Was Ludwig II. mit dem Stadtbezirk zu tun hat: Ausstellung im Haidhausen-Museum

Haidhausen/Au · Schicksalsjahre eines Kinis

Haidhausen/Au · Der Anfang vom Ende von König Ludwig II. bietet Intrigen, Skandale, hohe Politik und Geheimnisse. Und die Spuren des tragischen Regenten-Schicksals führen nach Haidhausen und in die Au. Das beweist die neue Ausstellung im Haidhausen-Museum in der Kirchenstraße 24 über den sogenannten Märchenkönig, den Komponisten Richard Wagner und ihre Idee eines Wagner-Festspielhauses auf dem Gasteigberg (zu sehen bis Ende Mai, So, 14 bis 18 Uhr, Mo bis Mi, 16 bis 18 Uhr; Eintritt frei).

Der seit 1865 geplante Monumentalbau sollte neben dem damals gerade entstehenden Maximilianeum aufragen und Wagners Vision eines Illusionstraumtheaters erfüllen, den der später in Bayreuth verwirklicht hat. Drei Jahre widmete Baumeister Gottfried Semper dem Münchner 2.560.000-Gulden-Projekt – ohne Honorar und mit ständig wechselnden Aussichten auf Umsetzung. Dann avancierte er außerhalb von München zum Architekturstar des 19. Jahrhunderts. Wagner, von seinem glühenden Verehrer Ludwig an die Isar geholt, hatte da wegen seines aufwändigen, vom König finanzierten Lebensstils, schon längst die Stadt verlassen müssen. Auch der Monarch und seine Ideen wurden immer mehr demontiert.

»In einer raffinierten Mischung aus psychologischem Kalkül, Zurückweisung des monarchischen Anspruchs (...) und souveräner Beherrschung des bürokratischen Geschäftsgangs werden die Initiativen Ludwigs desavouiert (bloßgestellt, d. Red.), als lächerliche Versuche eines politisch dilettierenden Jünglings konterkariert«, schreibt Manfred Semper, Sohn des von Ludwig und Wagner beauftragten Baumeisters Gottfried Semper, in seinem Buch »Das Münchner Schauspielhaus«. Der darin zitierte Briefwechsel zwischen Ludwig, Wagner und Semper ist Hauptquelle und Leitfaden der Ausstellung, wie Hermann Wilhelm vom Haidhausen-Museum erzählt. Sein Interesse ist rein historisch. Wilhelm ist übrigens weder Wagnerianer noch Ludwigfan oder gar Königstreuer, »ich bin doch bei der SPD.«

Auf zwei Stockwerken beleuchtet die Ausstellung das Thema mit rund 60, teils bisher unveröffentlichten Bildern und Fotos, einem dreidimensionalen Modell des Festspielhauses und historischen Büchern wie Originalen des Münchner Satireblatts »Punsch«. Denn der Wirbel um Ludwig, Wagner und Semper lieferte reichlich Stoff für Klatsch und Lästereien in der zeitgenössischen Presse. Doch trotz des ganzen Wirbels und dem Volkszorn über den verschwenderischen Wagner, schätzten die Münchner seine Musik sehr, wie Manfred Semper bemerkt, »auch wenn er ihnen nicht sympathisch war, weil er so wenig zu ihrer phlegmatischen und schlichten Art passte, wie der Vesuv auf den Gasteig passen würde.« So lautet auch der Titel der Ausstellung.

Für geisteskrank erklärt und damit regierungsunfähig, entmachtet von einem Staatsstreich, den seine eigenen Minister angezettelt hatten – kaum bekannt, laut Wilhelm bisher gar nicht erforscht, ist ein weiteres Thema der Schau: das finale Kapitel in Ludwigs Leben, dessen Wurzeln diesmal in der Au liegen. Der berühmte Dr. Gudden, der unter anderem ein »Fern-Gutachten« über den Geisteszustand des Königs erstellte und zusammen mit Ludwig 1886 auf immer noch mysteriöse Weise im Starnberger See baden ging, war nämlich ab 1872 Leiter der »Münchner Kreisirrenanstalt« am St. Wolfgangsplatz, im Bereich des heutigen Salesianums.

Der seltsame Tod Ludwig II., sagt Wilhelm, habe das Image des eigentlich renommierten Arztes Dr. Bernhard von Gudden arg verzerrt. »In Vergessenheit ist geraten, dass er ein für damalige Zeiten fortschrittlicher und aufgeklärter Klinikleiter war«, erzählt der Ausstellungsmacher. Gudden setzte sich etwa für die Abschaffung der üblichen »Zwangsmaßnahmen« ein.

1901 wird der Traum vom Wagner-Theater dann doch noch verwirklicht. Das Prinzregententheater entspricht dabei weitgehend der Festspielhausidee des 1883 verstorbenen Wagners. Heute erinnern zwischen Friedensengel und Landtag, seit 1967, eine Ludwig II.-Statue und vier Bronzeplatten an das auf dem Isarhochufer geplante Wagner-Festspielhaus. Michaela Schmid

Artikel vom 11.04.2006
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