Die einheitliche Architektur besticht noch heute

Ramersdorf · Mustersiedlung: klein aber fein

Kleine, feine Häuschen sorgen für den Wohnwert in der »Mustersiedlung«: Die Frauenchiemseestraße mit dem Kirchturm von St. Maria. 	Foto: aha

Kleine, feine Häuschen sorgen für den Wohnwert in der »Mustersiedlung«: Die Frauenchiemseestraße mit dem Kirchturm von St. Maria. Foto: aha

Ramersdorf · 1934 wurde im Rahmen der »Deutschen Siedlungsausstellung« nahe dem alten Ortkern die »Mustersiedlung« als Modell für Mittelstands-Siedlungen gebaut. Initiator und Planer war der Münchner Wohnungsreferent Guido Harbers (1897-1977). So entstanden insgesamt 192 Wohneinheiten, in der Mehrzahl freistehende Einzelhäuser. Nicht nur die Häuser an sich waren genau konzipiert, auch die Straßen waren nach Plan entworfen.

Die äußeren Randstraßen (Herrenchiemseestraße, Hohenaschauer Straße, Frauenchiemseestraße und Stephanskirchener Straße) hatten auf jeder Seite einen zwei Meter breiten Fußweg und auf einer Seite einen breiten Rasenstreifen, der Fußweg und Fahrbahn trennte. Die vier nach innen versetzten kleineren Straßen (heutige Bernauer Straße, Krottenmühlstraße, Törwanger Straße und der Schlechinger Weg) waren schmäler, und verliefen zwischen zaunlosen Vorgärten auf der einen und Buchenhecken auf der anderen Seite. Keine Straße ist gerade, jede hat eine oder zwei Biegungen.

Entlang dieser Straßenkrümmung lagen die Häuschen mit angenehmem Abstand zur Straße. Der private Vorgarten ging ohne Zaun in den Straßenraum über. Dadurch sollte der vordere schmale Streifen von jedermann einsehbar sein und den leichten Übergang von öffentlicher Straße in den Privatbereich eines Hauses ermöglichen. So wurde die in der Mustersiedlung angestrebte strickte Trennung zwischen öffentlich und privat überwunden und jeder konnte sich in den Häusern willkommen fühlen.

Die Häuser selbst wurden von 18 verschiedenen Architekten geplant, die 34 verschiedene Häusertypen mit einer Wohnfläche von 56 bis 80 (kleinere Häuser) beziehungsweise bis zu 129 Quadratmetern schufen. Die geringe Grundfläche forderte Grundrisse mit hohem Nutzwert und es verwundert nicht, dass manches kleine Haus eine bessere Raumqualität und Raumzusammenhänge hat als ein größeres Haus. Einfachkeit in der Gestalt war ein architektonisches Ziel und sollte ein geschlossenes Siedlungsbild ergeben.

So haben alle Häuser Satteldächer und eine klare kubische Form, die inzwischen durch Anbauten vielfach verändert ist. Bei keinem Haustyp gab es am Giebel einen Dachüberstand, vielmehr war die letzte Dachziegelreihe bündig mit der Giebelfront eingemörtelt. So fehlte und fehlt noch immer der für das ländliche Oberland typische Dachüberhang. Die einheitliche Gestaltung der gesamten Mustersiedlung forderte und förderte die vielfältige Gestaltung im Detail, welche die Siedlung noch immer interessant macht. Die damalige Modernität basierte auf der Strenge und Kargheit des Details und ist noch heute spürbar. Seit 1978 steht die Mustersiedlung denkmalhistorisch unter Ensembleschutz.

Aus heutiger Sicht zeigt sich, dass die guten Grundrisse noch immer attraktiv sind. Zwar entsprechen die Häuser kaum mehr den Ansprüchen fünfköpfiger Familien, aber die sehr kleinen Räume mit wenig Stellfläche werden durch viel Nebenfläche (volle Unterkellerung, Dachraum als Abstellfläche) wirksam ergänzt. Auch durch Ausbrechen von Trennwänden konnten größere Räume geschaffen werden, die für die kleiner gewordenen Familien mehr Komfort bieten. Dennoch können Umbauten das zerstören, was die denkmalhistorische Mustersiedlung ausmacht. Angela Boschert

Artikel vom 23.08.2006
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