Zu wenig Helfer

Nachbarschaftshilfe Moosach braucht Verstärkung

Viele Anfragen, doch zu wenig freiwillige Helfer: Eduard Wagner und die Nachbarschaftshilfe Moosach müssen derzeit am Anschlag arbeiten. Foto. bs

Viele Anfragen, doch zu wenig freiwillige Helfer: Eduard Wagner und die Nachbarschaftshilfe Moosach müssen derzeit am Anschlag arbeiten. Foto. bs

Moosach · Die Moosacher Nachbarschaftshilfe braucht selbst Hilfe. "Wir arbeiten am Anschlag! Vielen Anfragen können wir schon gar nicht mehr nachkommen", klagt Eduard Wagner, Einsatzkoordinator bei der Nachbarschaftshilfe "Nachbarn in Moosach". Es gibt derzeit schlicht zu wenig Helferinnen und Helfer. Fast 60 Freiwillige waren es einmal – jetzt sind es nur noch 30.

Einkaufen gehen, Senioren zum Arzt begleiten, Rasen mähen, mal eine Glühbirne wechseln oder einfach nur zum Ratschen vorbeikommen: Die Tätigkeiten, die die Nachbarschaftshilfe übernimmt, klingen einfach, sind aber unerlässlich. Zu den Klienten zählen vor allem Senioren, die in ihrer Mobilität eingeschränkt sind. "Diese Leute brauchen Struktur", erklärt Wagner. Viele sind einsam, weil die Kinder nicht mehr in der Nähe wohnen. "Manche kommen gar nicht mehr aus der Wohnung raus", meint Wagner. "Es hilft schon, die Leute mal in den Rollstuhl zu setzen und eine Runde ums Haus zu schieben."

In den meisten Fällen melden sich die Hilfsbedürftigen nicht selbst bei Eduard Wagner und seinem Kollegen Gerhard Schubert, die in ihrem Büro bei der Diakonie Moosach (Hugo-Troendle-Straße 51) die Einsätze koordinieren. Vielmehr sind es Angehörige oder Bekannte, die um Hilfe bitten. Wagner frägt dann bei seinen Helfern nach, wer übernehmen möchte. Ist ein Helfer gefunden, besuchen der Einsatzkoordinator und der Neuling den Klienten, um sich vorzustellen. "Die Chemie muss passen", erklärt Wagner. Da gerade Senioren immer wieder auf Trickbetrüger hereinfallen, weisen sich die Helfer als Mitarbeiter der Diakonie aus.

Bei Absagen "blutet das Herz"

Das System der Nachbarschaftshilfe, die sich 2010 gründete und sechs Jahre später ein Teil der Diakonie wurde, hat sich auch in schwierigen Pandemiezeiten bewährt, doch es gibt einen Haken: Die Anfragen werden mehr, die Ehrenamtlichen aber immer weniger. 2019 seien es noch fast 60 Helfer gewesen, erzählt Wagner.

Auf der Freiwilligenmesse im Gasteig hatte die Nachbarschaftshilfe Moosach damals vermehrt jüngere Mitarbeiter rekrutiert. Doch viele davon haben ein Studium oder eine Ausbildung begonnen und sind aus Moosach weggezogen. Im März 2020 kam Corona, was dazu führte, dass auch zahlreiche ältere Helfer ihr Engagement beendeten. So hat sich die Zahl der Freiwilligen in den vergangenen drei Jahren quasi halbiert – was Wagner in die missliche Lage bringt, dass er nicht mehr allen Hilfsbedürftigen einen Helfer vorbeischicken kann: "Mein Herz blutet, wenn ich den Leuten absage." Zwar gibt es eine Warteliste, doch meistens ist ja schnelle Hilfe nötig.

Die verbliebenen rund 30 Helferinnen und Helfer sind im Schnitt 68 Jahre alt, an Nachwuchs fehlt es aber nicht. "Im Moment haben wir zwei 15-jährige Schülerinnen", berichtet Wagner stolz. Alle helfen unentgeltlich, wobei die Fahrtkosten erstattet werden. Von den Klienten bekommen die Besucher "auch mal einen Kaffee oder einen Geldschein", sagt Eduard Wagner. Um sich untereinander auszutauschen, nehmen die Helfer an regelmäßigen Treffen teil. Dazu bietet die Nachbarschaftshilfe Fortbildungen an, bei denen es vor allem um psychologische Aspekte geht, etwa, wie man mit einem Messie umgeht. Demenzkranke werden als Klienten übrigens nicht angenommen – das überlassen die Ehrenamtlichen den Fachkräften.

Wer Nachbarschaftshelfer werden möchte, sollte zuverlässig und ehrlich sein, Freude am Ehrenamt haben und natürlich etwas Zeit mitbringen, wobei schon zwei Stunden in der Woche ausreichen würden, erklärt Wagner: "Man bekommt viel von den Leuten zurück, und wenn es nur ein Lächeln ist". Er kann aus eigener Erfahrung berichten, war schließlich selbst zehn Jahre "an der Front", wie er sagt. "Ich habe damals vor allem ältere Damen besucht. Einige haben sich in mich verliebt", lacht Wagner.

Von Handwerk bis Fahrdienst

Interessenten dürfen sich selbst aussuchen, welche Tätigkeiten sie übernehmen möchten. Die Freiwilligen sind zu nichts verpflichtet, können Einsätze auch ablehnen. Immer gut nachgefragt sind kleinere handwerkliche Arbeiten. Größere Reparaturen oder Putzen gehören nicht zu den Aufgaben der Nachbarschaftshilfe. Dringend Verstärkung braucht der Fahrdienst, den es seit 2018 gibt. Dabei fahren die Helfer mit ihrem eigenem Auto, um die Senioren zum Arzt, zum Frisör, zum Alten- und Service-Zentrum oder zu Veranstaltungen zu bringen – in einem Umkreis von fünf bis sechs Kilometern. Pro angefangene Stunde erhalten die Helfer 5 Euro Aufwandsentschädigung, die Fahrzeuge sind rundum versichert. Doch auch hier gilt: Nachfragen gibt es zahlreiche, Fahrer aber deutlich zu wenige. "Corona hat uns zurückgeworfen", meint Wagner.

Wer Nachbarschaftshelfer/in werden möchte, meldet sich unter Tel. 230695744 oder per Mail an nachbarschaftshilfe@diakonie-moosach.de Die Bürozeiten sind montags und mittwochs von 9 bis 12 Uhr. Benjamin Schuldt

Artikel vom 29.06.2022
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