Einen Lebenstraum erfüllt

Ramersdorf · Erlebnisbericht von Ulrich Vormbrock über die Überquerung der Straße von Messina

Die Begleitboote waren immer zur Sicherheit an Ulrich Vormbrocks Seite, als er sein Abenteuer »Messina-Überquerung« startete.  	Foto: privat

Die Begleitboote waren immer zur Sicherheit an Ulrich Vormbrocks Seite, als er sein Abenteuer »Messina-Überquerung« startete. Foto: privat

Ramersdorf · Ulrich Vormbrock, freiberuflicher Software-Entwickler, erfüllte sich am 23. Oktober mit der Messina-Überquerung, schwimmend seinen Lebenstraum. Ursprünglich wollte ich eigentlich nur meine Schwimmtechnik verbessern und auf 1000 Meter eine bessere Zeiten schwimmen.

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aher nahm ich Schwimmunterricht bei einem ausgebildeten Trainer, welcher mir wertvolle Tipps in Bezug auf Technik gab und mich zudem dazu anhielt, nach einem fest vorgegebenen Plan zu trainieren. Parallel holte ich mir auf YouTube einige Anregungen in Bezug auf Schwimmstil und entdeckte dabei eher zufällig ein Video über die Überquerung der Straße von Gibraltar. Das Feuer für das »Open Water Swimming« war entfacht, und mir war klar: Irgendwann werde auch ich von Tarifa nach Marokko schwimmen!

Diese Meerenge aus eigener Kraft zu bewältigen ist jedoch kein leichtes Unterfangen, da man auf einer Strecke von zirka 20 Kilometern immer wieder gegen hohe Wellen und starke Strömungen ankämpfen muss. Als sogenannter »Neuling« im Langstreckenschwimmen wollte ich diese Herausforderung noch nicht annehmen, zumal der ganze Spaß 1.800 Euro unter anderem für Begleitboot, Organisation, Arzt an Bord kostet, und ich einen derartigen Betrag nicht leichtfertig in den Sand setzen wollte. Also, schaute ich mich erst einmal nach einer Alternative um, welche auch mit geringerem Trainingsaufwand zu bewältigen ist: die Straße von Messina.

Im September dieses Jahres machte ich im Internet einen bekannten italienischen Langstreckenschwimmer namens Nino Fazio ausfindig, der neben seinen eigentlichen Schwimm-Aktivitäten auch sämtliche Messina-Überquerungen organisiert. Die Meerenge auf eigene Faust und ohne Begleitboot zu überqueren, wäre in Anbetracht von tückischen Strömungen und Schiffsverkehr lebensgefährlich und ist daher nicht erlaubt!

Nino schrieb mir, dass meine Messina-Überquerung bei den Hafenbehörden in Messina anzumelden sei. Außerdem müsse ich ein sportärztliches Zeugnis vorweisen. Nino wies darauf hin, dass in der Regel die behördliche Genehmigung etwa 30 Tage lang dauert, so dass ich erst frühestens Mitte Oktober starten könne. Er gab mir zu bedenken, dass im Oktober das Wetter nicht mehr so stabil sei – und ich schlimmstenfalls mein Vorhaben auf nächstes Jahr verschieben müsse. Ich willigte trotz Schlechtwetter-Risiko ein und veranlasste die Vorbereitungen.

Ich selber trainierte eifrig und kam dabei auf zirka fünfzig geschwommene Kilometer im Monat. Mithilfe meines Trainers sollte ich mit gezieltem Technik-Training meine Wasserlage weiter stabilisieren, um nicht unnötig Vortrieb beim Schwimmen zu verschenken. Denn bei längeren Strecken ist es nicht unerheblich, kraftsparend und somit ökonomisch zu schwimmen. Nino, der ja vor Ort meine Messina-Überquerung organisierte, schrieb mir, dass aufgrund von Strömungen und Gezeiten mein Start erst am 23. Oktober möglich sei.

