Der Stadtteil-Jahresrückblick

Das war 2004

Ein Wohnmobil, das nicht fahren kann. Ein Hubschrauber, der nicht fliegen kann. Das muss Kunst sein.

Ein Wohnmobil, das nicht fahren kann. Ein Hubschrauber, der nicht fliegen kann. Das muss Kunst sein.

Schwabing · In Schwabing gibt es Vereine, Verbände, Gewerbe, Parteien und (am allerwichtigsten) die Schwabinger. Der bewährten Heimwerker-Parole »Do it yourself« folgend, haben die Menschen im Stadtteil in den letzten zwölf Monaten eine Menge auf die Beine gestellt. Manchmal mussten sie aber auch machtlos zusehen. Was die Schwabinger 2004 bewegt hat, lesen Sie hier.

Jahresrückblicke der Münchner Wochenanzeiger

LEBEN zwischen KUNST und HIGHLIFE Wie die Schwabinger sich ihren tristen Alltag aufpolieren (lassen)

Schwabing · Schwabing swingt und klingt, tanzt und lacht, entdeckt und kreiert, bebt und rockt. Was sich die Schwabinger im Jahr 2004 alles ausgedacht haben, um ihre Mitmenschen zu unterhalten und zum Nachdenken zu bringen, lesen Sie hier im »kulturellen Jahresrückblick«.

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Wer kennt sie nicht, die »Schwabinger Gisela«? Im Januar 2004 wurde ihr eine Ehrung zuteil, die sie sich durch ihr Lebenswerk als Gastwirtin, Schauspielerin und Sängerin redlich erworben hat. Die 75-Jährige wurde mit der Medaille »München leuchtet« ausgezeichnet, auch wenn sie sich wegen ihrer Lieder auch mal mit der Obrigkeit angelegt hat, die »unzüchtige Gisela«.

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Ein sensationeller Kunstraub in der Seidlvilla hat Ende April für Aufsehen gesorgt. Doch die Entwarnung folgte prompt: Es war »nur« ein Krimi-Festival, das die grauen Zellen der Hobbydetektive im Schwabinger Kulturzentrum herausforderte. Und weil sich die Aktion schon zum zweiten Mal großer Beliebtheit erfreute, darf man auch 2005 auf eine Neuauflage hoffen.

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Nachdem sich die »Seerose« selbst in einen Winterschlaf versetzt hat, bestand die Gefahr, dass der Literaturkreis ganz aufgelöst wird. Doch im Juni hatten die verbliebenen Mitglieder nicht nur den Willen, sondern auch die Kraft, den traditionsreichen Literaturkreis wieder aufleben zu lassen. Ausschlaggebend war hierbei das Gedenken an Ernst Bleisch, der den Seerosenkreis von 1979 bis zu seinem Tode im Jahr 2003 leitete.

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Im Schwabinger Soundcafé ist man stolz auf die Arbeit, die dort 15 Jahre lang geleistet wurde. Inzwischen aber kämpft die Jugendeinrichtung mit Zuschusskürzungen, die sie zwangsläufig an ihre Klientel, nämlich die Schwabinger Jugendlichen weitergeben müssen. Stellenabbau, Kürzung der Öffnungszeiten, Sparzwang – im Soundcafé herrscht angesichts dieser Zustände Ratlosigkeit. Doch die gute Laune lassen sie sich hier trotzdem nicht verderben.

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Das Wohnmobil-Hubschrauber-Kunstobjekt am Kurfürstenplatz hat im Sommer die Blicke von Passanten und Anwohnern auf sich gezogen. Bildhauer Tobias Regensburger hat damit seine Vision zum Thema »Survival« ausgedrückt. Was es den Schwabingern gebracht hat? Keine Ahnung.

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Planer und Architekten bestimmen das Bild einer Stadt. Im Rahmen der zweiten Architekturwoche haben sich eben jene Planer auf den Dialog eingelassen, um nicht nur der eigenen beruflichen Befriedigung zu dienen, sondern hauptsächlich den Menschen, die Tag für Tag mit den Ergebnissen der Planer leben müssen.

