Deutschkurse für Erwachsene: »Schule mal anders« fördert Integration

Moosach · »Wir möchten hier leben und arbeiten«

Asil kommt aus dem Irak und lernt in Moosach Deutsch – die Sprache ihrer zweiten Heimat.	Foto: cr

Asil kommt aus dem Irak und lernt in Moosach Deutsch – die Sprache ihrer zweiten Heimat. Foto: cr

Moosach · Deutsch ist eine schwere Sprache. Diese Erfahrung machen Woche für Woche fremdsprachige Frauen, die in der Moosacher Dieselschule die Sprache ihrer zweiten Heimat lernen. »Schule mal anders« lautet der Titel dieses Projekts der Initiativgruppe (IG) und spielt darauf an, dass nicht die Kinder, sondern die Eltern zur Schule gehen.

»Schule mal anders« gibt es bereits seit rund sieben Jahren. Der frühere Titel »Mama lernt Deutsch« hat lange ausgedient. Dennoch sind es nach wie vor fast ausschließlich Frauen, die die zertifizierten Deutschkurse belegen. Im Gegensatz zu den Anfangsjahren kommen diese Frauen allerdings nicht mehr überwiegend aus der Türkei. Jetzt sind die Herkunftsländer daneben zurzeit Afghanistan, Ukraine, Polen, Irak, Iran, Bangladesch, Serbien, der Kosovo und Ecuador – in einem ausgeglichenen Verhältnis. Eines haben alle diese Frauen gemeinsam: Sie wollen die Sprache des Landes sprechen, in dem sie leben.

»Wir machen das für uns und für unsere Kinder«, erklärt Fahima aus Afghanistan. Die 24-Jährige spricht schon jetzt sehr verständlich Deutsch, obwohl sie noch den Anfängerkurs bei Gudrun Penndorf in der Dieselschule besucht.

Die meisten haben sich schon einen gewissen Grundwortschatz angeeignet, mit dem sie den Alltag gut bewältigen können. Ihr Blick ist nach vorne gerichtet, in die Zukunft. Einige der elf Frauen in dem Kurs vermissen ihre Heimat, andere nicht: »Wir möchten hier leben, weil wir hier Freiheit und Demokratie haben«, sagt die Serbin Snezana. Sie hat in ihrer Heimat 15 Jahre lang als Chemietechnikerin gearbeitet. Sie möchte auch in München Arbeit finden. Es ist für sie ganz selbstverständlich, zum Lebensunterhalt ihrer Familie beizutragen. Deswegen lernt sie Deutsch. Für sie ist klar: Sie muss die Sprache lernen, wenn sie Arbeit finden möchte.

Alle in dem Kurs wissen das, alle geben sich große Mühe, um sich eine neue Existenz aufzubauen. Sie haben zum Teil schon ganz konkrete Pläne. Alle Frauen sehen ihre Zukunft in Deutschland, wo sie sich in die Gesellschaft eingliedern möchten. Tatsache ist aber auch, dass Menschen, die nach Deutscland einwandern, die Teilnahme an den Kursen nachweisen müssen. Das besagt das Zuwanderergesetz von 2005. Um den Menschen die Teilnahme zu ermöglichen, fördert das dem Innenministerium unterstellte Bundesamt für Migranten und Flüchtlinge die Kurse pro Teilnehmer und Stunde mit 1,05 Euro. Einen Euro zahlen die Teilnehmer dazu, was in der Summe nicht selten zu wenig ist, um die Kosten der IG aufzufangen. Wenn es nach wirtschaftlichen Erwägungen ginge, müsste Lis Werner von der IG die Kurse eigentlich beenden. Doch sie sieht die Notwendigkeit auf der einen und den Fleiß der Teilnehmerinnen auf der anderen Seite. »Das bringe ich einfach nicht fertig«, sagt sie.

Zum Abschluss des Anfänger- und des Aufbaukurses gibt es jeweils eine Abschlussprüfung. Diese enthält zentral gestellte Aufgaben und ist international anerkannt, erklärt Penndorf. Thema ist dabei zuerst die Sprache, in zweiter Linie lernen die Teilnehmerinnen aber auch viel über Deutschland. In dem Aufbaukurs von Petra Rinberger haben die Schülerinnen zuletzt die Gewaltenteilung in Deutschland durchgenommen, aber auch Karl Valentin war bereits ein Thema.

Rinberger ist voll des Lobes über den Eifer ihrer Kursteilnehmerinnen: »Sie wollen das wissen, sie wollen das lernen.« Wenn der ganze Kurs Zwischenprüfungen mit 78 bis 90 Prozent richtiger Antworten besteht, sieht man die große Motivation. Doch dahinter steckt noch ein anderes Problem: Manche Schülerinnen berichten von Vorurteilen ihnen gegenüber. »Hauptsächlich wegen der Sprache«, sagen sie. Zugleich aber betonen sie, dass ihre Mitbürger zuhause genauso zurückhaltend bis ablehnend Fremden gegenüber reagierten. Deswegen können sie mit Ressentiments ihrer Mitbürger hier gut umgehen. Und wenn sie dann noch in sehr gutem Deutsch auf die Menschen zugehen, lösen sich diese Vorurteile manchmal schnell in Luft auf.

All das ist es wert, die schwere Sprache zu lernen. All das ist es wert, die Doppelbelastung Schule/Familie auf sich zu nehmen. Hilfe bekommen die Frauen von der Initiativgruppe, die als einer der Träger die Deutschkurse in München organisiert. Mit der finanziellen Förderung von staatlicher Seite ist der Kurs für die Frauen bezahlbar. Und die Einrichtung der Kinderbetreuung macht es auch für Mütter mit kleinen Kindern möglich, den Kurs zu besuchen.

Nähere Informationen gibt es bei der IG unter Telefon 54 46 71 18, durch Broschüren, die in den Schulen und dem Sozialbürgerhaus ausliegen, direkt bei IG in der Karlstraße 50, 2. Stock (dienstags von 10 bis 12 Uhr, donnerstags von 14 bis 17 Uhr) sowie im Internet unter www.initiativgruppe.de. cr

Artikel vom 18.07.2007
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