Ostdeutsche Antwort auf »Grease«

DDR-Disco-Filme im Museum

Zentrum · Das 16. Filmfest Dresden schickt einen Teil seines Programms auf Reisen. Das Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum, St. Jakobs-Platz 1, zeigt daraus am Donnerstag, 22. April, 19 Uhr, in der Open Scene die »Disco-Rolle«: Neun Kurzfilme zum Thema Disco und DDR der 70er und frühen 80er Jahre, die einen filmischen Blick auf die DDR und die osteuropäische Musikszene jener Zeit werfen.

Das Programm wird ergänzt durch das erste Film-Musical der DDR, »Heißer Sommer« (1967) mit den Schlagerstars Frank Schöbel und Chris Doerk. Als Musik noch »fetzig« war, produzierte das DEFA-Studio für Dokumentarfilme eine Reihe so genannter Disco-Filme. Als frecher Musikclip, ambitionierter Kunstfilm und ausdrucksstarke Dokumentation in einem waren diese Filme in den spätsiebziger und achtziger Jahren für das Vorprogramm in ostdeutschen Kinohäusern bestimmt. Neben der Visualisierung der Rock- und Popklänge von City, Omega, Vaclav Neèkar und anderen liefern diese Kurzfilme Konzertausschnitte und Interviewpassagen.

Offenbarend und teilweise amüsant sind aus heutiger Sicht vor allem jene Szenen, in denen allzu deutlich wird, wie die Filmemacher versuchten, zwischen den jugendlichen Träumen und einer sozialistischen Kulturpädagogik zu vermitteln. Die Disco-Filme vermitteln heute ein authentisches Bild von den ästethischen Vorstellungen in der DDR, bei denen aus den Augenwinkeln zuweilen auch vorsichtig auf die Standards der sich entwickelnden westlichen Musikvideokultur geschielt wurde. Mit mehr als sechs Millionen Besuchern war der Musikfilm »Heißer Sommer« einer der größten Erfolge in den Kinos der DDR.

Dies lag an den populären Schlagerstars Frank Schöbel und Chris Doerk, die damals auch privat ein Paar waren, und sicher auch daran, dass hier nur unbeschwerte Sommerfreude und kaum DDR-Alltag vermittelt wird. Auch ohne eigene Ost-Biographie kann man sich über die Kostüme, die seltsame Choreographie und den etwas anderen Look amüsieren – und das im Televisions (= Cinemascope)-Format. Die Hits dieses Films brennen sich jedenfalls unweigerlich in den Kopf des Betrachters ein. In den USA, wo der Film als die ostdeutsche Antwort auf »Grease« gehandelt wird, ist der Film unter dem Titel »Hot Summer« als DVD erschienen. Der Eintritt kostet 4 Euro, ermäßigt 3 Euro. Kartenvorbestellungen sind unter Telefon 233-2 41 50 möglich.

Artikel vom 22.04.2004
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