Hallbergmoos übernimmt selbst Kosten für neues Schulprojekt

Hallbergmoos · Stolpersteine vom Staat

Die neuen Container für die 9 plus 2-Schüler stehen schon.	Foto: bb

Die neuen Container für die 9 plus 2-Schüler stehen schon. Foto: bb

Hallbergmoos · Die Gemeinde Hallbergmoos ist nicht nur eine der jüngsten Gemeinden in Bayern (Durchschnittsalter 37,83 Jahre), sie tut auch extrem viel für ihre Kinder: fünf Kindergärten, zwei Horte und zwei Krippen (die dritte gerade im Bau) gibt es.

Kräftig bezuschusst werden Tageselternprojekte, Babysitter-Service, Zwergerlstüberl, Mittagsbetreuung und die offene Ganztagsschule. Neben der Grund- und Mittelschule wollte man schon lange eine Realschule haben. Das hat aus verschiedenen Gründen nicht geklappt, doch dafür konnte man sich das neu eingeführte »9 plus 2«-Projekt sichern, ein weiterer Weg, den mittleren Bildungsabschluss zu erreichen. Doch dafür muss die Gemeinde jetzt auch mal wieder tief in die prallvoll gefüllte Geldtasche greifen. »Wir müssen aufpassen, dass wir es nicht übertreiben. Wir eignen uns langsam das Prädikat ›Der reiche Onkel aus dem Moos zahlt alles‹ an – das darf nicht sein«, warnt Heinrich Lemer (FW). Vorausgegangen war eine Sitzung, als dem Gemeinderat mitgeteilt wurde, dass Hallbergmoos nun offiziell vom Schulamt in Freising die Genehmigung des »Schulversuchs 9+2« erhalten hatte. »Wir haben darum gekämpft und jetzt die Zusage erhalten.

Weiterer Artikel zum Thema

Schon ab 13. September können bis zu 30 Kinder aus Hallbergmoos, Eching oder Neufahrn, die einen ›guten‹ Quali in der Tasche haben, noch zwei Jahre weiter bei uns auf die Mittelschule gehen und einen mittleren Schulabschluss, gleichwertig der Mittleren Reife, machen«, verkündete stolz Bürgermeister Klaus Stallmeister noch im Juni. Das Modell »9+2« kommt nun als fünfte Möglichkeit, einen mittleren Bildungsabschluss zu erreichen, neben Realschule (Mittlere Reife), Mittelschule (nach zehn Schuljahren), Mittelschule (Quali plus beruflichen Abschluss) sowie als »Quabi«, auf der Berufsschule/Berufsfachschule. 9+2 bedeutet, dass alle Schüler die Mittlere Reife nicht nach einer zehnten Klasse ablegen, sondern ein elftes Schuljahr anhängen.

Das hat den Vorteil, dass für die Bearbeitung des Unterrichtsstoffs, und damit der Prüfungsvorbereitung die doppelte Zeit verfügbar ist. Positiver Effekt: Der Zeitdruck, der gerade in der M 10 groß ist, wird entschärft. »Unsere neue Schule wird dann für die ›Spätzünder‹ die Möglichkeit des mittleren Schulabschlusses bieten, aber auch für die Rückkehrer von Gymnasium oder Realschule. Nach meiner Einschätzung spielt es heute keine Rolle mehr, ob man eine ›echte‹ Mittlere Reife hat oder ›nur‹ einen mittleren Abschluss hat. Entscheidend sind nur noch die guten Noten«, so Stallmeister. Doch das Schulamt hat nicht die gewünschten 30 Schüler erlaubt, es dürfen in der einen Klasse nicht weniger als 20 und maximal 25 Schüler sitzen, eine Parallelklasse wurde nicht genehmigt. »Das ist schon sehr eigenartig. Da will man im Kultusministerium einen neuen Weg, baut aber sofort wieder Sperren ein«, wundert sich der Bürgermeister.

