Fußgängerampeln: Senioren klagen über zu kurze Grünphasen

München · „Gefühlte zwei Sekunden“

Viele Senioren schaffen es nicht, bei Grünlicht die gegenüberliegende Seite zu erreichen. Stadtrat Marian Offman möchte, dass die Grünphase grundsätzlich auf 35 Sekunden erhöht wird. Foto: ikb

Viele Senioren schaffen es nicht, bei Grünlicht die gegenüberliegende Seite zu erreichen. Stadtrat Marian Offman möchte, dass die Grünphase grundsätzlich auf 35 Sekunden erhöht wird. Foto: ikb

München · In München steuern mehr als 1.100 Ampeln, im Fachjargon Lichtzeichenanlagen (LZA), den Verkehr. Dabei muss auf alle Verkehrsteilnehmer Rücksicht genommen werden. Autofahrer freuen sich über eine Grüne Welle, Fußgänger wollen problemlos die Straße überqueren können.

Doch wie lange haben sie Zeit dafür? „Grünzeiten werden für jede einzelne Fußgängerfurt an jeder LZA individuell ermittelt, geplant und geschaltet“, erklärt dazu Kreisverwaltungsreferent Wilfried Blume-Beyerle. Doch viele Bürger klagen über zu kurze Grünphasen an den Fußgängerampeln, vor allem die ältere Generation ist betroffen. „Da muss man ja ein Sprinter sein“, klagt eine 73-jährige Seniorin aus Bogenhausen. Zu kurz sei die Zeit, die gegenüberliegende Straßenseite zu erreichen. „Das sind gefühlte zwei Sekunden, dann ist wieder Rot.“ Tatsächlich schaltet die Ampel von Grün auf Rot, als die ältere Dame noch nicht einmal die Hälfte der Fahrbahn erreicht hat. Dahinter steckt Absicht und System zugleich. Jetzt beginnt nämlich für die Fußgänger die sogenannte Schutzzeit, die in aller Regel länger als die Grünphase ist.

Weitere Artikel zum Thema

Stadtrat Marian Offman (CSU) hatte beantragt, das Kreisverwaltungsreferat (KVR) möge prüfen, ob die Grünzeiten für Fußgänger „grundsätzlich auf 35 Sekunden erhöht werden könnten“. Blume-Beyerle ist die Thematik wohl bekannt, denn immer wieder klagen Bürger über zu kurze Grünphasen, bitten um Verbesserungen. „Bei jeder LZA-Planung besteht die Schwierigkeit, allen Verkehrsteilnehmern ausreichend lange Grünzeiten zur Verfügung zu stellen, ohne die Verkehrssicherheit für Fußgänger und Radfahrer, Beschleunigung der öffentlichen Verkehrsmittel oder Grüne Wellen zu reduzieren“, so der Experte.

Wie lange eine Fußgängerampel grün leuchtet, hängt von der Breite einer Straße ab. „Die Freigabezeiten an den meisten Fußgängerfurten in München sind so dimensioniert, dass bei normaler Gehgeschwindigkeit mindestens die Mitte der gegenüberliegenden Richtungsfahrbahn erreicht werden kann“, erläutert der Behördenchef. Anders ausgedrückt: Etwa drei Viertel der Straße sind überquert. Und normale durchschnittliche Gehgeschwindigkeit sind 1,2 Meter pro Sekunde, im Bereich von Seniorenwohnheimen 1,0 Meter pro Sekunde. Die Intervalle sind also gar nicht darauf programmiert, die ganze Fahrbahnbreite zu schaffen.

Schaltet die Ampel auf Rot, beginnt die Schutzzeit für die Fußgänger, die laut KVR wesentlich wichtiger für die Sicherheit ist als die Freigabezeit. Denn auch wer im allerletzten Augenblick bei grün startet, muss noch genügend Zeit haben, den gegenüberliegenden Gehweg zu erreichen. Nach einem Drittel des Überquerungswegs vor lauter Rotschreck kehrtzumachen, ist also nicht angebracht. „Somit ist gewährleistet, dass auch ältere Leute und Kinder im Rahmen der angebotenen Grün- und Schutzzeiten eine Straße sicher überqueren können“, versicherte Blume-Beyerle dem ehrenamtlichen Stadtrat. So weit der Experte. Indes schreckt das rote Signal auf, die Fußgänger laufen schneller, was aber gerade älteren Mitbürgern meist schwer fällt.

Am siebenspurigen kombinierten Fußgänger- und Radwegübergang mit Mittelteiler an der Münchener Straße in Haar fällt auf: Kommt man von der Ortsmitte, schaltet die Ampel nach dem Mittelteiler mit zwei Sekunden Verzögerung auf Grün. Hermann S. braucht ein Gehwagerl, lauert am Straßenrand auf Grün, trippelt dann sofort los. Kurz nach dem Mittelteiler schaltet die Ampel um. Der 78-Jährige ist erbost: „Das ist eine Sauerei, da bekomme ich richtig Angst“.

Blume-Beyerle stellt grundsätzlich klar: „Pauschale Erhöhungen von Grünzeiten für einzelne Gruppen sind nicht möglich, individuelle Korrekturen werden von uns immer ernst genommen und in die LZA-Software eingearbeitet“. Auch wenn’s gefühlt nicht immer so erscheint – die meisten Münchner wird dies sicherlich freuen. Schließlich legen sie laut einer Untersuchung 28 Prozent ihrer Wege zu Fuß zurück. Von Ina Köhler-Blessing

Artikel vom 21.06.2012
Auf Facebook teilen / empfehlen Whatsapp

Weiterlesen





Wochenanzeiger München
 
Kleinanzeigen München
 
Zeitungen online lesen
z. B. Samstagsblatt, Münchener Nord-Rundschau, Schwabinger-Seiten, Südost-Kurier, Moosacher Anzeiger, TSV 1860, ...