Kinder dürfen Fußball spielen – aber bitte nicht allzu sportlich …

Hallbergmoos · »Tooor!« – nur ohne Tore

Bürgermeister Klaus Stallmeister und die fußballbegeisterten Kinder können es nicht mehr hören: Angeblich würde ein kleines Tor aus ihrer Wiese einen Sportplatz mit potentiellem »Düsenjet-Lärm« machen.	Foto: sh

Bürgermeister Klaus Stallmeister und die fußballbegeisterten Kinder können es nicht mehr hören: Angeblich würde ein kleines Tor aus ihrer Wiese einen Sportplatz mit potentiellem »Düsenjet-Lärm« machen. Foto: sh

Hallbergmoos · Es fing alles ganz harmlos an mit dem Sportplatz, der keiner sein darf: Ein Grundstücksbesitzer lässt auf seiner brach liegenden Wiese ein paar Kinder spielen. Ein fußballbegeisterter Sponsor stiftet zwei Tore. Kurze Zeit später soll das Grundstück bebaut werden.

Deshalb fragt der Sponsor bei der Gemeinde nach, ob die beiden Tore auf der Spielwiese der Parkanlage Auenstraße Süd aufgestellt werden dürfen, wo viele junge Familien leben. Über für Autos unzugängliche Fuß- und Radwege können die Kinder diesen Platz gefahrlos erreichen.

Nach Überprüfung der Verkehrssicherungspflicht der Gemeinde wird Bürgermeister Klaus Stallmeister mit seiner Antwort trotzdem vorsichtig: »Sollte aufgrund der unbefestigt am Boden stehenden Tore ein Unfall passieren, kann ich persönlich dafür haftbar gemacht werden, da ich damit grob fahrlässig für einen Schaden verantwortlich bin«, äußert er seine Bedenken gegenüber der Münchener Nord-Rundschau.

Eine Festverankerung der Tore bedeutet aber eine »bauliche Anlage«, die genehmigungspflichtig ist. Dazu muss die Gemeinde Hallbergmoos eine Änderung des Bebauungsplanes beim Landratsamt Freising beantragen.

Die Freisinger Bürokratie aber weist den Antrag mit Hinweis auf die »Sportanlagen-Lärmschutzverordnung« ab. Denn befestigte Tore machten aus dem Platz per definitionem einen Sportplatz. Und von dem muss jedes Wohngebäude mindestens 65 Meter entfernt sein, so der Lärmschutz. Mittlerweile haben auch aufgeschreckte Anwohner von einem drohenden Sportplatz in ihrer Nähe gehört – und protestieren dagegen.

Die Befürchtung: »Unerträglicher Lärm«, der nach einer Studie des Umweltministeriums bei Sportanlagen zur Lautstärke eines Düsenjets anschwellen könne. Nach Abweisung der Bebauungsplanänderung durch das Landratsamt Freising beruhigen sich die Anlieger nun wieder. Ihre Kinder und Enkel spielen weiterhin auf der Spielwiese, die ohne Tore auch eine solche bleibt – selbst wenn 100 Kinder kicken. Der Lärm einer Spielwiese ist nämlich »sozialadäquater« Lärm, der laut Gesetz hingenommen werden muss. Spielen jedoch nur vier Kinder mit befestigten Toren, so handelt es sich eben um eine Sportanlage, die dem Lärmschutz unterliegt.

Klaus Stallmeister überlegt nun, ob er dem Bayerischen Gemeindetag diese Sache als Musterprozess anbieten sollte. Dies würde wahrscheinlich über fünf bis sechs Jahre diverse Amtsschimmel beschäftigen. Auch eine »Revisionszulassungsbeschwerde« wäre denkbar, aber langwierig.

Völlig verständnislos äußert sich Stallmeister: »Einerseits wird beklagt, dass die Kinder immer mehr vor Computern und Fernsehern sitzen und immer dicker werden, andererseits wird eine solche Kleinigkeit, um den Kindern den Spaß an der Bewegung zu bieten, boykottiert. Wir wollten doch eigentlich nur zwei Tore aufstellen und, damit nichts passiert, diese am Boden befestigen.« Scherzhaft fügte er hinzu: »Eine praktische Lösung wäre die Pflanzung von Bäumen im Abstand von Fußballtoren. Die gelten dann nicht als bauliche Maßnahme – und die Kinder hätten trotzdem Tore.« Siglinde Haaf

Artikel vom 19.08.2008
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