Tod des Meisterlöwen löst Diskussion um Sterbehilfe aus

München · Servus, Timo Konietzka!

München · Der erste Bundesliga-Torschütze Timo Konietzka hat sich im Alter von 73 Jahren für den Tod durch Sterbehilfe entschieden. Ihm zu Ehren findet am Mittwoch, 25. April, um 19 Uhr, ein Gedenkgottesdienst in der Pfarrei St. Markus in Neuaubing, Wiesentfelser Straße 49, statt. Fußballfans dürfen ihre Fahnen mitbringen.

Konietzkas Tod hat nun eine Diskussion zum Thema Sterbehilfe entfacht. Der unheilbar Kranke nahm die Freitodbegleitung der Schweizer Sterbehilfsorganisation Exit in Anspruch. Doch wie ist der Wunsch auf freiwilliges Sterben bei uns in Deutschland geregelt? Was ist erlaubt, was illegal? In Deutschland verbietet das Strafgesetzbuch Tötung auf Verlangen, also aktive Sterbehilfe. Suizid und Beihilfe zum Suizid sind dagegen keine Straftat. Das gilt allerdings nur für Angehörige, Ärzten ist der assistierte Suizid (Beihilfe zum Freitod) strikt verboten. Beim assistierten Suizid erhält der Patient ein tödlich wirkendes Mittel, das der Arzt allerdings nicht selbst verabreicht. Den letzten Schritt, also das Trinken des Giftcocktails, muss der Patient selbst vornehmen.

Schmerzlos, aber nicht würdelos

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Genau das hat Timo Konietzka getan. „Erst tranken wir Champagner und aßen Piccata mit Risotto“, sagt Witwe Claudia Konietzka. „Dann nahm er den Trunk zu sich. Er schlief ein, atmete mal ruhig, mal etwas schwerer. Ich sagte‚ ‚Timo, du musst nicht mehr atmen. Geh zu deiner Mutter'. Nach diesem Satz machte er seinen letzten Atemzug. Ich wünsche mir, auch einmal so friedlich sterben zu können. Schmerzlos, aber nicht würdelos“. Claudia Konietzka hätte prinzipiell die Möglichkeit, sich für einen assistierten Suizid mit ärztlicher Begleitung zu entscheiden, denn sie ist Schweizer Staatsbürgerin. Doch in Deutschland steht Schwerkranken diese Wahlmöglichkeit nicht offen. „Auch bei unseren Patienten taucht der Wunsch, dem Leben ein Ende zu setzen, immer wieder mal auf“, sagt Margit Kreibe, Palliativ-Care-Fachkraft beim Hospizdienst Da-Sein e.V. in der Karlstraße im Zentrum, „aber es wird auch rasch wieder davon Abstand genommen.“ Meist würden Ängste vor Isolation und Schmerzen in der letzen Lebensphase dahinterstecken. „Es ist unsere Aufgabe, den Patienten zuzuhören und ihnen andere Optionen als den Freitod zu eröffnen“.

Hilfe zum Leben, nicht zum Sterben

Dem stimmt auch Sepp Raischl, Leiter des Christophorus Hospiz in der Effnerstraße in Bogenhausen, zu. „Auch uns geht es um Selbstbestimmung“, sagt Raischl. „Die meisten Menschen wollen zu Hause sterben, in 80 bis 90 Prozent der Fällen können wir diesem Wunsch entsprechen.“ Die Einrichtung unterstützt die passive Sterbehilfe, „wenn jemand keine flüssige Nahrung mehr zu sich nehmen will, respektieren wir das.“ Den assistierten Suizid sieht Raischl allerdings skeptisch: „Einen Eingriff in das Leben halte ich für skandalös.“ Dahinter stecke meist ein Wunsch nach Kontrolle, „warum nicht der Natur freien Lauf lassen?“ Raischl kritisiert den Wiederbelebungswahn auf der einen Seite, der umschlägt in einen Wahn, das Ende selbst zu bestimmen. „Die Betroffenen brauchen Hilfe zum Leben, nicht zum Sterben“. Und wie stehen Ärzte zu diesem Thema? Die meisten halten sich bedeckt. Eine Ärztin des Harlachinger Krankenhauses, die namentlich nicht genannt werden möchte, verrät: „Es gibt viele Sterbenskranke, die sich einfach nur wünschen, möglichst schmerzfrei und in Würde sterben zu dürfen, aber uns sind die Hände gebunden.“ Von Stefanie Halbinger

Wichtige Begriffsdefinitionen zum Thema Sterbehilfe:

Aktive Sterbehilfe: Tötung des Patienten auf dessen ausdrücklichen Wunsch. Das Mittel wird ihm von außen, also aktiv, verabreicht. Aktive Sterbehilfe ist in Deutschland verboten.

Passive Sterbehilfe: Unterlassung oder Abbruch lebensverlängernder Maßnahmen. Falls der Betroffene aktuell nicht mehr einwilligungsfähig ist, kommt es auf seinen früher geäußerten Willen (Patientenverfügung) an. Fehlt eine solche, muss der mutmaßliche Wille festgestellt werden.

Indirekte Sterbehilfe: Schmerzlindernde Behandlung unter Inkaufnahme eines (nicht intendierten) Lebensverkürzungsrisikos.

Assistierter Suizid (Beihilfe zum Freitod): Hilfeleistung zur Selbsttötung. Dem Betroffenen wird ein tödliches Medikament zur Verfügung gestellt, jedoch nicht verabreicht. Die Beihilfe zum Suizid ist straffrei, Helfer können allerdings wegen unterlassener Hilfeleistung angeklagt werden. Ärzten ist die Beihilfe zur Selbsttötung verboten.

Artikel vom 19.04.2012
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