Unterwegs mit der kommunalen Verkehrsüberwachung

München · Keine Chance für Raser

Alexander Braun und Andreas Häusler von der Kommunalen Verkehrsüberwachung bereiten die Radarfalle vor.   Foto: ikb

Alexander Braun und Andreas Häusler von der Kommunalen Verkehrsüberwachung bereiten die Radarfalle vor. Foto: ikb

München · Alexander Braun sitzt auf dem äußersten Rand der Rückbank des dunkelblauen Kombis, stützt sich mit dem linken Fuß außen am Randstein ab, blickt auf die rückseitigen Anzeigen des Messgeräts im Kofferraum: „Das war der Erste!“ 20 Minuten sind vergangen, 22 Fahrzeuge sind in der Tempo-30-Zone an der – nomen est omen – Röntgenstraße direkt vor dem Max-Josef-Stift-Internat …

…im Stadtteil Bogenhausen passiert, die Nummer 23 hat’s erwischt: Der Blitz hat eingeschlagen. Gemessene Geschwindigkeit 42 Stundenkilometer, abzüglich 3 km/h Toleranz ergibt 39 Stundenkilometer, macht 15 Euro. Ein hellgrauer Postumschlag mit Überweisungsformular ist dem zu flotten Autofahrer sicher.

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„Gott sei Dank fahren bei dem Nieselregen fast alle langsam“, konstatiert zufrieden Einsatzleiter Andreas Häusler von der Kommunalen Verkehrsüberwachung im Kreisverwaltungsreferat (KVR) – vermeintlich gegen seine Aufgabe. Doch Abkassieren ist nicht Sinn der Sache. An fünf Tagen in der Woche sind fünf Messwagen jeweils an drei Orten etwa zwei Stunden „zu relativ festen Zeiten“ innerhalb Münchens nach einem internen Plan im Einsatz entlang von Tempo-30-Zonen, vor allem an Schulen.

Den beiden Verwaltungsbeamten erging es an diesem Tag nicht anders als vielen Autofahrern: Sie fanden keine Lücke, keinen Parkplatz. „Es wollte partout keiner wegfahren, in Bogenhausen ist’s bezüglich Stellplätzen ein wenig heikel“, erklärt Häusler lächelnd. Ursprünglich sollte in der Oberföhringer- oder Denninger Straße die Geschwindigkeit gemessen werden. Doch dort war ebenso wie in der Regina-Ullmann-, der Stuntz- und in der Elektra-/Ecke Daphnestraße alles „dicht“, erst in der Röntgenstraße erspähten sie eine Lücke. Doch bevor, so der Einsatzleiter, „die Anlage scharf gemacht wird“, gilt es stets die Umgebung zu kontrollieren, ob sämtliche Hinweistafeln für Autofahrer gut zu sehen und auch, beispielsweise wegen Verschmutzung, gut zu erkennen sind. „Das muss ebenso wie der Standplatz grundsätzlich aus rechtlicher Sicht alles passen“, so der KVR-Mann.

Fotos werden durch die Kombi-Heckscheibe aus Klarglas geschossen. Wenn notwendig wird das Fenster mit Glasreiniger streifenfrei gesäubert, die Sprühflasche hat Braun stets griffbereit. Die Radarfalle bemerkt ein Verkehrsteilnehmer meist nur durch den schwachen bläulichen Blitz, wenn er zu schnell gefahren ist. „Es kommt schon vor, dass einer anhält und nachfragt,“ erläutert Häusler. Und Beschimpfungen oder gar Beleidigungen? „Tja mei ...“, der Beamte lässt die Aussage unvollendet, doch im Gespräch wird klar, dass er in solchen Fällen das nötige Fingerspitzengefühl hat, um beruhigend zu reagieren.

Nicht überliefert ist die Reaktion jenes Autofahrers, der bei einer Geschwindigkeitsüberwachung der Einsatzabteilung im Polizeipräsidium München – sie nimmt neben der Kommunalen Verkehrsüberwachung Tempomessungen vor – geblitzt wurde: Am 26. März, 12.05 Uhr, raste der Mann durch den Tempo-30-Abschnitt vor einer Grundschule an der Graubündener Straße mit sagenhaften 72 Stundenkilometer. Die Quittung laut Bußgeldkatalog: 680 Euro Strafe, vier Punkte in Flensburg, drei Monate Fahrverbot. Von I. Köhler-Blessing

Rasende Eltern

Laut einer ADAC-Studie missachten mehr als 60 Prozent aller Autofahrer die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 30 Stundenkilometern vor Schulen. In zehn Bundesländern hatte der Club im Frühjahr vor 25 Unterrichtsstätten die Tempobeschränkung geprüft: Von knapp 44.000 Autofahrerinnen und -fahrern waren mehr als 26.000 zu schnell unterwegs, darunter viele Mütter und Väter, die das Gaspedal durchtraten, um ihren Nachwuchs pünktlich zum Unterricht zu bringen. „Rekordhalter“ war in Hamburg ein mit Tempo 96 gestoppter Verkehrsteilnehmer. Im Fall des Falles, wenn ein Kind auf die Straße läuft, hätte der Mann seinen Wagen nie und nimmer rechtzeitig abbremsen können. Schon bei 30 Stundenkilometer braucht man 15 Meter, bei 40 bereits 20 Meter und bei Tempo 50 mehr als 25 Meter Weg zum Anhalten – wohlgemerkt bei trockener Fahrbahn.

Artikel vom 02.12.2010
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