»Räuber Kneissl« im Kino und die wahre Geschichte

München · »Zuagricht, hergricht, higricht«

Der echte Kneissl während des Prozesses.

Der echte Kneissl während des Prozesses.

München · »Ich hab ein Aug auf Euch«, droht Dorfgendarm Georg Förtsch gleich zu Beginn des neuen Rosenmüller-Films der Familie Kneissl. Und das könnte Förtsch, den es wirklich gegeben hat, so ähnlich tatsächlich gesagt haben. Denn Rosenmüller setzt die Geschichte vom Räuber Mathias Kneissl ziemlich streng entlang der historischen Tatsachen in Szene – in atmosphärischen, poetischen Bildern, mit bis in die Nebenrollen starken Schauspielern wie Michael Fitz oder Sigi Zimmerschied und durchgehend in vollem Dialekt.

Das wäre auch nicht anders gegangen bei diesem bayerischem Stoff, den man nicht hätte besser erfinden können, und der den echten Räuber Kneissl zum bayerischen Volkshelden gemacht hat. Weil er der Obrigkeit immer wieder ein Schnippchen geschlagen hat. Und weil zweifelhaft ist, ob Kneissl der Schwerverbrecher und Mörder war, zu den ihn die damalige Polizei stilisiert hat – selbst der vorsitzende Richter hatte angeblich an dem Urteil der Geschworenen laut gezweifelt, den Kneissl wegen Mordes zum Tode zu verurteilen. Doch den Prozess etwa spart sich Rosenmüller und legt den Fokus auf den Menschen Kneissl.

Schauspieler Maximilian Brückner zeigt den meistgesuchten Verbrecher seiner Zeit jedenfalls sehr überzeugend als zwiespältigen Charakter, der einem letztendlich sympathisch ist. Trotz der verzweifelten Versuche auch des echten Mathias Kneissl, ein ehrliches, solides Leben als Schreiner zu führen und etwa in München Fuß zu fassen, war er eigentlich von Haus aus zum Scheitern verurteilt. Seine Familie hielt sich mit Diebstahl und Wildern über Wasser. Zum ersten Mal landete Mathias mit 16 Jahren für drei Tage im Gefängnis, weil er die Sonntagsschule geschwänzt hatte. Wenig später kommt die Mutter in Haft wegen eines Kircheneinbruchs, der Vater stirbt auf der Flucht vor der Polizei.

Und das ist nur der Anfang eines tragischen Lebens. Darauf setzt auch Rosenmüller und verzichtet auf Kneissl-Klischees oder bringt sie beiläufig und an anderer Stelle: etwa der nicht verbürgte Spruch »D’ Woch fangt scho guat o«, als er an einem Montag sein Todesurteil erfahren hat. Auch das damals schon ungewöhnlich anmutende Verfahren, den in einer finalen und ziemlich einseitigen Polizeiaktion schwer verletzten Kneissl zusammenzuflicken und Monate später zu köpfen, wurde bald als »Zuagricht, hergricht, higricht« legendär. All das machte den Kneissl bis heute trotzdem unsterblich. ms

Neuer Rosenmüller-Film »Räuber Kneissl«

Artikel vom 27.08.2008
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