Viele Themen an einem ruhigen Abend

Die meisten Bürger interessierte sich für die Verkehrsproblematiken aus dem Stadtgebiet

Untergiesing/Harlaching · Verkehr und die mannigfachen Belastungen für Anwohner durch Griller und laute Musik am Isarstrand – Hauptthemen neben dem erneut mit vielstimmigem Nachdruck postulierten Erhalt der Gartenstädte bei einer ansonsten vergleichsweise fast beschaulich anmutenden Bürgerversammlung für Untergiesing-Harlaching.

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Auffällig: Zwei wichtige Themenbereiche wie die Flüchtlingsfrage und die Belastungen für Anwohner rund ums Sechzger-Stadion wurden von den Antragstellern unter den rund 250 Besuchern kaum oder im Stadion-Falle gar nicht thematisiert. Auf viel Beifall traf in der Flüchtlingsfrage ein mehrstimmiger Antrag für ein Begegnungscafé auf dem ab Dezember als Unterkunft genutzten Osram-Gelände (wir berichteten). Dabei sollen auch die Asylsuchenden selbst mit anpacken. In der Flüchtlingsfrage und auch in der Causa Stadion hatte offenbar auch der örtliche Bezirksausschuss gut vorgearbeitet. Im Oktober waren die Detailfragen zu beiden Themenkomplexen auf separaten Themen-Veranstaltungen vorerst gut abgearbeitet worden (wir berichteten Ausgabe).

Themenkomplex Verkehr war hoch im Kurs

Die meisten aller Anträge beim Stelldichein der Untergiesinger und Harlachinger Bürger 2015 gab es auf dem Sektor Verkehr. Ein Reizthema dabei: die Abkoppelung der stärkstens frequentierten Buslinie 52, der sogenannten Tierparklinie, von ihrem bisher angestammten Endhaltepunkt am Marienplatz. Im Zuge der Hugendubel-Bauarbeiten gleich nebenan zunächst für die Bauzeit geplant, ist mittlerweile längst beschlossene Sache, den Bushalt vom München weit in Sachen ÖPNV (öffentlicher Personennahverkehr) höchstfrequentierten Marienplatz endgültig abzuhängen. Eine Entscheidung der städtischen Verkehrsbetriebe, die in der Versammlung vor allem Unverständnis hervorrief.

Im Einklang mit dem Bezirksausschuss forderte Solveig Hörtensteiner, die Verbindung zwischen Tierpark und Innenstadt »so zu belassen, wie sie ist.« Hörtensteiner ging sogar einen Schritt weiter. Sie unterstellte der städtischen Verkehrspolitik die bewusste »Taktik«, durch eine Verschlechterung des ÖPNV-Angebotes ein geplantes Parkhaus am Saum des Tierparks weiter befördern zu wollen. Gegen das immer konkretere Vorhaben der Stadt und der MVG kreisten bereits in der Bürgerversammlung Unterschriftenlisten.

Bei der Abstimmung votierte eine klare Mehrheit für einen Erhalt der alten Streckenkonzeption. Besänftigt wurden die Anwesenden auch durch die Ankündigung der MVG nicht, wobei der Takt auf der Linie 52 besonders an Wochenenden auf einen 6-7-Minuten-Intervall verdichtet werde. Die Linie bleibt Streitfaktor. Dagegen zeigten die Versammlungs-Teilnehmer mit starker Mehrheit Einsicht, nach dem Ende der laufenden Bauarbeiten an der Tegernseer Landstraße die alten Linien 15 und 25 wieder auf den üblichen Wegen zwischen Grünwalder und Max-Weber-Platz verkehren zu lassen.

Eine ständige Ausweitung der derzeitigen Behelfslinien 37 und 38 von Grünwald über das Museumsviertel bis nach Schwabing fand keine Mehrheit. Unterstützt wurde auch der Vorstoß von Petra Igelmann, gerade auch die Anwohner in und um die Naupliastraße besser vor dem Ring-Vekehrslärm zu schützen. Ihr Antrag, die Tempo-50-Zone aus der Stadt bis zum Waldsaum des Perlacher Forstes zu verlängern, wurde von der Mehrheit unterstützt. Auch der dringende Wunsch einer Anwohnergemeinschaft, entlang der Straße am Perlacher Forst den örtlichen Rasern künftig durch verkehrsregulierende Maßnahmen der Stadt verbessert Einhalt zu gebieten und auf der rund einen Kilometer langen Trasse die verordneten Tempßo 30 durchzusetzen, entsprach dem Versammlungs-Mehrheitswillen.