Da schon 27 feste Anmeldungen (13 aus Neufahrn, eine aus Dietersheim, zwei aus Eching und elf aus Hallbergmoos) plus zwei mündliche Zusagen vorliegen, steckt die Gemeinde nun etwas in der Zwickmühle. »Erst werben wir dafür, sagen den Schülern zu und dann sollen wir sie wieder ausladen? Das fände ich sehr unfair – und vor allem: Wen sollen wir ablehnen?«, fragte der Bürgermeister. Er und die Schulleitung um Rektorin Marion Bauer wollten kein Auswahlverfahren und mit allen 27 Schülern starten – doch um eine gute Qualität in den Kernfächern Mathematik, Deutsch und Englisch zu erreichen, sei eine zusätzliche, freiberufliche Lehrkraft für 15 Schulstunden notwendig. »Das ist zwar ganz klar die Aufgabe des Freistaats, doch der hat abgewinkt, auch von der Realschule Eching können wir keine Unterstützung erwarten, die sind selbst völlig überlastet. Also zahlt die Gemeinde diesen Lehrer selbst, bei einem Stundenlohn von 35 Euro ergibt das für das gesamte Schuljahr eine Summe von rund 19.500 Euro«, so Stallmeister. Er wolle aber auf alle Fälle auf seine Kollegen in Eching und Neufahrn zugehen, dass die sich finanziell beteiligen sollen. »Aber von deren Zustimmung machen wir das nicht abhängig, wir wollen das Projekt 9 plus 2 perfekt durchziehen.«

Konrad Friedrich (SPD), Robert Wäger (Grüne), Dr. Marcus Mey (CSU), unterstützten den Vorschlag von Stallmeister. »Wir geben so viel Geld für unmögliche Projekte aus, das ist mit Sicherheit gut angelegt«, so Mey. Karl-Heinz Zenker (FW) sprach sich klar dagegen aus: »Das ist eine originäre Aufgabe des Staates – wenn jetzt die Eltern der dritten oder vierten Klasse auch einen zusätzlichen Lehrer wollen, zahlen wir den dann auch noch? Da machen wir ein Fass auf, da können wir den Boden nicht sehen. Außerdem sind 27 Schüler nicht so viel, da brauchen wir keinen zusätzlichen Lehrer.«

Letztlich stimmte der Rat mit großer Mehrheit dem Antrag Stallmeisters zu, der zusätzliche Lehrer wird für zwei Jahre bezahlt, die anderen Gemeinden sollten sich nach Möglichkeit finanziell beteiligen. Zudem wird die Gemeinde auch den seit einigen Jahren erfolgreich praktizierten Förderunterricht für die achte und neunte Klassen (vier Stunden pro Woche), Kosten für das Schuljahr 2012/2013 rund 7.600 Euro, auf die neuen zehnten und elften Klassen des 9+2-Projekts ausweiten, hierfür kalkuliert man Ausgaben von 3.800 Euro.

Schulbeginn zehn Minuten später

Schon im Bau ist der erforderliche dritte Finger an der Mittelschule (Kosten 2,7 Millionen Euro), die Fertigstellung der sechs Klassenzimmer (da die Mittelschule schon fast aus allen Nähten platzt) ist für Herbst 2013, spätestens Frühjahr 2014 geplant. Ab 13. September werden die neuen Schüler erst einmal in drei Containern zwischen Mittelschule und Hort Meilensteinhaus untergebracht. Unproblematisch ist zwar die Heimfahrt der Schüler aus Neufahrn, Eching und Dietersheim mit dem MVV nach Unterrichtsende. Damit sie aber pünktlich zum Schulbeginn in Hallbergmoos sein können, war der nächste Kraftakt notwendig.

Bei einer der diskutierten Varianten hätten sich die Echinger bereits um 6.32 Uhr, die Neufahrner um 6.46 Uhr in den öffentlichen Bus setzen müssen, wären um 7.03 Uhr am Rathaus und hätten dann bis 7.45 Uhr im Freien bis zur Schulöffnung warten müssen. Eine zweite Möglichkeit hätte über den Flughafen Besucherpark geführt, was ein zweimaliges Umsteigen und deutliche Mehrkosten bedeutet hätte. Die dritte Alternative wäre wieder der direkte Weg mit dem öffentlichen Linienbus von Eching (7.16 Uhr) und Neufahrn (7.36 Uhr) – aber die Ankunft um 7.54 Uhr am Rathaus hätte einen pünktlichen Schulbeginn um 8 Uhr unmöglich gemacht. Einer Verlegung des Schulbeginns auf 8.05 oder 8.10 Uhr stimmte Rektorin Bauer zunächst nicht zu, da die Lehrer der Mittelschule und 9+2 auch an der Grundschule eingesetzt werden, das ginge organisatorisch nicht. Nach einer nochmaligen Besprechung dann doch die Ideallösung: Schulbeginn für die neue zehnte Klasse ist um 8.10 Uhr, der Schulschluss um 13.15 Uhr. bb

Artikel vom 04.09.2012
Auf Facebook teilen / empfehlen Whatsapp

Weiterlesen





Wochenanzeiger München
 
Kleinanzeigen München
 
Zeitungen online lesen
z. B. Samstagsblatt, Münchener Nord-Rundschau, Schwabinger-Seiten, Südost-Kurier, Moosacher Anzeiger, TSV 1860, ...