Kein sportliches Ende

Amateurfußball-Saison in Bayern wird abgebrochen

Fußball im Ruhezustand: Nach monatelanger Corona-Zwangspause ist klar, dass die Saison in Bayern nicht bis zum Frühsommer regulär beendet werden kann. Symbolbild: CCO

Fußball im Ruhezustand: Nach monatelanger Corona-Zwangspause ist klar, dass die Saison in Bayern nicht bis zum Frühsommer regulär beendet werden kann. Symbolbild: CCO

Bayern/München · Erinnern Sie sich noch an den 11. Juli 2019? In einer Zeit, die weit weg erscheint, startete die Fußball-Regionalliga Bayern mit der Partie FV Illertissen gegen FC Memmingen (2:0) in die Saison 2019/20. Fast zwei Jahre später ist diese denkwürdige Saison immer noch nicht zu Ende - und wird es auf dem grünen Rasen auch nie sein.

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Bis zur Winterpause Ende November 2019 konnten in Bayerns höchster Amateurfußballklasse 22 von 34 geplanten Spieltagen regulär absolviert werden. Dann folgte eine lange Winterpause bis Anfang März 2020 - und als alle Vereine wieder in den Spielbetrieb gestartet waren, brach die Corona-Pandemie aus, die natürlich nicht nur, aber gerade auch im Amateur- und Breitensport zu nie gekannten Einschränkungen führte.

Monatelang zum Einzeltraining verdammt

Monatelang waren Bayerns Freizeitkicker/innen, von der Regionalliga bis zur C-Klasse, von der Frauen-Bayernliga bis zu den Bambinis, zum Einzeltraining verdammt. An Übungseinheiten in Gruppen oder gar Spiele gegen andere Mannschaften war lange nicht zu denken. Als absehbar war, dass das Verbot für Mannschaftssport bis weit in den Sommer hinein bestehen würde, reagierte der Bayerische Fußball-Verband (BFV) kreativ. Aus der gewöhnlich spätestens im Juni abgeschlossenen Saison 2019/20 wurde so die Saison 2019/21.

Eine Fußballsaison über drei Kalenderjahre hinweg - einmalig in der Geschichte des BFV und einzigartig in Deutschland, wo alle weiteren Landesverbände einen anderen Weg gingen, ihre Ligen abbrachen oder annullierten und nach der Sommerpause neu starteten. Auf- und Absteiger wurden so nicht auf dem Sportplatz, sondern per Punktequotient ermittelt, auch an der Schnittstelle zum Profifußball. In Bayern meldete der Verband Türkgücü München, das beim Ausbruch der Pandemie Tabellenführer der Regionalliga Bayern war, als Aufsteiger in die 3. Liga.

Ab Anfang Oktober - also nach fast sieben Monaten Pause - spielten die bayerischen Amateurligen nach erfolgten Corona-Lockerungen weiter, mit speziellem Hygienekonzept und vor einer kleinen erlaubten Zahl an Zuschauern. Einen Monat war dieser "Amateurfußball in Corona-Zeiten" möglich. Dann stiegen die Infektionszahlen wieder deutlich an und der BFV beschloss Anfang November den vorzeitigen Gang in die Winterpause. Die Hoffnung war da, in den Monaten März bis Juni 2021 die restlichen Partien auszutragen und so die überlange Saison geregelt beenden zu können.

Doch die zweite und vor allem die dritte Welle der Pandemie machten den Amateurfußballern einen Strich durch die Rechnung: Die "Winterpause" hält weiter an. Jetzt ist Anfang Mai und die 7-Tage-Inzidenzen sind in Bayern immer noch praktisch überall so hoch, dass Mannschaftssport untersagt ist. Zwar sollen in Städten und Gemeinden mit stabilen Inzidenzen unter 100 demnächst Lockerungen in Kraft treten, doch an einen regulären Ligabetrieb, in den ja meist Vereine aus verschiedenen Regionen, Städten und Landkreisen involviert sind, ist weiter nicht zu denken.