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Schwimmbad oder Kino? Das war im vergangenen Sommer eine Frage, die sich leicht beantworten ließ – jedenfalls in Schwabing. Mit dem Kino am Pool im Ungererbad, präsentiert von den Schwabinger Seiten, konnte man beides genießen, sinnvollerweise nacheinander. Gezeigt wurden richtige Kino-Blockbuster in einer Atmosphäre, die ein überdachtes Kino nicht bieten kann. Dafür gibt’s das Kino am Pool natürlich nur im Sommer. Troja, Nemo, Herr der Ringe – Kinofans waren im Sommer öfter im Ungererbad zu finden.

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Ein ungewöhnliches Jobangebot hatte der Schwabinger Mond-Makler Josef Toth für Gerhard »MV« Mayer-Vorfelder parat. Der DFB-Chef sollte Fußball-Präsident auf dem Mond werden. Doch er lehnte ab, nahm den Scherz ganz locker. Und wenn’s gar kein Scherz sein sollte? Na denn prost!

2004 – echt ein »bombiges« JAHR - Kurioses, einzigartiges, unglaubliches, lobenswertes Schwabing

Großeinsatz für die Polizei und für den Sprengmeister Günther Hanft. In der ehemaligen Stettenkaserne hat ein Bauarbeiter am 7. September eine Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg gefunden – ein Blindgänger, der auch noch hätte explodieren können. Routiniert nahm Hanft das »komische Ding«, das Baggerfahrer Uwe Suhr zunächst nicht identifizieren konnte, auseinander. Nix passiert, Ende gut, alles gut. Die Profis haben ihren Job ausgezeichnet erledigt.

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Verrückt? Oder ausgefallen? Manfred Groitl ist Coach der »Schwabing Reddevils« und als solcher trainiert er Stars des American Football. Die wissen zwar nix davon, spielen aber trotzdem für ihren Coach in der »All Year Fantasy Football League«. Für die Ehre. Für Schwabing. In der Weißbier Division.

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Wie es ist, wenn einem die Hose näher ist als das Hemd, macht Kathrin Seyfahrt vor. Die Schwabingerin hat »Wunschträume e.V.« ins Leben gerufen. Der Verein ist ein Netzwerk und zugleich Plattform für gute Ideen und hilfreiche Projekte für benachteiligte Frauen in aller Welt. Der Verein ist in Afrika aktiv, aber auch in München, wo immer er gebraucht wird.

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Mit den Schwabinger Hofflohmärkten ist der Name Dorothee Fichter untrennbar verbunden. Als ehrenamtliche Vertriebs-Chefin, Marketing-Leitering, Presse-Sprecherin, Werbebeauftragte und Projektleiterin trägt sie – zusammen mit einem Team fleißiger Hände und Köpfe – die Verantwortung für Erfolg oder Scheitern der Hofflohmärkte. 2004 konnte sie diese Flohmärkte auch in die Maxvorstadt »exportieren«. Klingt nicht wie ein Misserfolg.

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In Schwabing treffen Menschen aller Art zusammen. Wer von dem »Schickeria-Stadtteil« spricht, kennt zum Beispiel FÖNIDITRAK nicht. Der Schwabinger Verein hilft nierenkranken Kindern vor und nach Operationen. In Schwabing treffen Menschen aller Art zusammen – und helfen sich.

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Wenn’s eine Krise gibt, dann aber nicht in Schwabing. Der Karstadt an der Münchner Freiheit ist eines des rentabelsten Häuser in ganz Deutschland. 2004 hat das Kaufhaus Geburtstag gefeiert. 40 Jahre gibt es das Kaufhaus, zunächst als Hertie im »Schwarzen Riesen«, jetzt als Karstadt in einem modernisierten Gebäude.

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Wo viel Autoverkehr herrscht, nimmt auch die Unfallgefahr zu, so auch in Schwabing. Die dortige Polizei muss sich immer öfter mit Unfallflucht auseinandersetzen. Immer häufiger entfernten sich die Autofahrer unerlaubt vom Unfallort, sogar wenn Menschen verletzt worden sind, wie am 23. September in Schwabing. Die Polizei mahnt mehr Verantwortungsbewusstsein an. Unfallflucht ist eine Straftat.

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Mit der Eröffnung der »First Love Ambulanz« im Schwabinger Krankenhaus wollen die Initiatoren bei der Aufklärung Jugendlicher in Fragen der Sexualität helfen. Denn da besteht Nachholbedarf wie Schirmherrin Dr. Gertraud Burkert (Zweite Bürgermeisterin) und Patin Regina Halmich (Boxweltmeisterin) erklärten. Es ist die erste Anlaufstelle dieser Art in München.

