Informationen rund um Landtags- und Bezirkstagswahl (Teil 3)

München - Landtagswahl

Öfter mal was Neues – das mag der Bayer nicht. Zumindest wenn es um seine parteipolitische Vertretung im Landtag geht. Nicht umsonst freut sich die CSU seit 62 Jahren – von drei Ausreißer-Jahren abgesehen – über ihre Mehrheit im Landtag. Das macht das flächenmäßig größte deutsche Bundesland zu etwas Außergewöhnlichem. Ebenso außergewöhnlich wie sein Wahlgesetz: Das ist Bundesweit einzigartig.

Von Eva Ziegler

Bayern ist das einzige Bundesland, das nicht über eine Liste für das gesamte Wahlgebiet, sondern über sieben eigenständige Listen verfügt – pro Regierungsbezirk eine (Oberbayern, Niederbayern, Oberpfalz, Oberfranken, Mittelfranken, Unterfranken, Schwaben). Ebenso einzigartig ist das Prinzip der „offenen Liste“: Durch sie kann die von den Parteien für ihre Kandidaten vorgegebene Listenplatzfolge verändert werden. Indem der Wähler auch mit seiner Wahlkreisstimme einen Kandidaten ankreuzen kann, rückt, wer viele Stimmen erhält, auf der Liste automatisch weiter nach vorne.

Bayern wird dreifach untergliedert

Morgen werden Landtag und Bezirkstage neu besetzt. Dazu wird Bayern in drei abgestufte Bereiche untergliedert: die Wahlkreise (sie entsprechen den Regierungsbezirken), die Stimmkreise (Landkreise und kreisfreie Städte) und Stimmbezirke. Ein Stimmbezirk darf nicht mehr als 2.500 Stimmberechtigte umfassen, das heißt, sie werden – je nach Bevölkerungsentwicklung – immer wieder verändert. Für die Wahlen am Sonntag gibt es insgesamt vier Stimmzettel: zwei Weiße für den Landtag, zwei Blaue für den Bezirkstag.

Zwei weiße Zettel für die Landtagswahl

Mit der Erststimme wird bei der Landtagswahl der Stimmkreisabgeordnete gewählt. Pro Stimmkreis steht je Partei ein Kandidat zur Wahl. Die Zweitstimme ist für den Wahlkreisabgeordneten bestimmt. Hier kommt die „offene Liste“ ins Spiel: Der Wähler muss sich nicht für die komplette Liste (inklusive Kandidatenreihenfolge) einer Partei entscheiden. Er kann sein Kreuzchen direkt beim passenden Kandidaten machen und ihn so auf einen der vorderen Listenplätze wählen. Stimmkreisbewerber erscheinen in ihrem eigenen Kreis übrigens nicht auf dem Wahlkreisstimmzettel. So soll ein ungerechtfertigter Stimmenvorteil verhindert werden.

Erststimmen zählen fürs Gesamtergebnis

Im Gegensatz zur Bundestagswahl sind für die Fraktionsstärke nicht nur die Zweit-, sondern auch die Erststimmen wichtig. Aus deren Summe ergibt sich, nach welchem Verhältnis die Sitze im Landtag an die einzelnen Parteien vergeben werden. Die Gesamtsitze einer Partei werden anhand ihrer Stimmenanteile in den Regierungsbezirken ermittelt. Die erfolgreichen Direktkandidaten erhalten als Erste ihren Sitz im Landtag, die zusätzlich im Regierungsbezirk gewonnenen Sitze werden anschließend an die erfolgreichen Listenbewerber vergeben.

So werden es mehr als 180 Abgeordnete

Um den Wählerwillen möglichst genau widerzuspiegeln, gibt es beim bayerischen Landtagswahlgesetz eine weitere Besonderheit: Sollte eine Partei mehr Stimmkreismandate erhalten, als ihr nach dem Stimmenverhältnis zustehen (Überhangmandate), wird die Zahl der Sitze der anderen Parteien im jeweiligen Wahlkreis so erhöht, dass das zuvor berechnete Verhältnis der Mandate zwischen den Parteien wieder hergestellt ist. So kann es vorkommen, dass der Landtag aus mehr als den üblichen 180 Abgeordneten besteht.

Im Landtag gilt Hare-Niemeyer

Ausgezählt wird seit einem Urteil des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom 19. Mai 1992 nach dem Hare-Niemeyer-Zählverfahren: Alle abgegebenen Stimmen in einem Wahlkreis (Regierungsbezirk) werden zusammengezählt und die daraus abgeleiteten Mandate berechnet. Um überhaupt Mandate erringen zu können, müssen Parteien allerdings die Fünfprozenthürde überspringen. Durch sie soll einer Zersplitterung entgegengewirkt und eine stabile Regierungsmehrheit erreicht werden.

Im Bezirkstag gilt d’Hondt

Anders als bei den Landtagswahlen kommt bei den Wahlen zum Bezirkstag nach wie vor das d’Hondt’sche Verfahren zum Einsatz. Außerdem gibt es hier keine Fünfprozenthürde. Ansonsten verläuft die Wahl nach den gleichen Grundsätzen wie die Landtagswahl. Mit der Erststimme wird für den jeweiligen Stimmkreis ein Direktkandidat gewählt. Wer im Stimmkreis die meisten Stimmen bekommen hat, kommt per Direktmandat in den Bezirkstag. Mit der Zweitstimme kann der Wähler einen Kandidaten aus der Liste einer Partei wählen oder pauschal für eine Partei stimmen. Spätestens 26 Tage nach der Wahl wählen die neuen Bezirksräte in ihrer ersten Sitzung den Bezirkstagspräsidenten. Geld gibt es für dieses Engagement nicht: Alle Bezirksräte arbeiten ehrenamtlich.

Zuständigkeiten

Zuständig ist der Bezirk als dritte kommunale Ebene für Aufgaben, die über die Zuständigkeiten und finanziellen Leistungsmöglichkeiten der Gemeinden hinausgehen. Er schafft und erhält öffentliche Einrichtungen, die für das soziale, wirtschaftliche und kulturelle Wohl der Bevölkerung wichtig sind. Das sind beispielsweise Fach- und Sonderschulen, Freilichtmuseen, überörtliche Sozialhilfeträger sowie psychiatrische und neurologische Fachkrankenhäuser.

Teil 1: So wird in Bayern Politik gemacht

Teil 2: Mit welchen politischen Themen die Parteien punkten wollen

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Artikel vom 24.09.2008
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