Nicht auf großem Fuß

Schliersee · Wasmeiers Freilichtmuseum: Der Schuster besaß nur das Nötigste

Verschiedene Leisten im Regal.	 Foto: Markus Wasmeier

Verschiedene Leisten im Regal. Foto: Markus Wasmeier

München-Schliersee · Letzte Woche habe ich Ihnen allgemein über das Handwerk und seine Entwicklung berichtet, heute will ich etwas spezieller werden. Und wie wir schon letzte Woche gesehen haben, nicht alle Handwerker verdienten sich eine goldene Nase. Zu den ärmsten Handwerkern gehörte zweifelsfrei der Schuster.

Altbayerisches Dorf: Markus Wasmeiers Freilichtmuseum
Das Leben am Schliersee von anno dazumal kennenlernen

Gerade auf dem Land ging man viel barfuß, schon allein aus Kostengründen, man hatte eventuell Lederstiefel für die Waldarbeit, selbst angefertigte Holzschuhe und normal noch ein Paar Schuhe für den Kirchgang. Die wurden so gut es ging geschont und gepflegt, denn sie sollten möglichst lange halten. Waren sie abgelaufen, ließ man sie reparieren. Daher kommt auch der Begriff Flickschuster, denn die überwiegende Arbeit des Schusters waren Ausbesserungsarbeiten.

Es gab so wenig Arbeit, dass nur in manchen Dörfern eine Schusterwerkstatt ansässig war und der Schuster als Störhandwerker übers Land zog. Bei uns im Freilichtmuseum bekommen Sie in der Schusterwerkstatt einen Einblick in die Arbeit des heute so geschätzten Handwerkers. Zum Beispiel sehen sie die verschiedenen Leisten, die sie auch aus dem berühmten Sprichwort kennen.

Schuster, bleib bei Deinen Leisten!

Der Leisten ist die Form, über die der Schuster das Leder zieht und zum Schuh formt. Somit braucht er für jede Schuhgröße einen eigenen Leisten, das heißt natürlich zwei, einen für links und ­einen für rechts. Neben den Schuhen kümmerte sich der Schuster auch um andere Lederprodukte, wie etwa Sättel oder Zaumzeug, welche jedoch noch seltener in Auftrag gegeben wurde.

Wenn Sie sich in der Schusterwerkstatt im altbayerischen Dorf umsehen, werden Sie kaum den Drang verspüren, dort zu übernachten. Weiter hinten im Raum sehen Sie allerdings eine einfache Schlafstatt, denn die meisten Schuster haben in ihrer Werkstatt nicht nur gearbeitet, sondern auch gelebt. Der Raum musste sogar als Toilette herhalten. Habe ich Ihnen letzte Woche noch von den Zünften erzählt, die auch eine Art Sozialversicherung darstellten, kamen Schuster nicht in diesen Genuss. Sie waren zunftfrei und arm und gehörten dadurch zur untersten Schicht der Gesellschaft.

Der schlechte Ruf des Schusters findet sich heute noch in Begriffen wie »zusammenschustern« im Sinne von Pfuschen oder dem verbotenen »zuschustern«. Man tat dem Schuster in einer Form damit Unrecht, finde ich. Denn handwerklich war seine Leistung nicht niedriger zu bewerten als bei anderen Berufen. Machen Sie sich doch selbst ein Bild vom Handwerk des Schusters und nebenbei noch zahlreichen anderen Gewerken bei einem Besuch in unserem lebendigen Museumsdorf.

Während der Ferien spielt am Sonntag auch immer Kasperls Spuikastl für die kleinen Gäste und auch unsere Vierbeiner sind für die Kinder stets eine besondere Attraktion.

Im Wirtshaus »Zum Wofen« werden Sie mit der gesamten Familie bestens mit Speis und Trank versorgt. Übrigens auch das Handwerk des Bierbrauers findet sich im Freilichtmuseum wieder. Probieren Sie selbst! Tauchen Sie ein in eine längst vergangene Zeit, mit ihrem Alltag, Bräuchen und Handwerk.

Ich freue mich auf Ihren Besuch!
Markus Wasmeier

Artikel vom 29.08.2021
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