Schwabing: Keine »POLITIK-freie ZONE« - Mahnen, meckern, mobilisieren – ein Stadtteil gestaltet sich selbst

Wenn ein Münchner Stadtteil für seine Szene bekannt ist, dann ist es ganz klar Schwabing. Der Name ist in ganz Deutschland ein Begriff. Doch damit ist Schwabing keine »Politik-freie Zone«. Ganz im Gegenteil. In Schwabing wurde 2004 gezofft und demonstriert. Das Miteinander-Reden haben die Beteiligten dabei aber nicht vergessen.

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Es war noch im kalten Winter, als sich verärgerte Gymnasiasten am Geschwister-Scholl-Platz trafen, um den Landespolitikern einzuheizen. Eine groß angelegte Demonstration gegen die Einführung des achtjährigen Gymnasiums (G8) war geplant, doch nur rund 300 Schüler und Eltern waren dem Protestaufruf gefolgt. Die Verkürzung der Schulzeit konnten sie nicht verhindern.

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Außerhalb der Schulzeit haben sich die Schüler des Willi-Graf-Gymnasiums mit einem anderen politischen Thema intensiv beschäftigt: mit der EU-Osterweiterung. Anlass war der Besuch des EU-Erweiterungskommissars Günter Verheugen, den die Schüler durch ihr Fachwissen und ihre kritischen Nachfragen überraschten.

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Besonderer Einsatz wurde heuer der MVG – U-Bahn, Bus und Tram für München – in Schwabing abverlangt. Während Geschäftsführer Herbert König laut über einen neuen U-Bahntunnel vom Hauptbahnhof zur Münchner Freiheit nachdachte, gingen Schwabinger CSU-Politiker noch einen Schritt weiter: Sie fordern die U-Bahn von der Münchner Freiheit unter der Leopoldstraße nach Norden zum neuen Fußballstadion. Unverständnis bei der SPD: »Für ein solches Millionenprojekt ist kein Geld da.« Die City-Spange ist nach einer Machbarkeitsstudie Mitte des Jahres auf erhebliche Probleme gestoßen. Der U-Bahnhof am Hauptbahnhof müsste ausgebaut werden – zu teuer. Auch da ist kein Geld vorhanden. Wohl aber für die Tram-Anbindung der Parkstadt Schwabing. Die allerdings stößt bei Anwohnern auf Widerstand. Sie befürchten eine hohe Lärmbelastung. Diese bezweifelt die MVG. Die Tram wird kommen.

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So wie die Parkstadt Schwabing wächst, wächst auch ein neues Stadtviertel am Ackermannbogen. In einem Workshop haben sich Vertreter von Stadt und Einzelhandel auf wesentliche Elemente der Infrastruktur geeinigt. Dabei sind auch Wünsche der Bürger nach Treffpunkten und Veranstaltungsmöglichkeiten erhört worden.

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Schwabing ist tief gespalten – was die Versorgung mit Kindergartenplätzen angeht. In Schwabing-West liegt die Versorgung bei etwa 70 Prozent, in Schwabing-Freimann gibt es noch freie Plätze. Mit der Siedlung am Ackermann-Bogen soll sich die Situation für Schwabing-West deutlich verbessern – bis 2007.

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Mit einer Aktion hat die Erlöserkirche im Mai auf die vergleichsweise zwar niedrigen, trotzdem aber in der Tendenz steigenden Arbeitslosenzahlen in München und vor allem in Schwabing aufmerksam gemacht. Vor der Kirche wurde ein »Kreuz der Arbeitslosigkeit« als Mahnmal aufgestellt. Dort konnten Arbeitslose symbolisch ihre Zukunftswünsche ans Kreuz nageln, weil sie sie aufgrund ihrer Erwerbslosigkeit aufgeben mussten.

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Zur Volljährigkeit ließen die Schwabinger nicht (nur) die Sau raus, sie diskutierten auch mit Vertretern in Bezirks-, Land- und Bundestag. Diese hatten zum »Fest der jungen Erwachsenen« geladen, um sich vorzustellen, auch um den Kontakt herzustellen und aufzubauen. Ob’s was genützt hat, wird sich noch zeigen. Jedenfalls haben sich die Politiker große Mühe gegeben, sich von ihrer besten Seite zu präsentieren.

Artikel vom 29.12.2004
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