NordOstKultur erforscht seit 20 Jahren den Stadtbezirk

Bogenhausen/Englschalking · Mehr als Bogenhausen

Der Dorfkern von Englschalking: einer von acht Orten, die im Stadtbezirk Bogenhausen aufgegangen sind. Foto: bas

Der Dorfkern von Englschalking: einer von acht Orten, die im Stadtbezirk Bogenhausen aufgegangen sind. Foto: bas

Bogenhausen/Englschalking · Was heute als "Stadtbezirk Bogenhausen" oberflächlich wie eine Einheit wirken mag, ist historisch betrachtet ein Zusammenschluss mehrerer ehemaliger Gemeinden. Die Geschichte der acht Orte Bogenhausen, Oberföhring, Daglfing, Denning, Englschalking, Johanneskirchen, Steinhausen und Zamdorf dürfte kaum jemand besser kennen als NordOstKultur. Der Verein feiert aktuell seinen 20. Geburtstag mit einem umfangreichen Programm.

Seit zwei Jahrzehnten beleuchten die Mitglieder des Vereins unermüdlich die verschiedensten Ecken des heutigen 13. Stadtbezirks. Denn der Verein, der an die 380 Mitglieder zählt, hat sich zum Ziel gesetzt, die Geschichte und Kultur des Münchner Nordostens zu erforschen, zu erhalten und auch öffentlich bewusst zu machen. Am Anfang waren die „Dörfer auf dem Ziegelland” – ein umfassendes Werk über Daglfing und seine früheren Ortsteile. Der Historiker Willibald Karl hatte 2001 in der Volkshochschule ein Team versammelt, um die bei vielen vergessene Historie des von Ziegeleien geprägten Landstrichs zwischen Bogenhausen, Berg am Laim, Unterföhring und Aschheim zu erforschen. Ein Jahr später gründete das Buchteam mit Freunden den Verein »NordOstKultur«, der offiziell „Verein für Stadtteilkultur im Münchner Nordosten” heißt.

Drei Orte gehörten dem Freisinger Bischof

Die Geschichte des Münchner Nordostens ist recht vielfältig und durch wechselnde politische Verhältnisse geprägt. So gehörten Oberföhring, Englschalking und Daglfing bis 1803 zur Grafschaft Ismaning, die dem Freisinger Fürstbischof unterstand. Wo heute die Memeler Straße und Englschalkinger Straße verlaufen, war damals die Grenze zum Herzogtum Baiern. Mit der Säkularisation fanden sich alle Orte im Königreich Bayern wieder, bis sie ein Teil von München wurden, sollte es aber noch dauern.

Als erstes wurde Bogenhausen 1892 in die Landeshauptstadt eingemeindet, Oberföhring, Steinhausen und Zamdorf folgten 1913 – die letzteren beiden gehörten seinerzeit zu Berg am Laim und wurden erst 1937 dem Bezirk Bogenhausen zugeschlagen. Erst 1930, also vor weniger als 100 Jahren, kamen Daglfing, Denning, Englschalking und Johanneskirchen zu München. Sie hatten bis dahin die Gemeinde Daglfing gebildet, als deren Zentrum sich Englschalking herauskristallierte, nicht zuletzt, weil hier 1896 die Gemeindeschule eröffnete. Der letzte Daglfinger Bürgermeister, Wilhelm Flaschenträger, war ein Ziegeleibesitzer aus Englschalking.

Heute stehen die Ortskerne von Daglfing, Oberföhring, Englschalking und Johanneskirchen ebenso wie "Altbogenhausen" unter Ensembleschutz. Die einzelnen Orte sind wegen der Neubebauung aber kaum mehr als solche wahrnehmbar. Dass sie dennoch den meisten Bürgern geläufig sind, ist nicht zuletzt ein Verdienst des NordOstKultur-Vereins: Die Mitglieder haben nach eigenen Angaben "viel Verborgenes und Verschwundenes wieder sichtbar gemacht, Sichtbares dokumentiert, Erzählbares niedergeschrieben, Erzähltes vorgetragen und der Öffentlichkeit präsentiert." Zum Programm gehören regelmäßige Stadtteilführungen, Radtouren, Ausstellungen und Vorträge. Dazu hat der Verein zahlreiche Bücher über die Geschichte des Nordostens veröffentlicht.

Großer Einsatz für Alte Ziegelei

Als bedeutendstes Projekt von NordOstKultur gilt die „Alte Ziegelei Oberföhring”. Durch den Einsatz des Vereins gelang es, zwei Gebäude der ehemaligen Ziegelei Josef Haid vor dem drohenden Abriss zu bewahren. Jetzt stehen die Bauwerke inmitten einer neuen Wohnsiedlung zwischen Oberföhringer Straße und Effnerstraße. Das in München einmalige Industriedenkmal besteht aus einem Maschinenhaus in der Carry-Brachvogel-Straße und dem Trockenstadl am Weg Zur Alten Ziegelei. Im Maschinenhaus sieht man die zur Fertigung von Ziegelsteinen benötigten Maschinen, die bis in die 1960er Jahre im Einsatz waren.

Zum Jubiläumsprogramm gehören zwei Ausstellungen, die NordOstKultur im und vor dem Vereinsheim im Bürgerpark Oberföhring (Oberföhringer Straße 158, Haus 1) zeigt. Im Haus stellt Karin Bernst einige, meist öffentlich sichtbare Werke verschiedenster Kunstformen im Stadtbezirk Bogenhausen dar, neben den obligatorischen Objekten wie Mae West oder dem Friedensengel auch Graffiti oder Brückenschmuck. Vorgestellt werden zudem Künstlerinnen und Künstler, deren Werke im Stadtbezirk zu sehen sind, oder die dort gelebt haben. Vor dem Haus treffen Passanten auf "Kunst am Bauzaun", eine Wanderausstellung der Künstlergruppe BoART mit Malerei, Fotografie und Skulpturen.

Die Festwoche von NordOstKultur endet am Sonntag, 18. September. Bis dahin lädt der Verein täglich zu kostenlosen Lesungen ein. So sind zum Beispiel am Samstag, 17. September, um 19 Uhr, "Englschalkinger Kurzgeschichten" von Rainer Oehl zu hören, bevor sich gegen 19.40 Uhr Gabriele Krack an ihre Kindheit erinnert. Sie ist in Denning aufgewachsen und war später Lehrerin an der Grundschule in der Ostpreußenstraße. Am Samstag veranstaltet NordOstKultur zudem gleich sechs Führungen im Stadtbezirk.

Für alle Veranstaltungen ist eine Anmeldung erforderlich, die Details sind zu finden unter programm.nordostkultur-muenchen.de

Artikel vom 13.09.2022
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