In Moosach gibt es einen in Bayern einzigartigen Gottesdienst – auf Japanisch

Moosach · Konnichi wa, Tamura-san!

Hiroyuki Tamura hält seinen Gottesdienst in der Heilig-Geist-Kirche auf Japanisch. Die Predigt gibt es aber auch auf Deutsch zum Mitlesen. Foto: cr

Hiroyuki Tamura hält seinen Gottesdienst in der Heilig-Geist-Kirche auf Japanisch. Die Predigt gibt es aber auch auf Deutsch zum Mitlesen. Foto: cr

Moosach · Man stelle sich vor: Martin Cambensy oder Gerhard Rupprecht müssten einen Gottesdienst für acht Leute abhalten. Das wäre schon enttäuschend. Doch es gibt einen Prediger in Moosach, der freut sich Woche für Woche über seine sieben bis acht »Schäfchen«, die ihn gerne mit den Worten »Konnichi wa, Tamura-san« (Guten Tag, Herr Tamura) begrüßen.

Ein Paar kommt sogar extra aus Vilsbiburg in die Heilig-Geist-Kirche, wo Hiroyuki Tamura Woche für Woche einen christlichen Gottesdienst für Japaner abhält.

Zugegeben: es ist eine Randgruppe, und zwar in Japan wie in Deutschland. In dem ostasiatischen Staat sind die meisten Menschen shintoistischen oder buddhistischen Glaubens oder vertrauen auf überlieferte Religionen. Nicht mal ein Prozent der Bevölkerung hat sich für das Christentum entschieden, das sind knapp 900.000 Menschen. Und von denen leben einige hier und treffen sich regelmäßig in Moosach zum einzigen japanischen Gottesdienst in Bayern, wie Tamura sagt. Der Gottesdienst sei offen für alle, auch Deutsche könnten dorthin kommen.

Die Predigt werde zwar auf Japanisch gehalten, aber sie liege auch schriftlich auf Deutsch vor. Der 39-Jährige spricht sehr gut Deutsch, ist sicher in der Grammatik, hat nur einen leichten Akzent und ist typisch asiatisch zurückhaltend. Dabei hat er sich mit seinem Weg, der ihn bis nach Moosach geführt hat, gegen die eigene Familie aufgelehnt. Die Bibel hat der aus der Nähe von Sendai im Norden Japans stammende Tamura mit 13 Jahren kennen gelernt. »Das Buch hat großen Eindruck auf mich gemacht«, erzählt Tamura, der jetzt in Gräfelfing zu Hause ist. Im Alter von 20 Jahren hat er sich taufen lassen. »Meine Eltern waren sehr dagegen«, sagt Tamura. Doch den Kontakt hätten sie weiterhin gehalten.

Der Glaube und sein Theologiestudium haben Tamura schließlich nach Deutschland geführt, zunächst nach Göttingen. »Dort gab es einen reformierten Lehrstuhl«, doch das sei inzwischen nicht mehr so. Weil der Japaner sein Studium fortsetzen wollte, kam er nach München. »Hier ist die theologische Fakultät zwar viel kleiner, aber da ich mich auch für die Philosophie Wittgensteins interessiere, habe ich hier sehr gute Bedingungen gefunden.«

Er lebt gerne hier, er mag die Bayern, und er hat einen Unterschied zwischen Deutschen und Japanern festgestellt, obwohl seine Landsleute sagen, die beiden Völker seien einander sehr ähnlich: »Die Deutschen wissen, wie man sich amüsiert. Das gefällt mir sehr gut.« Und so hält Tamura es in seiner Wahlheimat gut aus, obwohl seine Wurzeln so weit entfernt sind. Er möchte gerne hierbleiben, aber: »Es gibt hier langfristig keinen Job für einen japanischen Theologen.« Wenn sich das nicht ändert, muss er Deutschland vielleicht irgendwann verlassen, denn auch er muss seinen Lebensunterhalt verdienen.

Der japanische Gottesdienst findet jeden Sonntag um 14.30 Uhr in der Moosacher Heilig-Geist-Kirche statt. Wie man Tamura erreichen kann, steht im Internet unter http://jpgottes.cside.com. Wer dann noch unter www.wochenanzeiger.de reinklickt, erfährt, was sonst noch in Moosach alles los ist. Carsten Clever-Rott

Artikel vom 14.07.2005
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