Trotz der vorangegangenen Einschätzung der städtischen Straßenplanung, weitere Nachbauten und Verengungen fänden vor Ort »keine Akzeptanz«. Die potentiellen Verkehrsberuhiger schreckte diese Sicht nicht. Mehrheits-Wohl bekam auch die Anwohner-Forderung aus dem Karree rund um Albret-Dürer-Straße, Birkenleiten und Ludmillastraße, dem örtlichen Parkdruck durch eine Ausweitung der Parklizensierung auf dieses Gebiet Herr zu werden. Durch einen neuen Radweg im Umgriff von Schönstraße und Auer Mühlbach sollen künftig die wilden, unfallträchtigen und für die Pächter oft ärgerlich-nervigen Radexkursionen durch deren Kleingartenanlage vor Ort kanalisiert und auf vernünftige Bahnen gelenkt werden. Dem Bürgerantrag wurde mehrheitlich entsprochen, die Stadt sagte auch vor dem Hintergrund einer wichtigen Schulwegverbindung vor Ort eine detaillierte Prüfung zu.

Isar-»Flimmern« – Belastung durch Dauergriller

Der Untergiesinger Paul Riedel hatte bereits zuletzt im BA Untergiesing-Harlaching detailreich über die vielen Missstände und Belastungen für die Isaranwohner berichtet und forderte auch im Rahmen der Bürgerversammlung deutliche Nachbesserungen in Sachen Lärm- und Geruchstbelästigung. Noch konkreter wurde Simone Raudonat. In einem engagierten Beitrag klagte die junge Dame über ihre aufgrund der vielfältigen Belastungen durch sommerliche Dauergriller neu entfachte und vestärkt zurückgekehrte Asthma-Krankheit, die ihr bei gleichbleibenden Zuständen einen Umzug auferlegen würden. »Ich will aber dort bleiben, weil ich mich eigentlich dort sehr wohl fühle«, rief sie der Versammlung zu. Allerdings sei sie des bislang erfolglosen Rufs nach Kompromissen müde. Raudonat forderte deshalb ein komplettes Grillverbot in den Isarauen. Die Mehrheit der Versammlung stimmte dem Anliegen zu. Die Stadt will aber zunächst einen anderen Weg beschreiten. Demnächst soll ein runder Tisch mit den Vor-Ort-Beteiligten einvernhemliche Lösungsmöglichkeiten ausloten.

Gartenstadt- Gerangel

Die Besorgnis über den gar nicht mehr schleichenden Wandel entlang der einst beschaulichen Münchner Gartenstädte machte vor dem Hintergrund massiver Neubauaktivitäten auf sensiblem Stadtgrund einmal mehr auch vor der Bürgerversammlung Untergiesing-Harlaching nicht Halt. Andreas Dorsch vonseiten der Bürgerinitiative Gartenstadt forderte erneut einen Ensembleschutz des sensiblen Bereiche im Quartier Über der Klause, entlang von Linden- Ulmen- und Hochleite. Eine Forderung, die zwar von der Versammlung einstimmig unterstützt wurde. Wenig Segensreiches in der Streit-Sache verlautete allerdings vonseiten der Vertreterin der städtischen Lokalbaukommission. Zum einen sei für den Ensembleschutz nicht die eigene Behörde, sondern das Landesamt für Denkmalschutz zuständig. Zudem laufe in Sachen Erhalt der Gartenstädte derzeit und noch immer eine städtische Detailprüfung. »Wir sind als Stadt aber halt machtlos, wenn Baurecht besteht«, offenbarte die anwesende LBK-Vertreterin Bekanntes. Den gleichen Zuruf richtete sie auch an Gabriele von Weltzien. Die Dame beklagte den Umstand, dass »verdammt viel gebaut werde« in Gartenstadt und rund um die Menterschwaige. »Hier werden riesige Schneisen geschlagen«, weil selbst über 100jährige Bäume den riesigen Baukomplexen geopfert würden.

Von Weltzien forderte, besonders diesen sehr alten und schönen Bäumen etwa an Grundstücksgrenzen einen besonderen Bestandsschutz angedeihen zu lassen. »Wo ist denn da der Baumschutz?« rief sie Versammlung zu und erntete reichlich Zustimmung. Die Stadtvertretung freilich zeigte real-kommunale Hilflosigkeit auf. Neben dem Verweis auf Baurecht gab die LBK-Vertreterin lediglich den Hinweis, die Fällungen würden durch »umfangreiche Ersatzpflanzungen ersetzt«. Gewachsene und immer mehr gefällte Baumstrukturen kann dies freilich nicht wiederbringen. Harald Hettich

Artikel vom 18.11.2015
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