Milbertshofen · Erst kommt die Liebe

»Erst kommt die Liebe, dann die Moral«, sagt der evangelische Pfarrer Christian Weigl, als ich ihn frage, ob er und die ehrenamtlichen Küchenteams die wahre Bedürftigkeit der einzelnen Gäste der neuen »Sonntagsküche« der Dankeskirche prüfen. Will heißen: Nein – zumindest, so lange noch nicht mehr Gäste da sind als Essen ausgeteilt werden können.

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Es bedeutet aber auch: Wer hierher kommt, hat einen guten Grund dafür. Einsamkeit, zum Beispiel – die besonders oft mit Armut einhergeht. Und sie zieht schneller in das Leben der Betroffenen als ein knurrender Magen. Denn die Versorgung mit Lebensmitteln ist in unserer »Solidargemeinschaft«, die diesen Namen in vielerlei Hinsicht absolut nicht verdient, tatsächlich gesichert – jedenfalls, wenn man den Hindernisparcours der Bürokratie zu bewältigen in der Lage ist und deutliche Einschnitte bei der Qualität der Nahrungsmittel in Kauf nimmt.

Doch soziales Leben, das die Teilnahme am kulturellen Angebot der Stadt und auch einfach mal das spontane Treffen im Café bedeutet, ist quasi nicht vorgesehen bei den Berechnungen staatlicher Leistungen. So entsteht ein Hunger der Seele, der zu Krankheiten führt, wenn er gar nicht gestillt wird. Das wird regelmäßig übersehen, wenn ausgerechnet wird, wie viel Armut die Gesellschaft dem Einzelnen abnehmen sollte. Diese Rechnung geht nicht auf. Trotz Kirchen und Kulturhäusern. Doch ohne sie noch viel weniger.

Eva Mäkler

Artikel vom 15.07.2009
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