Sendlinger Tor: Seit Januar zwei Streetworkerinnen für die »Stammsteher«

Zentrum · Sprache schafft Vertrauen

Seit Januar diesen Jahres betreuen Maria Bauer (l.) und Renata Zadro-Galic als Sozialpädagoginnen die »Stammsteher« am Sendlinger Tor. 	Foto: ko

Seit Januar diesen Jahres betreuen Maria Bauer (l.) und Renata Zadro-Galic als Sozialpädagoginnen die »Stammsteher« am Sendlinger Tor. Foto: ko

Zentrum · Renata Zadro-Galics kroatische Wurzeln helfen ihr bei ihrer Arbeit. Am Sendlinger Tor trifft sie immer wieder auf Menschen mit Migrationshintergrund, die dort zu den so genannten Stammstehern gehören. »Ich spreche alle Sprachen des ehemaligen Jugoslawien, das kommt bei den Leuten gut an, nach dem Motto: Aha, dann kennst du ja auch meine Probleme«, sagt Zadro-Galic.

Sie und Maria Bauer sind Sozialpädagoginnen, die sich am Sendlinger Tor Platz und an der Münchner Freiheit um die »Stammsteher« kümmern, also die Menschen, die zwar eine Wohnung haben, meistens aber keine feste Arbeit und deren Leben sich im »öffentlichen Raum« abspielt. Für das Projekt »Streetwork im Gemeinwesen« wurden mittlerweile von der Stadt zweieinhalb Planstellen eingerichtet.

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2001 wurde es initiiert, um Brennpunkte in München, damals Gärtnerplatz und Michaelibad zu betreuen, später kamen noch Hasenbergl und Orleansplatz, seit diesem Jahr Sendlinger Tor und Münchner Freiheit hinzu. Zielsetzung der Streetwork ist es, diese Plätze mittelfristig zu befrieden.

Am Sendlinger Tor Platz ist die »Szene« bisher nicht richtig angelaufen, es ist noch zu kalt. »Hier geht das Kennenlernen schleppender als an der Münchner Freiheit, weil es vom Wetter abhängt, ob sich die Leute treffen«, sagt Maria Bauer. Was die beiden Sozialpädagoginnen aber schon wissen: Am Sendlinger Tor Platz bleiben, anders als in Schwabing, ihre Klienten eher unter sich. Alkoholabhängige, Süchtige und Menschen mit Migra­tionshintergrund etwa bilden jeweils eigene Gruppen. Die beiden Frauen sind für ihre »Stammsteher« erst seit Januar mit dem Projekt »Streetwork im Gemeinwesen« der Teestube »komm«, der Streetwork/Obdachlosenhilfe vom Träger Evangelisches Hilfswerk, im Einsatz.

Daher müssen sich Bauer und Zadro-Galic gerade am Sendlinger Tor selbst erst einmal orientieren. Dazu kommt, dass ihre Klientel manchmal misstrauisch ist, oft bedingt durch Schicksalsschläge, die zum Teil in Sucht oder Schulden geführt haben. Bei diesen Problemen helfen Maria Bauer und Renata Zadro-Galic. Vertrauen schaffen sie, indem sie hartnäckig bleiben: »Wir kommen immer wieder und bieten unsere Hilfe an.« Oft ist am Stammplatz der Menschen, die sie betreuen, viel Alkohol im Spiel. »Bei schlechter Stimmung gehen wir gar nicht erst hin«, sagt Renata Zadro-Galic.

Meistens ist die zierliche Erscheinung der beiden Sozialpädagoginnen aber auch von Vorteil: »Das baut Berührungsängste ab. Gerade mit Männern kann man witzeln und kommt so leichter ins Gespräch.« Neben den Mitarbeiterinnen der Teestube sind auch andere soziale Einrichtungen am Sendlinger Tor wie die Suchtberatung »Condrobs«, die sich vor allem um Drogenabhängige kümmern.

Und auch die Polizei greift ein, wenn sich mit Beginn der warmen Jahreszeit Streitereien, Anpöbeln von Passanten oder die Abwicklung von Rauschgiftgeschäften häufen. Und natürlich hat auch die Polizei ein Auge auf »Brennpunkte« wie am Sendlinger Tor. »Erst einmal ist ja nichts dagegen einzuwenden, wenn sich Menschen öffentlich treffen«, sagt Gerhard Stern von der Abteilung Einsatz der Münchner Polizei. Aber leider bleibe es bei zunehmendem Alkoholkonsum nicht immer ruhig.

Ein Streetworker mehr: »Anerkennung für die Arbeit«

Im Oktober wurde per Stadtratsbeschluss eine Befristung von Personalstellen für das Projekt »Streetwork im Gemeinwesen« in eine Regelfinanzierung umgewandelt und um eine Stelle auf nun zweieinhalb aufgestockt. Durch diese Erweiterung kümmern sich nun seit Januar die Sozialpädagoginnen Maria Bauer und Renata Zadro-Galic um Stammsteher an der Münchner Freiheit und am Sendlinger Tor Platz.

Reichen die zweieinhalb Planstellen Ihrer Meinung nach für ganz München aus?

Renata Zadro-Galic: Für die Plätze, an denen wir tätig sind, also Münchner Freiheit und Sendlinger Tor, reicht es wohl. Würde sich die Szene zum Beispiel an den Hohenzollernplatz verschieben, müsste das Projekt für diesen Platz dann eventuell erst neu finanziert werden. Maria Bauer: Sollte die Szene wandern, könnten wir das erst einmal, etwa auf eine Bürgeranfrage, für zirka drei bis vier Wochen mit im Auge behalten.

Fühlen Sie sich in Ihrer Arbeit genug unterstützt von der Stadt?

Maria Bauer: Alles bestens. Im Herbst 2008 hat der Stadtrat ja die Planstelle aufgestockt und das ist ja auch eine große Anerkennung unserer Arbeit.

Wie sehen Sie die Zukunft Ihres Projektes, falls die Zahl an Stammstehern und Süchtigen immer mehr zunimmt bei einer gleichbleibenden Zahl an Planstellen?

Renata Zadro-Galic: Durch die bisher kalte Witterung hatten wir noch keine vollen Plätze und wir sind ja erst seit Januar hier. Ich glaube schon, dass es für uns noch viel mehr Arbeit gibt, wenn jetzt die Temperaturen steigen. Ich traue mich aber nicht, eine genauere Prognose abzugeben, wir müssen erst einmal die entsprechende Erfahrung machen. ko

Artikel vom 31.03.2009
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