Zeitzeuge des Hitler-Attentats im Luitpold-Gymnasium

»Held« von 1944 im Gespräch

Keinesfalls nur  »alte Geschichten«: Das, was Philipp von Boeselager den Schülern erzählen konnte, geht nach wie vor an. Foto: Luitpold-Gymnasium

Keinesfalls nur »alte Geschichten«: Das, was Philipp von Boeselager den Schülern erzählen konnte, geht nach wie vor an. Foto: Luitpold-Gymnasium

Lehel · »Moralisch in der Pflicht« habe er sich gefühlt, die Attentäter vom 20. Juli 1944 zu unterstützen. So beantwortete am vergangenen Donnerstag der letzte Überlebende der sogenannten »Hitler-Attentäter«, Philipp Freiherr von Boeselager, die Frage eines Schülers, wieso sich der damalige Wehrmachtsoffizier freiwillig in so große Gefahr begeben hätte, um sich am letzten Versuch zu beteiligen, den Tyrannen Hitler zu stürzen.

Boeselager besuchte am vergangenen Donnerstag und Freitag, auf Einladung des Deutsch- und Geschichtslehrers Gottfried Rauh und der Schulleitung, das Luitpold Gymnasium an der Seeaustraße, um zahlreichen Schülern, Eltern und Interessierten aus ganz München die Geschichte und Hintergründe des gescheiterten Attentats im Führerhauptquartier Wolfsschanze zu erzählen.

Der heute 87-jährige Boeselager hatte im Vorfeld des Attentats dabei geholfen, den Sprengstoff zu besorgen, mit dem Graf Stauffenberg am 20. Juli 1944 Adolf Hitler und viele seiner engsten Mitarbeiter während einer Lagebesprechung in die Luft sprengen wollte. Bei Gelingen des Attentats, wollten die Verschwörer rund um Stauffenberg die Macht in Deutschland an sich reißen, die Nazis quasi von der Regierung wegputschen und aus Deutschland aus eigener Kraft wieder einen Rechtsstaat machen.

Boeselager selbst befand sich am 20. Juli zusammen mit rund 1200 Soldaten an der Ostfront bei Brest. Sobald Hitler gestorben wäre, sollte er mit ihnen nach Berlin geflogen werden und Stauffenberg und seine Verbündeten beim Staatsstreich unterstützen. Das Attentat scheiterte. Boeselager kehrte in aller Eile an die Front zurück. »Bis zum Schluss« hätten die Nazis wohl nichts von Boeselagers Rolle während des Attentats gewusst, erklärte der elegante ältere Herr dem gebannt lauschenden Publikum im Luitpoldgymnasium. Und auch nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wollte Boeselager sich nicht als Held feiern lassen. Der Offizier studierte Volkswirtschaft und war mehr als 20 Jahre Präsident des Vereins der Waldbesitzer. Erst Mitte der Fünfziger Jahre besann sich die junge Bundesrepublik auf Boeselagers Verdienste und berief ihn in die Planungskomission für die neu entstehende Bundeswehr.

»Die Schüler haben durch den Besuch etwas verstanden«, zieht Gottfried Rauh ein positives Resümee der Veranstaltungen mit Boeselager. Und dass die junge Generation etwas versteht, auch darum geht es Boeselager. Filippo Cataldo

Artikel vom 27.07.2004
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