Betten in der Turnhalle

Moosacher Berufsschulen sind Anlaufstelle für Geflüchtete

Reges Treiben am Eingang zur Berufsschule: Hier bekommen die Geflüchteten aus der Ukraine Auskünfte oder eine warme Decke. Es sind größtenteils Frauen und Kinder. Foto: bs

Reges Treiben am Eingang zur Berufsschule: Hier bekommen die Geflüchteten aus der Ukraine Auskünfte oder eine warme Decke. Es sind größtenteils Frauen und Kinder. Foto: bs

Moosach/Olympiapark · Der Krieg in der Ukraine sorgt nicht nur vor Ort für Schrecken und unermessliches Leid, sondern wirkt sich auch auf Moosach aus. So sind die Berufsschulen in der Riesstraße vor zwei Wochen über Nacht zur Auffangstation für Geflüchtete umfunktioniert worden. Während hunderte Menschen in der Turnhalle übernachten und in der Kantine eine warme Mahlzeit bekommen, läuft der Schulbetrieb fast unbeeinträchtigt weiter.

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Die Schüler sitzen wie immer in ihren Klassenzimmern und lernen, doch in einem der Häuser auf dem Schulcampus herrscht im Eingangsbereich ein reger Betrieb wie am Bahnhof oder auf dem Basar. Kleidung, Decken, Spielsachen liegen auf den Tischen, auf den Treppen dahinter stapeln sich unzählige Kartons mit Sachspenden. An den Säulen dazwischen hängen Zettel mit kyrillischer Schrift, manche weisen auf die Maskenpflicht hin. Dies ist die erste Anlaufstelle für die Geflüchteten, die hier Auskünfte, eine warme Decke oder ein Kuscheltier für ihre Kinder bekommen.

95 Prozent sind Frauen und Kinder

In der Dreifach-Turnhalle gegenüber stehen insgesamt rund 500 Feldbetten. Hier nutzen die Menschen aus der Ukraine auch die Waschräume und Duschen. An den Türen findet man ebenfalls Hinweise auf Ukrainisch, dort stehen zum Beispiel die Essenszeiten. Frauen wickeln auf den Feldbetten ihre Babys, größere Kinder laufen umher, einige fahren im Schulhof auf Fahrrädern und Bobbycars. Die Geflüchteten sind zu 95 Prozent Frauen und Kinder. Die meisten Männer blieben in der Heimat zurück - sie müssen ihr Leben im Kampf gegen die russischen Invasoren riskieren. Insgesamt macht trotz vieler Menschen auf einem Haufen alles einen friedlichen, geordneten Eindruck.

Bis tief in die Nacht waren die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer des Roten Kreuzes und der Freiwilligen Feuerwehr am Mittwoch vor zwei Wochen im Einsatz, um im Auftrag des städtischen Sozialreferats in der Riesstraße eine Notunterkunft für Geflüchtete aus der Ukraine einzurichten. Sie stellten die Feldbetten auf, bauten Ausgabestationen für Lebensmittel und Zelte für Covid-Testungen auf, schufen auch die Möglichkeit zur Vorregistrierung per E-Mail. "Die Menschen, die hier ankommen, sind müde und erschöpft. Sie mussten ihr altes Leben innerhalb kürzester Zeit zurücklassen", erläutert Jürgen Terstappen, Einsatzleiter beim BRK-Kreisverband München. "Als Hilfsorganisationen wollen wir den ukrainischen Geflüchteten beistehen, wie hier in den Notunterkünften, wo sie ein erstes Mal zur Ruhe kommen können."

Die Berufsschulen in der Riesstraße dienen als sogenannte Akutbetreuungsstelle, schon immer war der Campus von der Stadt München für ein solches Szenario vorgesehen. Die Geflüchteten werden direkt vom Hauptbahnhof in Kleinbussen hierher gebracht. In der Riesstraße bleiben sie nicht länger als 24 Stunden, bevor sie anderswo untergebracht werden. Wer positiv auf Corona getestet wird, muss jedoch in der großen Aula von den Nicht-Infizierten isoliert werden. Zeitweise waren dort 40 Menschen auf einmal, am vergangenen Freitag dann keiner mehr. Dennoch bringt die Pandemie zusätzliche Schwierigkeiten mit sich: Die Impfquote ist in der Ukraine mit nur rund 35 Prozent deutlich niedriger als in Deutschland. Wer geimpft ist, hat oft hierzulande nicht zugelassene Impfstoffe aus Russland oder China erhalten.

Große Hilfsbereitschaft von Schülern und Lehrern

Der Unterricht an den Schulen läuft derweil in vollem Umfang weiter, wie Bernd Reiber, Schulleiter der Städtischen Berufsschule für Informationstechnik, betont. Insgesamt sind für die Schüler nur leichte Einschränkungen spürbar. Sportunterricht in der Turnhalle ist nicht möglich, die Klassen gehen dafür ins Freie, in den nahe gelegenen Olympiapark. Zudem hat die Kantine komplett auf Verpflegung der Geflüchteten umgestellt, die Schüler müssen sich anderweitig versorgen.

Seit die ersten Geflüchteten in Moosach angekommen sind, herrsche eine große Hilfsbereitschaft an den sechs Berufsschulen, berichtet Reiber: "Ein Schüler hat vier Flüchtlinge mit nach Rosenheim genommen, wo seine Eltern eine leerstehende Wohnung besitzen." Eine Klasse organisierte eine Spendenaktion, bei der manche Schüler 100 Euro gaben. Dazu unterstützte die Schulfamilie die ehrenamtlichen Helfer mit zahlreichen Sachspenden - es waren fast schon zu viele.

Die Zusammenarbeit mit der Stadt und den Hilfsorganisationen sei sehr gut, lobt Reiber, der das Engagement der Lehrerschaft positiv hervorhebt. Einige Lehrkräfte versuchen mit Spielangeboten die vielen Kinder auf dem Gelände etwas abzulenken, auch am Wochenende, also in ihrer Freizeit. Die Hausmeister sind praktisch rund um die Uhr in Einsatzbereitschaft, helfen etwa bei technischen Fragen zu den Räumlichkeiten. So tragen Moosacher Schulen ihren kleinen Teil dazu bei, das Leid der Menschen aus der Ukraine zu lindern. Benjamin Schuldt

Artikel vom 23.03.2022
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