Bessere Kinderbetreuung

Münchner SPD und Bayern-CSU gehen in die Offensive

Für die SPD-Fraktion im Münchner Stadtrat brachtne Verena Dietl (li.) und Julia Schönfeld-Knor die Forderungen an die Staatsregierung vor. Fotos: SPD München

Für die SPD-Fraktion im Münchner Stadtrat brachtne Verena Dietl (li.) und Julia Schönfeld-Knor die Forderungen an die Staatsregierung vor. Fotos: SPD München

München · "Wer hat's erfunden?" In der Politik ist das keine unwichtige Frage, schließlich geht es darum, die Wähler mit guten politischen Initiativen zu überzeugen. Münchner Eltern dürfte es aber erstmal egal sein, wer die seit vielen Jahren bestehenden Alltagsprobleme mit der Kinderbetreuung in den Griff bekommt.

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Die gerade neu zusammengestellte Staatsregierung unter Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat im Koalitionsvertrag damit begonnen, ihr Profil in dieser Frage zu schärfen. Nicht ganz von selbst. Die Koalitionspartner von den Freien Wählern glänzen hier schon seit längerer Zeit mit plakativen Forderungen wie der gebührenfreien Kinderbetreuung. Nicht zuletzt erkennt die Münchner SPD im Koalitionsvertrag der Staatsregierung Elemente wieder, die sie selbst in der Stadt schon umsetzt. Also: "Wer hat's erfunden?"

Die SPD im Münchner Stadtrat hat sich die politische Agenda von CSU und Freien Wählern genauer angeschaut. "Menschliches Bayern" ist der Bereich der Familienpolitik überschrieben. Hier warten Münchner Eltern auf den Ausbau der Kinderbetreuung, besonders in den Punkten Gebührenfreiheit, Betreuungsplätze und Qualität der Betreuung.

Im Koalitionsvertrag heißt es: "Wir schaffen 42.000 neue Betreuungsplätze bis 2023 für Kinder von null bis sechs Jahren. (…) Um den frühkindlichen Bereich zu entlasten, wollen wir flexible Modelle, insbesondere die Kindertagespflege, stärken. Wir finanzieren in den nächsten fünf Jahren 2.000 zusätzliche Tagespflegepersonen, auch um eine bessere Abdeckung von Tagesrandzeiten und in den Ferien noch bessere Betreuung zu ermöglichen.(…) Wir verbessern die Qualität der Kinderbetreuung weiter."

Nachfolgende Sätze beginnen mit "Wir brauchen…", "Wir prüfen…", "Wir streben an…" - viel zu vage, wie Verena Dietl und Julia Schönfeld-Knor kritisieren. Die beiden Münchner SPD-Stadträtinnen fordern mit Rückendeckung ihrer Fraktion konkrete Aussagen seitens der Staatsregierung ein. "Wie viele Betreuungsplätze sollen in München entstehen? Wie viele der 2.000 Tagespflegepersonen sollen in München finanziert werden? Diese Fragen müssen so schnell wie möglich beantwortet sein", fordert Dietl, stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion im Stadtrat. "Die Staatsregierung muss ihren Versprechen konkretes Handeln folgen lassen", erklärt sie und nimmt gleichzeitig die SPD-geführte Münchner Stadtspitze in die Pflicht: "Bei der Unterstützung Alleinerziehender kann die Stadt auch noch mehr tun."

Eltern im Allgemeinen und Alleinerziehende im Besonderen wissen: Geld ist ein Faktor, aber nicht immer das Problem. Wenn Kinderbetreuung in Einzelfällen oder dauerhaft vor 7 Uhr benötigt wird oder man sein Kind nicht bis zur Schließzeit der Betreuungseinrichtung abholen kann, braucht man eine Vertrauensperson, die diese Aufgabe übernehmen kann. Deswegen bittet die Rathaus-SPD die Stadtverwaltung, eine Art "Babysitter-Dienst"zu entwickeln. Eltern, die zum Beispiel im Schichtdienst arbeiten, könnten so entlastet werden.

Ein zentraler Punkt in der ganzen Debatte ist dann aber doch die Kostenfreiheit der Kinderbetreuung. Diese wird nach eigenen Angaben von der Staatsregierung "deutlich ausgeweitet". "Wir stellen künftig alle drei Kindergartenjahre beitragsfrei, indem wir in gleicher Weise auch für das erste und zweite Kindergartenjahr monatlich 100 Euro pro Kind gewähren", so die Formulierung im Koalitionsvertrag. Zunächst nur eine Willensbekundung, seit Montag, 3. Dezember, jedoch mehr. An diesem Tag hat das Kabinett den Beitragszuschuss für die gesamte Kindergartenzeit von 100 Euro pro Monat und Kind beschlossen. Der Zuschuss wird über die Kommunen an die Betreuungseinrichtungen ausbezahlt. "Bei den Eltern kommt dies über eine verpflichtende Beitragssenkung an", heißt es im Kabinettsbericht. Die Auszahlung des Beitragszuschusses soll am 1. April 2019 beginnen.

Ein erster Schritt, dem weitere folgen müssen. Eine spannende Frage ist zum Beispiel, welche Flächen des Freistaats im Münchner Stadtgebiet für die Schaffung neuer Betreuungsplätze eingesetzt werden. Denn Fläche, das ist in München bekanntermaßen schon wieder ein eigenes Problem. Die Antwort darauf wird wohl ebenso spannend sein.

"Alleinerziehend" taucht im Koalitionsvertrag zweimal auf

Hinsichtlich eines Leitungs- und Verwaltungsbonusses für Kita-Träger nimmt die Münchner SPD die Staatsregierung ebenfalls beim Wort. Hier fordern die Sozialdemokraten die schnellstmögliche Umsetzung bereits zum Kita-Jahr 2019/20.

Zum Hintergrund: Wenn eine Betreuungskraft in einer Einrichtung zeitweise ausfällt, zum Beispiel wegen Krankheit, springt in der Regel die Kita-Leitung ein - mit der Folge, dass administrative Aufgaben vorläufig unerledigt bleiben.

Über die "bestmögliche Unterstützung von Alleinerziehenden" lässt die Staatsregierung vieles im Dunkeln. Der Begriff "alleinerziehend" fällt im gesamten Koalitionsvertrag genau zweimal, beide Male im allgemeinen Kontext.

Aber vielleicht überrascht die Staatsregierung bald genauso wie am Montag mit einem Kabinettsbeschluss hierzu. Dann sieht sich die Münchner SPD einmal mehr bestätigt und der Wähler fragt ahnungslos: Wer hat's erfunden?
Von Carsten Clever-Rott

Artikel vom 07.12.2018
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