In Moosach wird gepfändeter Hausrat aus ganz München zwangsversteigert

Wenn der Hammer fällt

Ein Fingerzeig und schon ist der Zuspruch erteilt. Im Auktionsraum des Amtsgerichts an der Schragenhofstraße 27 finden vier Mal die Woche Zwangsversteigerungen statt.	Foto: ta

Ein Fingerzeig und schon ist der Zuspruch erteilt. Im Auktionsraum des Amtsgerichts an der Schragenhofstraße 27 finden vier Mal die Woche Zwangsversteigerungen statt. Foto: ta

Moosach · Gemurmel erfüllt den Raum. Grüppchenweise stehen und sitzen die Leute in dem Lagerraum an der Schragenhofstraße 27. Hier und da ein kleiner Fingerzeig. Vom Pult am Ende des Raumes werden Geldbeträge in die Menge gerufen.

Dann der Zuschlag und wieder ein grinsendes Gesicht mehr. Wieder ein Schnäppchen gemacht. Selbst wenn es bloß ein paar Fernbedienungen sind, von denen eigentlich keiner so genau weiß, wozu sie gehören. Aber vielleicht lohnt sich auch das Fahrrad da im Eck oder die Kommode?

So oder ähnlich spielt es sich jeden Dienstag bis Freitag ab 9 Uhr in der Gerichtsvollzieherei ab. Das Amtsgericht München führt hier vier Mal die Woche Zwangsversteigerungen durch. Dann kommt unter den Hammer, was die Münchner Gerichtsvollzieher in Wohnungen so pfänden müssen. »Das ist zum einen Hausrat aus Zwangsräumungen, aber auch nicht abgeholte Pfandsachen«, berichtet Friedrich Binder aus seinem Arbeitsalltag. Der Obergerichtsvollzieher ist seit 27 Jahren zum Pfänden unterwegs. Seit einigen Jahren ist Moosach sein »Revier«. »Wenn die Sachen nach zwei Monaten nicht abgeholt sind, werden sie versteigert, das Geld geht dann an die Gläubiger.«

»Hier in Moosach kennen mich die Leute teilweise schon, wenn sie mich auf der Straße sehen«, grinst der 55-Jährige. »Teilweise schauen die Leute dann zwar beschämt weg, aber viele Grüßen einen auch ganz freundlich.« Aggressiv wird Binders »Kundschaft«, wie er sie nennt, aber glücklicherweise selten. »Höchstens bei Zwangsräumungen. Wenn die Leute ihre Miete nicht zahlen können, wird die Wohnung geräumt. Der Vermieter ist dabei meist nicht anwesend.

Da wird man dann quasi zum Prellbock.« Binder meistert diese Situationen aber mit Geduld. »Man muss einfach immer freundlich sein zu den Leuten«, erzählt der Gerichtsvollzieher mit ruhiger Stimme. »Dann erzählen einem die Menschen teilweise auch einfach ihre Probleme, so dass man sich manchmal wie ein Sozialarbeiter vorkommt.« Für Binder aber kein Problem: »Wenn ein bissl Zeit ist, dann hat man schon mal ein offenes Ohr.« Die Zeit drückt aber trotzdem ein wenig, denn über Politikerforderungen nach einer 42 Stunden-Woche für Beamte kann Binder nur grinsen. »Da wäre ich ja froh drüber! Unter 60 Stunden geht bei uns keine Woche vorüber.« Stören tut ihn das aber nicht. Er geht wieder ins Revier Moosach und füllt das Lager an der Schragenhofstraße. Tobias Aumüller

Artikel vom 08.04.2004
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