SamstagsBlatt-Redakteurin Gabriele Heigl zum Thema

München · So seh ich das! Friedhöfe als öffentlicher Raum

München · Mindestens einmal im Jahr trifft man sich mit der ganzen Familie auf dem Friedhof. Nicht fehlen dürfen dabei gut gefüllte Picknick-Körbe, Decken und Stühle, Kind und Kegel. Und: Schwämme, Lappen und Putzmittel!

Denn dann treffen sich die Chinesen zum Grabreinigungsfest bei den letzten Ruhestätten ihrer toten Ahnen. Wer einmal Chinesen in der Gruppe gesehen hat, kann sich vorstellen, dass es dabei gewiss nicht leise und besinnlich zugeht. Ganz anders bei uns in Europa. Wenn es um Glauben, Kirche, Friedhof geht, wird pietätvolles Verhalten eingefordert. Wer sich nicht fromm, gesittet und still den Toten gegenüber verhält, benimmt sich daneben. Aber worin zeigt sich die wahre Ehrfurcht vor den Toten? Ich denke, man muss – wie so oft bei ethischen Fragen – die Grenzen dort ziehen, wo das eigene Verhalten die Gefühle anderer verletzt. Und hier sehe ich beim Friedhof das Problem hauptsächlich beim Lärm. Laute Musik, Bierflaschengeklirr, wildes Party-Geschehen – auch das gehört in Maßen zu einer lebendigen Stadt. Aber muss es ausgerechnet auf einem Friedhof sein, egal ob der noch „aktiv“ ist oder nicht? Andererseits: Warum es ein No-Go sein soll, auf einer Friedhofs-Grünfläche liegend die Sonne zu genießen oder zwischen den Grabsteinen hindurch zu joggen, verstehe ich nicht. Denn ich wünsche mir so viel Leben wie möglich dort, wo unsere Liebsten liegen. Ich denke, das würde ihnen gefallen. So seh ich das.

Weitere Artikel zum Thema

Artikel vom 09.08.2012
Auf Facebook teilen / empfehlen Whatsapp

Weiterlesen





Wochenanzeiger München
 
Kleinanzeigen München
 
Zeitungen online lesen
z. B. Samstagsblatt, Münchener Nord-Rundschau, Schwabinger-Seiten, Südost-Kurier, Moosacher Anzeiger, TSV 1860, ...