Das jüdische Chanukka-Fest beginnt, wenn Weihnachten fast vorbei ist

Altstadt · Zwei Feste – viele Lichter

Noch ist der Jakobsplatz eine Baustelle: am 26. Dezember wird er zumindest mit einer Chanukkia (rechts) geschmückt. Foto: els, Hartmut Berlinicke

Noch ist der Jakobsplatz eine Baustelle: am 26. Dezember wird er zumindest mit einer Chanukkia (rechts) geschmückt. Foto: els, Hartmut Berlinicke

Altstadt · Den ganzen Advent über wird der Marienplatz von einem bunt geschmückten Weihnachtsbaum erleuchtet. Und keine Sorge: ganz schnell gehen die Lichter in der Münchner Innenstadt nicht aus. Denn ab 26. Dezember – dann, wenn Weihnachten schon fast wieder vorbei ist – wird in den jüdischen Haushalten Münchens ein achttägiges Lichterfest gefeiert.

Als Symbol für dieses Chanukka-Fest wird auf dem Jakobsplatz eine Chanukkia, ein neunarmiger, sieben Meter hoher Leuchter aufgestellt. In den folgenden Nächten werden mit der letzten der Kerzen Stück für Stück die ersten acht entfacht. »Dieser Brauch geht auf ein Ereignis im Jahr 164 vor Christus zurück, auf den, vor allem spirituellen, Sieg der Juden über die Griechen«, erklärt Marian Offman, CSU-Stadtrat und Vizepräsident der Israelitischen Kultusgemeinde in München.

Die Griechen hatten damals den jüdischen Tempel in Jerusalem mit einem heidnischen Altar entweiht und das koschere Öl vernichtet, mit dem die so genannte Menora, ein siebenarmiger Leuchter und uraltes Symbol der Juden, wieder entzündet werden sollte. Nur ein Fläschchen des Brennstoffs war noch erhalten – gerade genug für einen Tag. Eine Katastrophe, denn acht Tage dauerte es erfahrungsgemäß, um neues Öl herzustellen; das Licht aber durfte nicht ausgehen. Ein Wunder geschah: Das Öl reichte wie von Geisterhand nachgefüllt für die vollen acht Tage! Dieses Wunder wird an Chanukka gefeiert.

Man sieht: Obwohl Weihnachten und Chanukka einen unterschiedlichen Ursprung haben, ähneln sich die Feste in ihren Riten; das Entzünden der Chanukkia erinnert an das der Kerzen des Adventskranzes, »und auch Chanukka ist ein Lichterfest, ein Fest der Freude und eine Zeit der Zusammenkunft von Freunden und Familie«, wie Offman erklärt. Inzwischen bekommen auch jüdische Kinder Geschenke zum Chanukka-Fest: Ursprünglich haben Kinder an Chanukka Geld von ihren Eltern bekommen, um es ihren Lehrern als Schulgeld weiter zu geben. »Heute aber dürfen die Kinder das Geld oder die Geschenke behalten«, erklärt der CSU-Stadtrat.

Übrigens ähneln sich auch einige Melodien von Chanukka- und Weihnachtsliedern, ebenso die Gebete. Das jüdische Totengebet beispielsweise erinnert stark an das »Vater Unser« der Christen. Vor allem jüdische Eltern mache es laut Offman froh, dass die beiden Lichterfeste Ähnlichkeiten aufweisen: »So müssen die Kinder nicht neidisch auf die christlichen Familien sein«, sagt Offman. Dennoch glaubt der CSU-Mann nicht daran, dass christliche und jüdische Traditionen im Laufe der Zeit zu einer Einheitskultur verschmelzen. Und noch mehr: Er warnt sogar davor, Weihnachten und Chanukka zu sehr angleichen zu wollen: »Akzeptanz anderer Religionen ist wesentlich wichtiger als jeder Versuch, alles auf denselben Nenner zu bringen«, betont er. In diesem Sinne wünschen die Münchner Wochenanzeiger allen Lesern fröhliche Festtage – egal ob sie Chanukka oder Weihnachten feiern. Elena Schott

Artikel vom 20.12.2005
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