150. Geburtstag: Ludwig Ganghofer in der Monacensia

Bogenhausen · Jenseits aller Alpenklischees

Gruppenbild beim Ganghofer-Gedächtnis-Schießen am 7. Juli 1905, dem 50. Geburtstag des Autors (re. oben). Links unten: Ludwig Thoma.	Foto: Monacensia

Gruppenbild beim Ganghofer-Gedächtnis-Schießen am 7. Juli 1905, dem 50. Geburtstag des Autors (re. oben). Links unten: Ludwig Thoma. Foto: Monacensia

Bogenhausen · Er gilt als »Heile Welt«-Schriftsteller am Rande des Kitsches, bis heute wurden weltweit insgesamt mehr als 30 Millionen seiner Werke wie »Der Jäger von Fall« verkauft. Daneben ist er einer der meist verfilmten deutschen Autoren – besonders in den 50er Jahren wurden seine Jagerer- und Wilderergeschichten vor dramatischer Bergkulisse zum Stoff für deutsche Heimatfilme. Ludwig Ganghofer.

Am 7. Juli würde der frühe Bestsellerautor seinen 150. Geburtstag feiern – Grund für das Münchner Literaturarchiv Monacensia in der Maria-Theresia-Straße 23 das Phänomen Ganghofer näher zu beleuchten. Am Freitag, 1. Juli, 18 Uhr bis 22 Uhr findet ein Symposium statt, bei dem vier Literaturwissenschaftler über den Erfolgsautor zwischen Heimatkunst und Moderne, Frauen- und Männerbilder in seinem Werk und neueste Forschungsergebnisse über seine Kriegstagebücher referieren. Von 20.30 bis 21.30 Uhr folgt eine Podiumsdiskussion, die Dr. Elisabeth Tworek, Leiterin der Monacensia, moderiert. Karten zu 7 Euro gibt es an der Abendkasse.

Ludwig Ganghofer (geboren 7. Juli 1855 in Kaufbeuren, gestorben am 24. Juli 1920 am Tegernsee) verstand es sich dank seiner immensen Schreibleistung und seiner historisch-literarischen Bildung auf dem Markt präsent zu halten und hatte im literarischen Leben des Kaiserreichs beispiellosen Erfolg. Alle gegenläufigen Tatsachen – Ganghofers Freundschaft mit Hofmannsthal, sein Eintreten für den zensurverfolgten Wedekind – blieben lange verborgen unter dem Stereotyp des blonden naturverbundenen Bergmenschen, das Ganghofer selbst sehr bewusst forcierte.

Liest man etwa seine – zum Teil bis heute unveröffentlichten – Briefe, gewinnt man Einblick in eine hochgradig ambivalente Existenz, in der sich große Gegensätze begegnen. So war der Schriftsteller Ganghofer Aktionär der AEG, wie er am 18. November 1906 beiläufig seinem Literatenkollegen Thoma mitteilte; in seinen Romanen hingegen unterschlägt er die Modernisierung der Lebenswelt, etwa durch die Elektrizität, um ein naturnahes, sich selbst genügendes Leben zu zeigen.

Ziel des Kolloquiums ist es, die bisher nicht gesehenen Seiten dieses Erfolgsschriftstellers in den Vordergrund zu rücken. Am Dienstag, 5. Juli, 20 Uhr, lädt der literarische Landvermesser Gerd Holzheimer zur Fährtensuche jenseits des gängigen Ganghoferbildes ein, der Förstersohn und Schauspieler Peter Weiß bringt dazu Ganghofer zu Gehör. Karten zu 7 und 6 Euro an der Abendkasse.

Nichts ist leichter, als über Ludwig Ganghofer das bekannte Klischee zu verbreiten. Man kann den Mann aber auch aus der Gartenlaube herausholen und die Schonzeit für Hirsche nutzen. Dann wird man mit Ganghofer jenseits seines sattsam bekannten Alpenkitsches erstaunliche Entdeckungen machen können. Lyrik in der Tradition Eichendorffs durchsetzt den Roman »Waldrausch«, in »Gestalt eines Schmetterlings« erscheint Gott im »Klosterjäger«, als wärs ein Stück aus der Feder eines bayerischen Taoisten. Im »Lebenslauf eines Optimisten« entpuppt sich Ludwig Ganghofer als Glücksspieler, Freeclimber und gar als Exhibitionist...ms

Artikel vom 28.06.2005
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