Ein Saisonabbruch sei unvermeidlich, ließ der BFV schon Mitte April verlauten. Die denkwürdige Doppel-Saison 2019/21 kann nicht auf dem Fußballplatz zu Ende gespielt werden, weder in der Regionalliga Bayern, wo immerhin einige Teams unter Profibedingungen arbeiten, noch in den unteren Ligen der Männer und Frauen, auch nicht im Jugendfußball, wo der BFV einzelne Spielklassen im Sommer 2020 abgebrochen hatte.

"Kein erhöhtes Infektionsrisiko"

Dabei ist es nicht so, dass die Verantwortlichen im Fußballverband immer mit den Beschlüssen der bayerischen Staatsregierung konform gehen. „Wenn eines in den vergangenen Wochen deutlich geworden ist, dann die Tatsache, dass Sport unter freiem Himmel kein erhöhtes Infektionsrisiko darstellt", betonte etwa BFV-Schatzmeister Jürgen Faltenbacher. "Viel gefährlicher sind der nachhaltige Bewegungsmangel und die soziale Verarmung, wenn gemeinsames Sporttreiben in unseren Vereinen weiterhin so stark reglementiert bleibt – gerade und vor allem bei unseren Kindern."

Doch wenn die Vorgaben aus München kommen, bleibt nichts anderes übrig, als diese zu akzeptieren. Gastronomen, Hoteliers, Einzelhändler oder Kulturschaffende kämpfen nach monatelangen Schließungen um die blanke Existenz. Beim BFV und anderen Breitensportverbänden geht es nicht ums Geld, sondern "nur" um Freizeitvergnügen und Geselligkeit, wenngleich man den gesundheitlichen Aspekt nicht vernachlässigen darf.

Wie die Saison 2019/21 bei einem Abbruch gewertet wird, dürfte den BFV in den kommenden Wochen intensiv beschäftigen. Wie viele Mannschaften steigen aus einer Liga in die höhere Spielklasse auf? Nur der Meister oder auch der Zweite, der in normalen Zeiten Relegationsspiele austrägt? Gibt es überhaupt Absteiger und wenn ja, wie viele? Vereine, die den Abstieg am sprichtwörtlichen "Grünen Tisch" hinnehmen müssen, könnten dagegen klagen.

Wird der Abstieg per "Lex Corona" für alle ausgesetzt, drohen viel zu große Ligen in der Saison 2021/22, die alles andere als gewiss ist. Schließlich weiß niemand, ob zum geplanten Start im Juli/August wirklich ein Großteil der Bürger geimpft ist, ob nicht Corona-Mutanten oder andere Unwägbarkeiten regelmäßigen Wettkampfsport weiterhin ausschließen.

Aufstiegsrunde in der Regionalliga

Für die Schnittstelle zum Profibereich hat sich der BFV indes abermals einfallsreich gezeigt. Im Gegensatz zu anderen Verbänden, die sich erneut für einen kompletten Abbruch unter Anwendung der Quotientenregel entschieden haben - so darf der Tabellenführer der Regionalliga Nordost, Viktoria Berlin, nach nur elf (!) ausgetragenen Saisonspielen direkt in die 3. Liga aufsteigen - setzt man in Bayern auf eine Aufstiegsrunde. Vom 18. Mai bis 5. Juni sollen die drei Aufstiegskandidaten aus der Regionalliga Bayern (Viktoria Aschaffenburg, 1. FC Schweinfurt 05, SpVgg Bayreuth) im Modus "Jeder gegen Jeden" einen Sieger ausspielen. Dieser sichert sich die Teilnahme an den Aufstiegsspielen zur 3. Liga gegen den Vertreter der Regionalliga Nord (TSV Havelse), die am 12. und 19. Juni ausgetragen werden sollen.

Für diese Partien haben die Vereine eine Sondergenehmigung erhalten, Zuschauer im Stadion sind nicht zugelassen. Aber immerhin wird im bayerischen Amateurfußball endlich wieder auf dem Platz über den Aufstieg entschieden. Benjamin Schuldt

Artikel vom 07.05.2021
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