Zwei Tage vor der geplanten Messina-Überquerung flog ich nach Catania und freute mich, dort gutes Wetter vorzufinden. Die Wetterprognosen für die gesamte Woche waren zudem sehr positiv, so dass meinem Vorhaben nichts mehr im Wege stand. Ich quartierte mich im Ort »Torre Faro« ein. Genau von dort aus sollte meine Überquerung starten. Mein Schwimmtrainer empfahl mir, mich am Tag vor der Überquerung körperlich nicht allzu sehr zu verausgaben und nur maximal 1,5 Kilometer zu schwimmen, um Wassergefühl im offenen Meer zu entwickeln. Aufgrund gefährlicher Strömungen empfahl mir Nino zudem, eher nördlich auf der tyrrhenischen Seite Siziliens zu schwimmen und unbedingt die Straße von Messina zu meiden.

Am 23. Oktober war es soweit: Nino holte mich bei schönstem Wetter gegen 10 Uhr ab und begleitete mich zum Strand, wo die gesamte Crew mit zwei Begleitbooten auf mich wartete. Nino machte mich mit dem Team bekannt und gab mir die letzten Anweisungen. Mein Start war für 11 Uhr festgelegt, da laut Auskunft des Hafenamts die Meerenge für etwa eine Stunde frei von Schiffsverkehr sein sollte. Doch plötzlich tauchte aus nördlicher Richtung ein Kreuzfahrtschiff sowie die italienische Marine auf. Meine Leute wurden nervös, und einer von ihnen telefonierte recht hektisch mit den Hafenbehörden in Messina. Um 11.15 Uhr fiel dann aber endlich der Startschuss, und ich durfte mich in die Fluten von Skylla und Charybdis begeben. Links neben mir fuhr das erste Begleitboot, von welchem aus ich per Handzeichen gelotst wurde. In dem zweiten Begleitboot rechts neben mir befanden sich ein Arzt sowie zwei sogenannte »cronometrista«, welche meine Schwimmzeit und auch meine Armzugfrequenz festhielten.

Der erste Teil meiner Strecke verlief sehr ruhig, ich konnte ohne viel Mühe durchs Wasser gleiten. Nino gab mir immer wieder Handzeichen und forderte mich auf, näher am linken Begleitboot zu schwimmen. Zwei andere Besatzungsmitglieder dokumentierten mein Abenteuer per Video und Foto. Zur Mitte hin wurde die See jedoch unruhig, und ich hatte mit recht hohen Kabbelwellen zu tun. Gott sei Dank, kamen die Wellen von der rechten Seite, denn da ich beim Schwimmen links einatme, hatte ich während der gesamten Überquerung kaum Wasser geschluckt. Ich konzentrierte mich während meines Schwimmens ohnehin auf Kurs, Technik und Atmung.

Der Bootsführer des ersten Begleitbootes kannte die Straße von Messina wie seine eigene Westentasche und wusste genau, wo sich die gefährlichen Strömungen und Wasser-Strudel befanden. Er verstand es außerdem, die Route so vorzugeben, dass ich von günstigen Strömungen profitieren konnte und somit trotz eines kleinen Umweges schneller ans Ziel kam, als wenn ich geradlinig geschwommen wäre!

Die Zeit während des Schwimmens verging wie im Fluge, und nach genau 45 Minuten und 21 Sekunden erreichte ich das kalabrische Ufer auf der Höhe von Cannitello. Ich war überglücklich, als ich wieder festen Boden unter den Füßen hatte. Mit dem Durchschwimmen der Straße von Messina habe ich mir einen Lebenstraum erfüllt! Aber nicht nur das: die Überquerung hat mir gezeigt, dass ich mittlere Strecken problemlos bewältigen kann – daher könnte ich mir gut vorstellen, mit intensiverem Training nächstes Jahr die Straße von Gibraltar zu meistern. Auf youtube kann man sich das Erlebnis auch auf Video anschauen.

Schwimm-Daten

Start: Torre Faro (Sizilien) - 23. Oktober 2013 um 11.15 Uhr
Ziel: Cannitello (Kalabrien) - um 12 Uhr
Entfernung: 3,2 Kilometer (je nach Strömungs-Verhältnissen bis zu knapp 4 Kilometer)
Offizielle Schwimm-Zeit: 45.21 Minuten
Armzugfrequenz: 73 pro Minute

Artikel vom 20.11.2013
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