Diskussion um neuen Autobahnanschluss an die A 99

München/Feldmoching · „Kann sein, dass er gar nicht kommt“

Die Bürger äußerten viele Wünsche (von links): Georg Loy, Hans E. Mayer, Klaus Backer, Manfred Schreibauer und Marc Reimann. Foto: ws

Die Bürger äußerten viele Wünsche (von links): Georg Loy, Hans E. Mayer, Klaus Backer, Manfred Schreibauer und Marc Reimann. Foto: ws

München/Feldmoching · Der mögliche neue Autobahnanschluss an die A 99 in Feldmoching oder am Hasenbergl bewegt die Bürger im Münchner Norden und Schwabing wie kein anderes Thema.

Knapp 1.500 Stadtteil-Bewohner kamen am Dienstag, 4. Dezember, in die Mehrzweckhalle an der Georg-Zech-Allee in Feldmoching zu einer außerordentlichen Bürgerversammlung, um die Planungen der Stadt zu sehen. Sofort entspann sich eine engagierte Debatte um die Notwendigkeit eines solchen Verkehrsprojektes. Es hagelte herbe Kritik. „Wir wollen keine verkehrsreiche Straße durch dicht besiedelte Wohngebiete“, forderte eine Bewohnerin aus dem neuen Quartier Nordhaide. Ein Bürger nannte das Vorhaben der Stadt schlichtweg ein „Desaster“ für die Anwohner. Denn „man kann hier im Münchner Norden noch sehr gut wohnen“, meinte sich ein anderer.

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Fast einstimmig forderte die Versammlung deshalb die Stadt auf, keine zusätzlichen Ein- und Ausfallstraßen im Münchner Norden zu bauen. „Die Anwohner werden durch Lärm und Gestank weiter belastet“, begründete eine Rednerin ihre ablehnende Haltung. Ein neuer Autobahnzubringer würde nur den Interessen einzelner Großkonzerne nutzen sowie den von weither anreisenden BMW-Mitarbeitern. Der Münchner Autobauer solle seine Gütertransporte verstärkt auf die Schiene verlagern.

Drei Varianten für einen möglichen Autobahnzubringer im Münchner Norden hatte die Stadtverwaltung untersucht. Georg Dunkel vom Planungsreferat musste eingestehen, dass alle drei Verkehrstrassen nicht optimal seien. Als einziges wolle man die Anbindung der Schleißheimer Straße an die A 99 „als Option offen halten“ und diese Variante in den nächsten Jahren vertieft prüfen. Aus Sicht der Stadtplaner habe diese Variante zwar „Vorteile bei der verkehrlichen Wirkung, aber in anderen Kriterien viele Nachteile“, sagte Dunkel.

Auf der Schleißheimer Straße sei eine deutliche Verkehrszunahme zu erwarten. Deshalb müsse man Lärmschutzmaßnahmen sehr genau prüfen. Ein Tunnel ist aber auch wegen der angrenzenden Naturschutzgebiete Hartelholz und Panzerwiese geplant. Die große Mehrheit der Anwesenden plädierte dafür, dass die Stadt München, falls sie tatsächlich diese Variante realisiert, einen rund 3 Kilometer langen Tunnel von der A 99 bis zur Rathenaustraße bauen solle. Das hatte auch schon die SPD-Stadtratsfraktion beantragt.

Ein Bürger schlug vor: „Wenn wir schon einen Tunnel bauen, dann lieber unter der Ingolstädter Straße.“ Denn sie verfüge bereits über einen Autobahnanschluss. Auf diese Weise würden die Anwohner in der Ingolstädter und in der Schleißheimer Straße entlastet. Dass eine Untertunnelung teuer ist und wie im Falle der Schleißheimer Straße 100 Millionen Euro oder mehr kosten würde, das ließen die Bürger nicht gelten. Denn immerhin „wird hier im Münchner Norden viel Geld verdient, warum fließt es nicht in den Münchner Norden zurück“, fragte ein Anwohner.

Deshalb forderten mehrere Redner mit fast einstimmiger Unterstützung der Anwesenden, dass die Stadt das Geld aus der Gewerbesteuer in Infrastrukturmaßnahmen stecken solle, insbesondere in neue, tangentiale U-Bahn-Verbindungen quer durch den Münchner Norden. Aber auch in neue Tramlinien und neue Park-and-Ride-Anlagen am Stadtrand. Horst Mentz vom Planungsreferat räumte denn auch ein, dass es im öffentlichen Nahverkehr Nachholbedarf gebe, doch das sei teuer.
Sein Kollege Georg Dunkel hatte gleich zu Beginn der Versammlung klargestellt, dass zum Beispiel für eine U-Bahn-Verbindungsspange zwischen der Haltestelle „Am Hart“ der U2 über Heidemannstraße und Bayern-Kaserne zur U6 mit den Haltestellen „Kieferngarten“ oder „Fröttmaning“ die Kosten um ein Vielfaches über dem Nutzen lägen und man deshalb keine Zuschüsse bekommen werde.

Die Stadt wolle aber in ihren weiteren Überlegungen zum Verkehrskonzept München-Nord „den Schwerpunkt auf den öffentlichen Nahverkehr legen“, kündigte Dunkel an. So solle die Verlängerung der Tram 23/24 als geplante Maßnahme im Verkehrsentwicklungsplan festgeschrieben und die Nutzung des DB-Nordrings als weitere Tangentialverbindung im Münchner Norden untersucht werden. Die Anwesenden vernahmen das mit großer Freude. Gefordert wurde außerdem eine rasche Beseitigung der Bahnübergänge der S1, insbesondere am S-Bahnhof Fasanerie, sowie die Verlängerung der Lassallestraße nach Norden.

Alle Forderungen der Bürger seien bei der Stadtverwaltung angekommen, versicherte Mentz. Man werde bei den weiteren Planungen alles „mitberücksichtigen, so weit es geht.“ Denn, und das ist die wirklich gute Nachricht für die Gegner neuer Verkehrstrassen im Münchner Norden, beschlossen ist noch nichts. Bürgermeisterin Christine Strobl betonte am Rande der Versammlung, dass dazu der Grundsatzbeschluss im Stadtrat erst noch kommen werde. Ob die Schleißheimer Straße tatsächlich an die A 99 angebunden wird, ist also noch nicht entschieden. Und dann kommt es vor allem noch darauf an, ob die Stadt tatsächlich so viel Geld locker macht. Denn eins steht für Versammlungsleiterin Strobl fest: Je länger der Tunnel, desto teurer das Projekt und desto schwieriger die Finanzierung. „Es kann sein, dass es gar nicht kommt.“ Von Wally Schmidt

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Artikel vom 06.12.2012
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