Wie Burkhart Preisendörfer die „Biss“ an den Mann bringt

»Let me entertain you!«

Sechs Tage in der Woche verkauft Burkhart Preisendörfer, »Mr. Biss«, die gleichnamige Obdachlosen-Zeitung 	Foto: mhf

Sechs Tage in der Woche verkauft Burkhart Preisendörfer, »Mr. Biss«, die gleichnamige Obdachlosen-Zeitung Foto: mhf

Zentrum · Es war kein guter Tag heute für Burkhart Preisendörfer. Bauchschmerzen, Kopfschmerzen und kalt ist es auch noch, im Dezember am Sendlinger Tor. Hier, am U-Bahn-Ausgang Sendlinger Strasse, ist Preisendörfers Revier; hier verkauft er seit sechs Jahren die Münchner Obdachlosenzeitschrift »Biss«.

Doch sein schlechtes Befinden lässt sich Preisendörfer nicht anmerken. »Sozial- und gesellschaftskritisch, neu und bissig« trällert er seinen persönlich kreierten Slogan durch den U-Bahnhof, nickt Passanten aufmerksam zu und unterhält sich mit seinen Stammkunden. Fast könnte man ihn als PR-Maschine in eigener Sache bezeichnen.

Am liebsten nennt er sich Mr. Biss, bekannt durch Film, Funk und Fernsehen.«

Die meisten Münchner kennen Preisendörfer wohl eher wegen seinen energischen Auftritten in den Lokalen des Glockenbachviertels. Sechs mal die Woche macht er seine abendliche Kneipentour durch die Innenstadt. Allerdings nur, um seine Hefte zu verkaufen. Was nicht heißen soll, dass Preisendörfer nicht auch selbst gerne Kneipengast ist. Sogar ins Atomic Café geht er gerne mal, »zum abtanzen«.

Die Zeiten waren jedoch nicht immer so rosig, obwohl Preisendörfer überzeugt ist, dass ich »eigentlich alles hätte werden können«. Schließlich habe er immer alles ganz genau wissen wollen. Zu genau vielleicht, denn bevor der gebürtige Franke zu Biss kam, lebte er ein Leben, in dem Gefängnisaufenthalte die einzige Regelmäßigkeit darstellten. Nach dem letzten Mal überlegte er sich es anders, machte eine Therapie und wurde dank einer Knastbekanntschaft Biss-Verkäufer. Womit er ziemlich erfolgreich ist. Immerhin gehört er zu den Top Fünf der Bissverkäufer. 1400 Zeitschriften verkauft er durchschnittlich im Monat.

Trotzdem wundert sich Preisendörfer immer wieder über die Leute, die in der U-Bahn an ihm vorbei gehen. »Manche gehen einfach auf mich zu, als würden sie mich nicht sehen und erwarten, dass ich ihnen aus dem Weg spring’« erzählt er. Oder die Leute, die immer freundlich hallo sagen, aber nie was kaufen. »Die wollen immer gegrüßt werden, aber eine Zeitschrift wollen sie nicht.« Und für Sprüche der Sparte »Wie wär’s mal mit Arbeiten?« hat er nur ein Kopfschütteln übrig. Für heute hat Burkhart »Mr. Biss, das Medientier« Preisendörfer genug. »Ich fahr heim und koch mir was Gutes« freut er sich. Meredith Haaf

Artikel vom 04.12.2003
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