Schwabing und die Künstlerkolonie Monte Verità

Schwabing · Suche nach dem echten Leben

Damals eine Sensation: Erich Mühsam 	beim Lichtbaden 1904 in Arcegno.	Foto: Monacensia. Literaturarchiv

Damals eine Sensation: Erich Mühsam beim Lichtbaden 1904 in Arcegno. Foto: Monacensia. Literaturarchiv

Bogenhausen/Schwabing · Der Monte Verità – der »Berg der Wahrheit«, am oberen Lago Maggiore im Schweizer Tessin unweit von Ascona gelegen, war zu Anfang des 20. Jahrhunderts ein bekannter Begriff in Schwabing – eine Legende, ein Gerücht, eine Verheißung, ein Ort, der die Fantasie beflügelte und ganz real ein Ziel war für alle Arten von Aussteigern, Zivilisationsflüchtigen, der Stadt und des Staates Überdrüssigen.

Kaum ein anderer Ort hat so viele neue Lebensentwürfe inspiriert wie der Monte Verità. Das zeigt anschaulich die neue Ausstellung im Literaturarchiv Monacensia, Maria-Theresia-Straße 23. »Freie Liebe und Anarchie« ist vom 1. Juli bis 13. November, Montag bis Mittwoch, 9 bis 17 Uhr, Donnerstag, 10 bis 19 Uhr, und Freitag, 9 bis 15 Uhr, zu sehen. Der Eintritt ist frei.

Kostenlose Führungen durch die Ausstellung sind am Donnerstag, 9., 16., 23., 30. Juli und 6., 13. und 20. August, jeweils um 18 Uhr.

Bei einem Spaziergang durch Schwabing verknüpft Dr. Elisabeth Tworek, Leiterin der Monacensia, Schauplätze und Persönlichkeiten der Schwabinger Bohème mit der aktuellen Ausstellung: am Mittwoch, 8. Juli, 17 Uhr. Treffpunkt ist an der Ludwigskirche (U-Bahn Universität), Karten zu 5 Euro gibt es vor Ort.

Denn die Bilder von Licht- und Luftbädern, nackten Gartenarbeitern und radikalen Höhlenbewohnern, von barfüßigen »Naturmenschen« mit Bart und langen Haaren kamen sehr bald in der Schwabinger Caféhausszene an, ebenso wie die Kunde von freier Liebe und selbstbestimmten Frauen. Auch die Gründer des »Berges der Wahrheit« waren in München zusammengekommen. Ziel war eine gesunde naturnahe Lebensweise und die Befreiung von etablierten Normen. Hier erarbeitete der Münchner Tänzer Rudolf von Laban mit Mary Wigman die Grundlagen des modernen Ausdruckstanzes.

Auch Oskar Maria Graf kehrte 1913 München den Rücken Richtung Tessin. Zunächst begeistert, fällt der Schriftsteller in seinem Bekenntnisroman »Wir sind Gefangene« aber ein hartes Urteil: »Diese ganze Naturtrottelei kann mir gestohlen bleiben! Das ist was für Verdauungsphilister und Grasfresser!«

Artikel vom 23.06.2009
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