Geplante Wasserkraftanlage am Biederstein sorgt im BA für Diskussionen

Schwabing · Die »Öko-Nudelwalz’n«

Strom aus Wasserkraft findet Johannes Titze gut – auch für Schwabing. Fotos: Titze/ATRO

Strom aus Wasserkraft findet Johannes Titze gut – auch für Schwabing. Fotos: Titze/ATRO

Schwabing · Ein Mann gegen den Rest der Welt - so oder so ähnlich muss sich auch Peter Eisert auf der letzten Sitzung des Bezirksausschusses Schwabing-Freimann (BA 12) gefühlt haben. Denn Eisert hat ein Problem: Er ist gegen eine geplante Wasserkraft-Anlage am Biederstein.

»Ich bin öfters am Biederstein unterwegs und gerade im Winter ist es so schön, die Eiszapfen, die sich an den Kaskaden gebildet haben anzuschauen«, schwärmt er. Kein überzeugendes Argument für Wasserbauingeneur Johannes Titze, der die Anlage plant.

»Ziel dieser Anlage ist die regenerative Energiegewinnung durch die Fallkraft des Wassers in diesem Bereich«, erklärt er. Bei Eisert kann er damit nicht punkten, im Gegensatz zu den anderen Mitgliedern des BA. »In Sachen ›regenerative Energie‹ ist das letzte Wort noch nicht gesprochen«, hält er dagegen. »Ich bin mir sicher, dass die Regierung die Kilowattstunde nicht mehr so hoch bezuschussen kann wie bisher.« Letztendlich zähle auch in diesem (Wasser-)Fall nur die kleine Masse. Derzeit wird eine Kilowattstunde Öko-Strom, die ins Netz eingespeist wird, mit 9,67 Cent vergütet.

Bis zu 100 Haushalte sollen durch die gewonnene Energie versorgt werden können. Zudem soll vor allem für Kinder eine Art Infopavillion entstehen, an dem sie alles über Energiegewinnung und Wasserkraft erfahren können. »Dabei hoffen wir auch auf die Ideen der BA-Mitglieder und der Bürger«, meinte Titze.

350.000 Euro soll die Wasseranlage inklusive Wasserschnecke kosten. »Wir haben uns für die Schnecke entschieden, weil diese sehr robust ist und auch Äste und Laub unter Wasser ziehen kann, das erspart uns den Rechen«, führt Titze aus. Zudem sei der Eingriff in die Natur kleiner. Genau das aber bringt Eisert auf die Palme: »Für diese überdimensionale ›Nudelwalz’n‹ soll auch noch eine zweite Betonwanne gebaut werden. Ich verstehe nicht wie dieses Schwabinger Naturidyll einfach so kaputt gemacht werden kann.« 

Dem stehen 290.000 Kilowattstunden Strom pro Jahr gegenüber. Zudem sei mit dem Bau der Anlage eine Minderung der Kohlendioxid-Emission um 170 Tonnen pro Jahr verbunden.

»Es gibt ja schon seit 1793 an dieser Stelle das so genannte ›eiserne Pumpwerk‹. Wir wollen das Kanalbett weitestgehend beibehalten, lediglich der Oberlauf soll neu gefasst werden. Der Unterlauf soll sogar durch ein naturnahes Bachbett renaturiert werden«, versuchte Titze seine Idee zu verteidigen. Eisert beharrt jedoch auf seinem Standpunkt: »Wenn ich meinen Enkeln die Stromerzeugung erklären will, hebe ich einfach ein Radl hoch und dreh am Hinterrad, das hat man früher auch nicht anders gemacht.«

Titzes Antrag wurde schließlich mit zwei Gegenstimmen angenommen. »Wenn alles nach Plan läuft, könnte im Frühjahr 2006 mit dem Bau begonnen werden und bereits im Herbst 2006 wäre die Anlage fertiggestellt.«  Bis dahin seien die Baugenehmigung und die Wassergenehmigung abzuwarten  und eine Nutzungsvereinbarung mit der Landeshauptstadt München zu treffen. Sieht so aus, als wäre der kommende Winter der letzte, in dem Eisert am Brückengeländer lehnend die Eiszapfen an den Kaskaden beobachten kann. ks

Artikel vom 03.11.2005
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