Wie barrierefrei ist Moosach?

Moosach · VdK-Rundgang begutachtet öffentlichen Raum

Eine Straße, zwei Gesichter: die Bunzlauer Straße am Moosacher Bahnhof. (Foto rechts oben) Bedienfelder müssen bei Automaten gut erreichbar sein.	Fotos: K. Brenner

Eine Straße, zwei Gesichter: die Bunzlauer Straße am Moosacher Bahnhof. (Foto rechts oben) Bedienfelder müssen bei Automaten gut erreichbar sein. Fotos: K. Brenner

Moosach · Moosach ist im Wandel. Wen es schon ein paar Jahre nicht mehr in die Gegend rund um den Bahnhof verschlagen hat, der wird das Quartier wohl kaum wiedererkennen.

Die einst für Rollstuhlfahrer unzugängliche S-Bahnstation kann inzwischen als gutes Beispiel eines barrierefreien Bahnhofs gelten, sämtliche Geschäfte an der Bahnhofsvorderseite sind barrierefrei. Begibt man sich jedoch auf die andere Straßenseite, sieht die Situation wieder ganz anders aus: Viele der Gebäude stammen aus den 1950er Jahren, die hohen Stufen im Eingangsbereich stellen gerade für körperlich eingeschränkte Personen ein fast unüberwindbares Hindernis dar.

Um sich ein Bild von der Barrierefreiheit Moosachs zu machen, lud der VdK-Ortsverband kürzlich Eberhard Grünzinger, der innerhalb des Sozialverbandes unter anderem für die Ausbildung der VdK-Berater für Barrierefreiheit zuständig ist, zu einem Rundgang durch die Bahnhofsgegend ein. Bei dem »Erst-Check« der VdK-Kampagne »Weg mit den Barrieren« ging es darum, sich einen Eindruck zu verschaffen, was hier schon erreicht wurde. Aber auch noch bestehende Behinderungen wurden aufgezeigt und für das Begehungsprotokoll dokumentiert.

Ziel des »Erst-Check« ist, Menschen mit unterschiedlichsten Einschränkungen die Teilhabe am gesellschaftlichen und öffentlichen Leben in vollem Umfang zu ermöglichen. Schließlich ist Barrierefreiheit ein Menschenrecht. Wann immer Menschen auf Hindernisse stoßen, bleibt ihnen die volle Teilhabe an der Gesellschaft verwehrt – und damit ein selbstbestimmtes Leben.

Die Begehung durch den VdK zur Förderung der Barrierefreiheit soll daher den Verantwortlichen in Städten und Gemeinden aufzeigen, wo noch Handlungsbedarf besteht. der VdK formuliert die Bedürfnisse der Betroffenen und reicht diese an die Stadt weiter. Auch Positivbeispiele sollen hierbei thematisiert werden.

Grundsätzlich ist jeder in der Lage, Barrieren als solche zu erkennen. Man muss nur den hierfür nötigen Blick schärfen.

Eberhard Grünzinger erklärte daher gleich zu Beginn des Rundgangs, dass »barrierefrei« nicht gleichzusetzen sei mit »ebenerdig«, denn es gibt auch Menschen mit Hör-, Seh- und geistigen Behinderungen. Deren Bedürfnissen muss der öffentliche Raum ebenso Rechnung tragen.

Daher wurde bei der Begehung besonders darauf geachtet, dass beispielsweise Türen eine Durchgangsbreite von mindesten 80 Zentimetern, besser jedoch 90 Zentimetern, aufwiesen, Automaten am Bahnhof ihr Bedienfeld in einer Höhe haben, die auch für Rollstuhlfahrer gut erreichbar ist und darauf, dass taktile und akustische Signale an Ampeln Blinden die selbstständige Straßenüberquerung ermöglichen.

Neben der Zugänglichkeit von Geschäften in unmittelbarer Stationsnähe wurde auch der Bahnhof selbst in Augenschein genommen. Lediglich eine bessere Beschilderung des barrierefreien Durchgangs zum Memminger Platz auf der Bahnhofsrückseite wurde als klares Manko ausgemacht.

In der Meile Moosach spielte die knapp 20-köpfige Gruppe dann eine Situation durch, die jeder kennt: Man muss auf die Toilette. Es galt herauszufinden, ob diese durch ausreichende Beschilderung gut zu finden ist und ob das WC den Bedürfnissen von Menschen mit Handicap Rechnung trägt.

Die Einkaufsmeile verfügt über zwei Toiletten, die von Rollstuhlfahrern genutzt werden können. »Die ist Spitze, das sehe ich auf einen Blick«, stellte Grünzinger gleich beim Betreten der Toilette fest. Bis auf deren mangelnde Ausschilderung gab es so gut wie nichts zu beanstanden.

Die kleine Tour rund um den Moosacher Bahnhof führte an deren Ende zum Alten Wirt. Auf dem Weg dorthin wurde die Grünphase der Fußgängerampel, die von der Großbeerenstraße in die Bauberger Straße führt, gemessen. Mit gerade mal acht Sekunden ist diese so kurz, dass auch Menschen ohne Bewegungseinschränkungen es kaum während einer Grünphase auf die gegenüberliegende Seite schaffen.

Im Alten Wirt wurde Bilanz gezogen: 60 Prozent der Moosacher VdK-Mitglieder sind über 60 Jahre alt und somit potenziell auf Barrierefreiheit angewiesen. Oft sind es nur Details, ein Schild oder eine farbige Schnur, die den Unterschied machen.

Mehr Achtsamkeit bei Geschäftsinhabern ist zudem gefordert: Eine Kehrmaschine neben einer Behindertentoilette macht diese für viele Rollstuhlfahrer unzugänglich. Insgesamt viel die Bilanz jedoch positiv aus: In Moosach wurde schon viel erreicht. Um zu einem Gesamtbild zu kommen, sind jedoch noch mehrere Begehungen nötig. kb

Artikel vom 05.07.2017
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