In dieser Serie stellen wir in loser Reihenfolge ungewöhnliche Nachbarn vor

Stadt-Menschen: Gospel für New Orleans

Liz Howard singt, um den Opfern in New Orleans zu helfen.Foto: Privat

Liz Howard singt, um den Opfern in New Orleans zu helfen.Foto: Privat

Bogenhausen · Wahrscheinlich würde man die amerikanische Soul- und Gospelsängerin Liz Howard als »Wirbelsturm« bezeichnen. Wahrscheinlich, wenn dieser Begriff wegen der Katastrophe in New Orleans zurzeit keinen solch traurigen Nachklang hätte. Doch: »`Hurrikan`, das war in New Orleans ein ganz normales Wort«, sagt Howard. Sie muss es wissen, schließlich hat sie dort ihr ganzes Leben verbracht, bevor sie 1987 nach München kam.

Heute lebt sie in Bogenhausen. Und hier hat sie auch von der Tragödie in ihrer Heimatstadt erfahren. »Zunächst habe ich mir keine großen Sorgen gemacht«, sagt die energiegeladene Sängerin, »erst als die Dämme brachen, wurde mir das Ausmaß der Katastrophe klar.«

Klar war auch, dass sie nicht einfach nur zusehen konnte, wie ihre Heimatstadt unterging. »Am dritten Tag der Katastrophe saß ich vor dem Fernseher, und als ich den wütenden Bürgermeister von New Orleans und all die Leute im Superdome sah, und auf der anderen Seite unseren Präsidenten und die einseitige Berichterstattung, wurde ich sehr traurig«, erzählt die Sängerin, »es tut weh, diese Bilder zu sehen, wenn man schwarz ist.« Kurz darauf, als sie bei einer Hochzeit das Lied »Please look down and see my people through« von Duke Ellington sang, beschloss sie, selbst etwas zu unternehmen. »Es war, als hätte Gott in diesem Moment zu mir gesagt: `Liz, ich habe dir diese Stimme geschenkt, jetzt mach etwas damit und hilf deinen Leuten`«, erklärt die Gospelsängerin, die sich selbst als sehr spirituell bezeichnet.

Und sie machte etwas: Binnen kürzester Zeit organisierte sie das Benefizkonzert »SOS New Orleans«, das Ende September in der St. Lukas Kirche stattfand. Allein an diesem Abend sind über 5.000 Euro zusammengekommen, durch weitere Spenden sind es inzwischen 7.000 Euro geworden, und die Hilfe soll noch weitergehen: Auf ihrer Website versteigert Howard in diesem Monat das Bild »Jazz on the Streets«, das die ebenfalls aus New Orleans stammende Künstlerin Vivien Ellis gemalt hat.

Gerade kommt Howard von einer Tournee durch die USA zurück– und eigentlich hätte auch New Orleans auf dem Tourplan gestanden. »Doch das war nun ja leider nicht möglich«, sagt die vom Südstaaten-Jazz geprägte Sängerin. Von einigen Freunden in ihrer Heimatstadt hat sie immer noch keine Nachrichten. Auch deshalb möchte sie möglichst bald hinfahren.

Aber für immer will sie nicht zurück in die USA: »Nicht unter diesem Präsidenten, außerdem lebt meine Familie hier, und ich habe hier viele Projekte.« Eines davon sind die »Young Souls«, ein Chor von 32 Jungen und Mädchen im Alter von zwölf bis 19 Jahren. »Diese Kids sind meine Zukunft«, erklärt Howard mit strahlenden Augen, »ich lerne so viel von ihnen.«

Wie viel die Kids auch von ihr lernen, zeigt sich im Leben und auf der Bühne. »Sie werden zu weltoffenen Menschen«, sagt Howard. Und: Eine ihrer Schülerinnen hat gerade ihren ersten Plattenvertrag unterschrieben. Kathrin Sauerborn

Artikel vom 21.12.2005
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