Mariahilfkirche zelebriert den Palmsonntag, der die Karwoche einläutet. Foto: Privat

Au/Ramersdorf/Haidhausen · Ob aus Schokolade, Pappe oder im »Original«, ob marmoriert, regenbogenfarben oder metallisch schillernd – strenggenommen gibt es nur eine korrekte Farbe für Ostereier: Rot.

»Das Verschenken eines Eies hat eine lange Tradition, besonders das rotgefärbte«, erzählt Pfarrer Josef Zierl von der katholischen Pfarrei Mariahilf am Mariahilfplatz. Rot deshalb, »weil der Tod Christi als Befreiung von Sünde und Schuld verstanden wurde«, ergänzt Hans Luther von der evangelischen Rogatekirche, Ramersdorf, wo am Sonntag, 9.30 Uhr, sogar ein Deutsch-Koreanischer Ostergottesdienst stattfindet. Rot war im Mittelalter das sogenannte »Antlaßei«, so Luther weiter.

»Antlaßtag«, Tag der Entlastung, war der Gründonnerstag. An diesem Tag mussten die letzten als Steuerabgabe abzuliefernden Eier entrichtet werden. Das letzte Ei wurde feierlich als »Antlaßei« übergeben, damit war man schuldenfrei. Als in der Reformationszeit die Abgaben an die Herren entfielen, hielt man am bunten Geschenkei fest.

Später wanderte dieser Brauch auf den Ostersonntag. Dagegen führt Franz Leibiger, Dekan der Haidhauser Gemeinde St. Johann Baptist, den »Gründonnerstag« nicht nur auf »Grün«, sondern auf das mittelhochdeutsche »Greinen« zurück, also »Weinen«. Das vermutet auch Pfarrer Luther: An diesem Tag seien nach Ablauf der Bußzeit von den Sakramenten ausgeschlossene Sünder wieder in die Gemeinschaft der Kirche aufgenommen worden.

Die reuigen Büßer hätten sich in grüne Gewänder gekleidet, deshalb hieß der Gründonnerstag »Tag der Grünen«, dies viridium. Ebenso aß man grüne Kräuter, die zudem gegen Krankheiten helfen sollten – diese Tradition hat sich bis heute erhalten, z.B. mit Kräutersuppe oder Spinat. Das Blattgemüse steht ja auch gerne am nächsten Tag, dem Karfreitag, auf vielen Speiseplänen – nicht nur traditionell Fisch.

Denn der ist wie Aschermittwoch bei den Katholiken ein strenger Fast- und Abstinenztag, d.h. man darf kein Fleisch und sich nur einmal am Tag satt essen, erläutern Zierl und Leibiger. In der katholischen Kirche ist Ostersonntag, die Auferstehung Christi, der höchste Feiertag, in der evangelischen Kirche war es früher eher der Karfreitag.

Denn die Vergebung der Sünden sei mit dem Tod Christi besiegelt, erklärt Pfarrer Luther. Während es hier Orgelmusik gebe, verstummen bei den Katholiken nicht nur die Glocken – in St. Johann Baptist gibt es etwa »Holzklappern« – sondern auch die Orgel. Volkstümlich heißt es: »Sie sind nach Rom geflogen und kommen an Ostern zurück«. ms

Artikel vom 16.04.2003
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