Albrecht Ackerland im Münchner SamstagsBlatt übers Friedhofsbier

München · Zum Thema der Woche: Halligalli auf dem Friedhof

München · Ich kenne ja ein paar Leute, die besuchen ihre verstorbenen Freunde und stecken ihnen eine volle Halbe aufs Grab. Auf dass sie sich langsam leere und die Resterl vom Freund quasi erheitere. Eine schöne Geste.

Ich weiß nicht, ob das erlaubt ist im Sinne der Friedhofsnutzung, denn als Mitbringsel für die toten Körper unter der Erde sind eigentlich Nelken vorgesehen und alles andere, was der Friedhofsgärtner so hergibt, natürlich immer in gedeckten Farben.

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Das etwas andere Grabgesteck, also die in die Erde gesteckte Bierflasche, hat meinen Freunden schon einen anständigen Ärger eingebracht, etwa mit einer Dame in beige, die sich entrüstete, ihr Tun sei mindestens Leichenschändung, dann ein Kreuzzeichen auf ihre eigene Stirn setzte, drei Gräber weiter ging und das Plastikkerzerl am Grab ihres verstorbenen Heinzi auswechselte. Beruf: Bierfahrer. Dem Heinzi seinem Körper hätte so eine Halbe sicher auch zur Ehre gereicht, aber in einen Menschen kann man nicht hineinschauen, in einen toten schon gleich gar nicht. Meine Freunde hatten überlegt, ob sie beim nächsten Mal dem Heinzi auch ein wohlverdientes Schluckerl mitbringen sollten. Aber besser nicht, denn es hätte vermutlich seine trauerbeige Frau ins Grab gebracht, wenn es herausgekommen wäre. Und so etwas will ja auch niemand.

Ich wünsche mir das auch so. Zwar wird mein Geist, wenn ich denn dahingeschieden, nicht mehr in meinem Leib innewohnen, wer will schon in einem toten Körper stecken. Aber die Würmerl und Keime und Schwammerl und all das andere Zeug, das die Resterl zusammenisst, die sind mir hochsympathisch. Sie sind's, die ein Bier verdient haben.

Wer hier anderer Meinung ist, dem sei gesagt: In so einem Bier ist auch Hopfen drin, ein angenehmes Kraut zum Entspannen. Ein Bier entspannt, macht angenehm müde. Ein herzhafter Schluck, der neben der Nelke versickert, passt also besser wie nichts sonst zur: Totenruhe. Gehet hin in Frieden. Also auf den Friedhof.

Artikel vom 09.08.2012
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