Bundeskartellamt kritisiert Ausnahmen für Konzernklubs

50+1-Regelung mit geltendem Recht vereinbar

Klare Haltung: Stimme der Kurve. Foto: Anne Wild

Klare Haltung: Stimme der Kurve. Foto: Anne Wild

München/Giesing · In einer vorläufigen Bewertung der im deutschen Profifußball verankerten »50+1-Regel« kommt das Bundeskartellamt zur Ansicht, diese sei grundsätzlich mit dem geltenden Recht vereinbar. Zwar stelle die Vorschrift, nach der es Investoren nicht möglich ist, die Stimmenmehrheit bei Kapitalgesellschaften zu übernehmen, in die Fußballvereine ihre Profimannschaften ausgegliedert haben, »unzweifelhaft eine Wettbewerbsbeschränkung« dar, heißt es in einer Mitteilung. Doch wolle die DFL Deutsche Fußball Liga »für eine Vereinsprägung und eine gewisse Ausgeglichenheit des sportlichen Wettbewerbs sorgen. Diese sportpolitischen Ziele können auch im Rahmen des Kartellrechts anerkannt werden«.

Die Bundesoberbehörde überwacht und vollzieht das deutsche und europäische Wettbewerbsrecht. Im Sommer 2017 hatte der Kapitalgeber des TSV 1860 München, Hasan Ismaik, eine folgenlose Beschwerde gegen »50+1« beim Bundeskartellamt angestrengt – der Jordanier will seit langem den Klub gegen Widerstände aus dem Verein ganz übernehmen. Nach der immer lauter werdenden öffentlichen Diskussion bat die Dachorganisation der 36 Erst- und Zweitligisten, DFL, im Jahr 2018 selbst das Bundeskartellamt um eine rechtliche Einschätzung der Lizenzierungsregel, die sicher stellt, dass Vereine auch dann die Entscheidungsgewalt über ihre Profiabteilungen behalten, wenn sie diese in eine Kapitalgesellschaft ausgegliedert haben. Das Konstrukt schufen Deutscher Fußball-Bund (DFB) und DFL Deutsche Fußball Liga im Jahr 1999, um den Einfluss von Investoren zu begrenzen, nachdem Vereinen die Umwandlung ihres lizenzierten Spielbetriebs in eine Kapitalgesellschaft ermöglicht worden war.

In seiner Stellungnahme bemängelt das Bundeskartellamt nun die derzeit gültigen Ausnahmeregelungen für die konzern- oder investorengeführten Klubs Bayer Leverkusen, VfL Wolfsburg und TSG 1899 Hoffenheim. Diese befinden sich jeweils mehrheitlich in der Hand des Bayer-Konzerns, des Volkswagen-Konzerns und des Unternehmers Dietmar Hopp. »Wenn einigen Klubs größere Möglichkeiten zur Einwerbung von Eigenkapital zur Verfügung stehen als anderen, dürfte dies nicht zur Ausgeglichenheit des sportlichen Wettbewerbs beitragen, sondern ihn eher verzerren«, heißt es wörtlich. Die DFL, die betroffenen Klubs und ihre Investoren sollen sich nun zur Einschätzung des Kartellamts erklären.

Was die Bewertung des Bundeskartellamts und die Rüge an den Ausnahmen für die Zukunft der »50+1-Regel« bedeutet, ist unklar. Die Kritik an der Beschränkung im deutschen Fußball kommt immer wieder durch mächtige Lobbyisten und erfuhr durch die vorerst gescheiterten Pläne zur Gründung von »The Super League« durch englische, italienische und spanische Klubs neuen Schwung. Hierzulande wollen die meisten Vereine aus dem Profilager an »50+1« festhalten. Mittlerweile gibt es selbst in England zunehmend Forderungen, sich an der deutschen Praxis ein Beispiel zu nehmen. Befürworter einer Abschaffung argumentieren dagegen, man müsse sich auch in Deutschland vollumfänglich für Investmentgesellschaften öffnen, um im internationalen Vergleich nicht den finanziellen Anschluss zu verlieren.

(as)

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Artikel vom 02.06.2021
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