Aktion „Deine Isar“ will ein Umdenken bewirken

München/Au · Freizeitoase als Müllkippe

„Rote“ Karte für den Müll. Derzeit laufen die letzten Arbeiten in Sachen Isarrenaturierung. Fotos: Wasserwirtschaftsamt, Keitel und Knoch 2011

„Rote“ Karte für den Müll. Derzeit laufen die letzten Arbeiten in Sachen Isarrenaturierung. Fotos: Wasserwirtschaftsamt, Keitel und Knoch 2011

München/Au · „Das Schlimmste sind die Scherben“, findet Hartmut Keitel. Seit zwölf Jahren wohnt er mit seiner Familie am Mariahilfplatz in der Au und genießt gern das nahe Isarufer.

Das wurde im Zuge der Isarrenaturierung zwischen Wehranlage Großhesselohe und Deutschem Museum seit zehn Jahren Stück für Stück zu einer beliebten Freizeitoase verwandelt: mit neuen flachen Ufern und einladenden Steinstufen. Für 35 Millionen Euro sind acht Kilometer Strand entstanden am malerisch gestalteten Wildfluss mitten in der Stadt zum Entspannen, Grillen und Feiern. Und so weltweit wohl einmalig und schön das ist, weniger schön sind die durchschnittlich 4,5 Tonnen Picknick-Müll, die laut zuständigem Baureferat an einem sonnigen Wochenende an den Isarauen zurückbleiben – rund um die 82 vorhandenen großen Abfallkörbe mit jeweils einem Kubikmeter Volumen und zwölf speziellen Grillkohleboxen aus Edelstahl. Die gut 100 Tonnen Müll jährlich kosten die Stadt, so Nina Lindinger, Sprecherin des Baureferats, 104.000 Euro für Entsorgung und Personal, das bei schönem Wetter täglich unterwegs sei. Und die vielen zerbrochenen Flaschen mit der Hand aufklauben muss. Das Problem dürfte sich noch verschärfen, wenn bis Ende Juni die Arbeiten am letzten Abschnitt am Deutschen Museum beendet sind, wie Stefan Kirner, Projektleiter Isarplan vom Wasserwirtschaftsamt, sagt.

Weiterer Artikel zum Thema: Aktion „Deine Isar“

Ein Umdenken bewirken will nun die Aktion „Deine Isar“, die Agenturbetreiber Hartmut Keitel und Michael Knoch, ebenfalls Anwohner und passionierter Isar-Fliegenfischer, gestartet haben – „aus der Wut heraus geboren“ im Sommer 2010, wie Keitel erzählt. Spontan hätten sie eine Reihe von Postern zum Thema „Isar-Vermüllung“ entworfen, die an der Isar in einer „Nacht-und-Nebel-Aktion“ plakatiert werden sollten. Zufällig bekam die Plakate der Vorstand der Isarfischer, Willi Ruff, zu Gesicht und beschloss, mit seinem Verein an der Aktion mitzuwirken. Auch finanziell. Daraus wurde eine breit angelegte, von der Stadt München mitgetragene Kampagne, die Ende Mai gestartet wurde. 10.000 Postkarten mit eingesteckten Müllbeuteln werden den ganzen Sommer an der Isar verteilt, von der Jugendabteilung der Isarfischer und Schülern der Wittelsbacher Schule. Poster mit provokanten Slogans wie „Nach mir die Müllfee“ zieren jetzt die Müllboxen, zusätzlich markiert mit Fahnen. 2012 sollen an den Isarbrücken Müllbarometer stehen, die wöchentlich die Menge anzeigen.

Auch über das Internet unter www.deine-isar.de wollen Keitel und Knoch die Münchner mobilisieren. Dort befand laut Keitel etwa ein Hundebesitzer: Warum soll ich beim Isarspaziergang die Häuferl wegräumen, wenn dort so viel anderer Müll rumliegt? Und so denkt sicher mancher, auch wenn er dann doch alles brav wieder mitnimmt, sich aber über die Ignoranz der anderen ärgert. „Den Einzelnen erreichen wir sowieso nicht, wir wollen bei der Gruppe ansetzen und eine gewisse Dynamik der Verantwortung erzeugen“, erklärt Keitel das Ziel der Aktion. Mindestens einer trinke doch meistens nicht so viel, so dass er doch darauf achten könnte, dass der Partyplatz wieder sauber verlassen werde. Oder der des Nachbarn. Sonst könne mit dem Vergnügen vielleicht bald Schluss sein im Landschaftsschutzgebiet Isarauen. „Das ist doch ein richtiger Luxus“, findet Keitel, „so eine Art von Naherholungsgebiet – und alles kostenlos.“

Das Baureferat ist jedenfalls froh über die neue, von den Bürgern initiierte Kampagne: „Es ist schwer, die feiernden Leute direkt anzusprechen, wir können nur Verständnis wecken für die Regeln, und zur Not auch Bußgelder bis zu 35 Euro verteilen“, berichtet Lindinger. Zwar seien bis zu 20 Kontrolleure an lauen Sommerabenden unterwegs, doch vorwiegend als „Grill-Sheriffs“, die etwa darauf achten, dass keine Bodenfeuer entzündet werden oder nur Grillgeräte benutzt werden mit genügend Abstand zur Erde, also auch keine derzeit so beliebten Grillschalen. Seinen Müll wieder mitzunehmen, wie beim Bergwandern üblich, wäre ideal, findet Lindinger. „Wenn die Leute aber den Müll einfach in die Behälter entsorgen würden, wäre uns auch schon viel geholfen. Von Michaela Schmid

Artikel vom 09.06.2011
Auf Facebook teilen / empfehlen Whatsapp

Weiterlesen





Wochenanzeiger München
 
Kleinanzeigen München
 
Zeitungen online lesen
z. B. Samstagsblatt, Münchener Nord-Rundschau, Schwabinger-Seiten, Südost-Kurier, Moosacher Anzeiger, TSV 1860, ...